Sonntag, 1. April 2018

Nachlese zur Generalversammlung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft 2

https://egoistenblog.blogspot.ch/2018/03/mr-spock-und-andere-auerirdische-im.html?showComment=1522594502250#c85736339182235385

Ingrid H. Mittwoch, 28. März 2018 um 00:31:00 MESZ

Lieber Bernhard Albrecht,


auch von mir vielen Dank für Deine Schilderungen!



Soviel ich verstanden habe, ist einer der schwerwiegenden Gründe die „prekäre finanzielle Schlagseite“, zu deren Überwindung noch keine Strategie gefunden werden konnte. 
Waren dafür nicht die übrigen Vorstandsmitglieder genauso verantwortlich? Schatzmeister war doch Justus Wittich…


Und was mag es zu bedeuten haben, daß Frieder Sprich, der ja ein paar Tage vor der Generalversammlung im Nachrichtenblatt der IEA eindringlich vor einer Bestätigung Mackays und von Platos gewarnt hatte, nicht mehr (wie noch bis vor ganz kurzem) Assistent des Schatzmeisters ist? 
Bisher war Frieder Sprich Leiter der Finanzabteilung, jetzt scheint die Finanzabteilung keinen Leiter mehr zu haben...


Ich bin wirklich sehr gespannt, wie es weitergeht. 

Insbesondere, ob diese Nicht-Bestätigung, wie Du zu erwarten scheinst, einen „moderneren Stil“ für die Zukunft bedeutet, oder ob im Gegenteil (wie Ton und bobby ja schon angedeutet haben) die beiden Abgewählten der Mehrheit der Anwesenden eher zu „modern“ waren...

(Und: es würde mich sehr interessieren, warum Du nicht mit abgestimmt hast…)


Gute Nacht!
 Ingrid

@ Ingrid

Nicht abgestimmt habe ich, weil ich aus terminlichen Gründen erst in letzter Minute mich freischaufeln konnte wenigstens den Ausspracheteil der Generalversammlung zu besuchen. Mehr war nicht möglich. Mir hat die Möglichkeit hier ein wenig tiefer wahrnehmen zu können schon gereicht. Die ganze Angelegenheit ist nämlich, unabhängig von welcher Art der Abstimmung auch immer, sehr viel komplexer als es auf den ersten oder auch zweiten Blick hin erscheint. Da musst Du schon persönlich „langatmig dynamisch“ in einzelne gegenwärtig und früher sich bereits abzeichnende Bewegungsmuster bereit sein einzutauchen, um allmählich zu einem vielleicht tieferen Verständnis vorzudringen.
Was Frieder Sprich betrifft, so ist er altersgemäss in Rente gegangen und hat im Vorfeld seines Abgangs die Gelegenheit genutzt noch einmal seinem Herzen Luft zu verschaffen. Ich frage mich bei einem derartigen Vorgehen: Wie schwer muss ein Mensch vorausgehend von diversen internen Vorgängen betroffen worden sein, dass er sich seinen Abgang so beschwert. Verdankt wird ihm dies Tun wohl kaum. Die Würdigung einer gegenüber der offiziellen Sichtweise anders lautenden Auffassung zu internen Vorgängen im Goetheanum war jedenfalls aus meiner Erfahrung heraus in den letzten Jahrzehnten keine besonders gepflegte Eigenschaft der jeweils Verantwortlichen.
Nach aussen Tod schweigen und nach innen möglichst schnell wieder zur Tagesordnung übergehen. Den „Burghof kehren“ und weiter wie gehabt, das ist der Ausdruck einer tief sitzenden Angst angesichts der Aufgabe, um die es hier im Grund geht, für die es eigentlich mutig einzustehen gelte. Dass dem so ist, das ist nicht zu verurteilen, muss vielmehr bis in die eigene Seele hinein erst einmal „erlebend“ angeschaut und verstanden werden. Anders sind aus meiner Sicht heraus keine Lösungen zu finden. Denn: Die Zeiten dual Konflikte auszutragen sind vorbei, auch wenn das Verständnis dahin gehend über den Keimzustand hinaus noch nicht sehr weit vorgedrungen ist.
Schaue ich mir das an, was über die Generalversammlung in „Anthroposophie weltweit“ zu lesen ist, dann ist die Botschaft aus dem Mitgliederkreis dieser Generalversammlung „nicht“ angekommen, dass es dabei um eine sehr dringliche Anmahnung von mehr Transparenz ging. Die Goetheanum Leitung versteht immer noch nicht, dass der Mündigkeit-Zug der Mitglieder deutlich an Fahrt aufgenommen hat. Es wird formal berichtet, nicht qualitativ in die Tiefe gehend. Es wird nur das gesagt, was die Vereinssatzung zwingend vorschreibt, nicht aber das, wozu ein Freies Geistesleben einem ichhaft still und leise mutig aufruft.
So ist zu erwarten, dass das, was die Presse berichtet, dass bei dieser Generalversammlung die Hardliner unter den Anthroposophen die Gunst der Stunde zu einer „Art Putsch“ genutzt hätten dem verbleibenden Vorstand stillschweigend entgegen kommen wird. Dass dem nicht so war interessiert dabei wenig, entscheidend ist das Bild, dass dadurch in die Öffentlichkeit hinein als Wirklichkeit suggeriert wurde und mit dem sich verklausuliert weiter nach innen hin gut operieren lässt. Die Sachlage wird dahingehend verdreht werden, dass fürderhin alles getan werden müsse, dass der eigentliche Mitgliederwille nicht mehr so verkürzt werden könne.
Von daher würde es mich nicht wundern, wenn es im Herbst zu einer ausserordentlichen Generalversammlung käme, welche über die Mitwirkung aller Mitglieder, also auch derjenigen, die jeweils nicht zur Generalversammlung anreisen könnten eine entsprechende Satzungsänderung zur Abstimmung brächte. Nur erscheint es mir sehr naiv zu sein damit das Problem lösen zu wollen. Wir werden sehen.
Die bei dieser Generalversammlung deutlicher in den Vordergrund getretene Haltung bezüglich einer Transparenz auf Augenhöhe zwischen Vorstand und Mitgliedern wird damit nicht auszubremsen sein. Die Dampfventile einer Menschengruppierung können mit noch so vielen Reparatur Massnahmen nicht dauerhaft verschlossen werden. Ganz im Sinne von Stefan Birkholz (Montag, 19. März 2018 um 13:22:00 MEZ) kann ich meinerseits nur unterstreichen, weitere Instrumentalisierungen und Legendenbildungen werden einer spirituell aktiv gelebten Anthroposophie nur immer deutlicher zum Durchbruch verhelfen. Dazu ist keine wie auch immer geartete Revolution vonnöten. Zeitgerechte Evolution folgt ihren eigenen Gesetzen.

