Dienstag, 19. Juli 2011

"sexy man"


Erstmals veröffentlicht als Kommentar in: http://natuerlich-man.blogspot.com/ 11.07.2011, siehe da selbst zum Thema auch, 4.2.2011

Das mit der Leere hatten wir ja schon einmal vor einiger Zeit!
Ich frage Dich heute: Wie kann ein Mann feststellen, dass er von nichts anderem als von Leere erfüllt ist, dass er die Leere selber ist? Kannst Du, Nick, Hand auf`s Herz, wirklich sagen, ohne ideell auf Metawellen fern der Wirklichkeit surfen zu gehen, Du habest Dich als Leere erfahren? Wie kann Leere sich selber als Leere erfahren? Das ist mehr als ein Paradoxon. Das scheint mir ein abstrakt intellektueller Kreiseltanz mit sehr wenig realem Bezug zur Wirklichkeit zu sein. Mit Tanzen in der Luft, fern einer genauen inneren Tatsachen Erkundung wirst du nicht zu einem sexy Mann, wie Du ihn Dir als ferne Zielerfüllung von heute her gesehen zu erträumen scheinst. 
Wenn Du einmal der Leere wenigstens peripher über die Aussenwelt begegnen willst, dann findest Du vielleicht in einer Psychiatrie eine Möglichkeit zu einem „Gespräch“ mit einem schwer depressiven Mann. Ich kann Dir vorweg schon sagen, in einem solchen Zustand „erlebt“ der Betreffende die Leere in einer Weise, dass alles Leben für ihn, ihm wie aus sich heraus gesaugt erscheint. Er torkelt buchstäblich durch ein Niemandland, aus dem ihn nichts als Leere anglotzt. Und so eine Erfahrung verleiht einem solchen Menschen alles andere als eine sexy Ausstrahlung. Er verliert in diesem Zustand alles, Zeit und Raumgefühl und im Extremfall verliert er sich selbst durch einen Selbstmord. 
Doch zurück zu meiner Frage: Wie kann Leere sich selber als Leere erfahren? Gibt es eine Möglichkeit jenseits eines pathologischen Krankheitszustandes zu einem Erfahren der Leere zu gelangen? Ich versuche eine Annäherung. Zunächst einmal: Um Leere zu erfahren muss da jemand sein der in die Leere hinein gehend diese dann erfährt. Wie aber kann einer, der von sich sagt selber die Leere zu sein die Leere erfahren. Leere ist Leere und wenn Leere Leere ist, dann ist da nichts mehr was Leere noch erfahren könnte. Leere als innere Erfahrung  ist Auflösung im Nichts.  
Spreche ich dennoch von der Möglichkeit eines Eingehen Könnens in die Leere, dann, schaue bitte genau in Dich hinein, dann träume ich, extrapoliere ich ein ideelles Gebilde, dem ich den Namen „Nichts“ oder „Leere“ gebe unkritisch, also ohne real beobachtbare, demnach erfahrbare innere Bezüge in eine abstrakte Wirklichkeit, mithin in eine Scheinwirklichkeit, weil dieser Art von Wirklichkeit, genauer betrachtet die innere Erfahrungsgrundlage fehlt.   
Im Umgang mit Abstraktionen, mögen sie auch noch so intellektuell geschliffen und scheinbar auch logisch plausibel daher kommen, habe ich noch keine Seinserfahrungen von dem worüber ich spreche, weil mir die real beobachtete Erfahrung dessen fehlt, was Denken seinem Wesen nach ist.  
Ich spreche ja denkend über die Leere. Wenn ich aber nicht weiss, was Denken als Seinserfahrung seinem Wesen nach ist, dann kann ich auch nicht wissen, was die Leere ist. Und noch tiefer gegriffen wenn ich im gärtnerisch beobachtenden Umgang mit dem Denken mir nicht eine Erfahrung vom inneren Proteus des Denkens zweifelsfrei überschaubar habe zugänglich machen können, dann, nichts für ungut ob meiner deutlichen Worte, dann bin ich möglicherweise einem pseudo-esoterischen Wunschdenken oder einem wie auch immer gearteten abstrakten Gedanken Konstrukt aufgesessen (zur hintergründigen Bedeutung der Abstraktion habe ich Dir ja schon in meinem ersten Kommentar an Dich einen ersten kleinen Hinweis gegeben). 
Ich weiss nicht, wo Du Dich im Internet, bei Facebook oder sonst wo, auf Deiner geistigen Suche sonst noch herum treibst, aber es gibt da einige Protagonisten, die das Mann Sein vor dem Hintergrund eigener so benannter Erleuchtung vertreten und missionarisch zu verbreiten als eine ihrer Aufgaben ansehen, ohne ihre eigenen Erfahrungsschritte auf diesem ihren Weg wirklich transparent machen zu können, vielleicht auch gar nicht wollen. Solche Menschen können einem faszinatorisch gleichsam ansaugen und an ihren eigenen Narzissmus binden, ohne dass du es sogleich bemerkst. Ich nenne das esotherische Manipulation und das ist kurz und knapp gesagt ein Missbrauch, mindestens aber ein unzulässiger Übergriff, weil damit unversehens die Freiheitsintegrität eines anderen Menschen verletzt wird. Selbst das beste an den Tag gelegte Wollen eines solchen Menschen rechtfertigt nicht einen derartigen Eingriff in die Freiheitssphäre. 
Wenn Du also ein „sexy man“ im tieferen Sinne des Wortes wirklich werden willst, dann schau gefälligst genau hin, in wie weit Du die Erfahrungsübersicht über Deine jeweiligen Schritte schon hast oder nur selbstvergessen träumend annimmst du habest diese Übersicht.  
Nun, dieser Kommentar ist mittlerweile schon recht lang geraten. Dennoch ist noch bei weitem nicht alles gesagt, was zu kommentieren wäre. Aber sei`s drum, wenn Du willst, mach Dich mit dem Gesagten weiter auf Deinen Weg und finde zu Erfahrungen, die Dir bis anhin noch gefehlt haben, in Freiheit und nicht ideell abgekupfert oder blind übernommen in Folge manipulativer Übergriffe. 
Solltest Du Dich mit dem Phänomen der Leere innerlich zu realen Erfahrungen vortasten wollen, dann ergibt sich daraus auch noch ein anderer Blick auf „die Frau“ von der Du gesprochen hast. Es ehrt Dich, dass Du die Frau nicht als ein Objekt betrachtest, das der Mann so nebenbei einmal aufreisst. Das tiefere Geheimnis, das die Frau für die Entwicklung des Mannes zum wirklich „sexy man,“ wie Du sagst, in sich trägt, ist damit noch nicht berührt.
Ich grüsse Dich,