Bernhard Albrecht



Nachlese zur Generalversammlung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft 1

https://egoistenblog.blogspot.ch/2018/03/mr-spock-und-andere-auerirdische-im.html?showComment=1522594502250#c85736339182235385

Michael Eggert Dienstag, 27. März 2018 um 16:18:00 MESZ
Danke für dieses Stimmungsbild aus einer revolutionären GV. Dank auch für die komplexe Schilderung, die es verbietet, für das Geschehen zu einfache Ursachen anzunehmen. Es fällt wirklich viel zusammen, wobei letztlich fraglich erscheint, in ausgerechnet Mackay und von Plato für die Probleme wirklich verantwortlich zu machen sind. Aber nun ist es so geschehen, und es bleibt zu hoffen, dass im Folgenden tatsächlich eine Sanierung mit Augenmaß, Transparenz und Fingerspitzengefühl gelingt. Vermutlich ist die Botschaft angekommen.


@ Michel Eggert

Die Botschaft ist angekommen. Gleichzeitig aber auch ein grosses Erschrecken. Freiheit wird einem nicht geschenkt, sie hat ihren Preis. Sie will wertschätzend erarbeitet sein - gemeinsam von sich mit in die Verantwortung stellenden Mitgliedern ebenso, wie vom Vorstand, Hochschulkollegium und Generalsekretären.
Ob sich alle Mitglieder, die sich für die Abwahl entschieden haben ihrer damit verbundenen tiefer reichenden Verantwortung schon bewusst sind, das will ich dahingestellt sein lassen. Die kommenden Geschehnisse wird eine Bewusstheit in dieser Richtung allseitig aus meiner Sicht mehr und mehr einfordern, das ist zu erwarten. Du kannst nicht eine Zäsur einleiten und dich dann wieder zurücklehnen und „die da oben“ machen lassen und gegebenenfalls nur wieder Einspruch erheben. Das geht vor dem Bewusstsein der gegenwärtigen Zeit, dem tiefer reichenden Ernstnehmen dessen, was mit dieser Generalversammlung geschehen ist einfach nicht mehr. Schon allein deswegen, weil sie mit Ita Wegmann und Elisabeth Vreede verbunden war, was heisst, der Geist dieser beiden Frauen ist wieder zu beleben, wenn ihre Rehabilitierung nicht nur eine formale abstrakte Fingerübung gewesen sein soll.
Der neue Vorstand wird nicht umhinkommen sich diesbezüglich zu erklären. Inwiefern diese Dimension der Rehabilitation schon wirklich gesehen wurde, das wird sich dabei weisen. Jedenfalls wird sie nach und nach ins Auge gefasst werden müssen, wenn sie weiter geistgemäss voran gebracht, wenn dem gewachsenen Mitgliederbewusstsein Rechnung getragen werden will und die finanzielle Schieflage wieder ins Lot kommen soll. Gewiss kein leichtes Unternehmen.
Es erscheint mir zudem gegenüber Paul Mackay und Bodo von Plato ein sachlich unbedingt gebotener Ausdruck von Fairness zu sein, dass die beiden Männer im Zuge dieser Abstimmung nicht als Sündenböcke für die finanzielle Schieflage der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft in die Wüste geschickt werden. Eine Verantwortlichkeit haben sie, aber tiefer betrachtet nicht in dem Sinne, wie sie ihnen gegenwärtig zugesprochen wird.
Im Falle einer finanziellen Schieflage mit parallel laufender weitgehender Erschöpfung der Rücklagen eines Unternehmens muss, so Gesprächsanmerkungen in meinem Umkreis, über die notwendig gebotenen Finanztransaktionen hinaus die Frage nach der Fähigkeit zur Mehrwert Bildung dieser Gesellschaft gestellt werden. Haben die Mitglieder dieser Gesellschaft noch ein tiefer greifendes schöpferisches Potential, das Mehrwert bildend wirksam werden kann? Das ist die entscheidende Frage, denn „Geldflüsse“ sind an eine fortlaufende Mehrwert Bildung gebunden. Geld und Geist stehen in einem Wechselverhältnis zueinander.

Bernhard Albrecht