Bernhard Albrecht


Dienstag, 12. Juli 2011

"Siehe, ich mache alles neu"


In voller Achtsamkeit im Augenblick stehen. Auf nichts anderes abheben, als das, was dieser Augenblick Dir eröffnet. Wenn dieses gelingt, dann erfährst Du, das sich ein Quell öffnet, der Dir schöpferisch ein Sagen ermöglicht, das im gleichen Atemzug auch eine Herausforderung für Dein eigenes Tun, Dein Umsetzen in weiteren Taten, ist.
Genauer besehen bist Du nur in solchen Augenblicken in einer Geistesgegenwart  und damit auf Augenhöhe mit dem anderen Menschen, mit dem Du gerade in Beziehung trittst.  Du bewegst dich in einer natürlichen Sphäre des Respekts, eben weil Du den anderen Menschen ganz aus diesem wachen  Erfassen im Augenblick begegnest, ohne abzuheben auf etwas, was er Dir vielleicht noch wenige Augenblicke zuvor von sich gezeigt hat. Du begegnest dem anderen Menschen als einem sich entwickelnden, zu innerer Freiheit strebenden Menschen und weil Du dies tust, erfährst Du deinerseits in genau diesem Augenblick etwas vom Atem einer Dich weitenden neuen inneren Freiheit. Durch diesen Deinen Aufmerksamkeitseinsatz lädst Du gleichsam die Freiheit als beflügelndes Wesen zum Gespräch mit ein.
Dies ist, sensibler betrachtet, das untergründig beflügelnde Geschehen von wirklicher Begegnung. Und der „grösste blinde Fleck“ in Dir ist der, Dich wider besseres Wissen immer wieder um diese Art von Aufmerksamkeit Gestalten herum zu drücken und lieber auf scheinbar bewährte Vorstellungen und Mutmassungen von und über den anderen Menschen oder diverse sogenannte allgemeinere Lebenserfahrungen oder Soll - Strategien abzuheben, mit der die Welt/Deine Welt sinnvoll in Ordnung zu halten sei/gehalten werden kann.
Die Sehnsucht nach einer höheren Welt als dem scheinbar grauen Alltag lebt heute in allen Menschen. Ebenso nimmt das Vermeinen um dieser höheren Welt willen sich  besonders innerlich abstrampeln zu müssen, in den Untergründen unserer Seelen immer wieder einen mehr oder weniger grossen Raum ein. Dass die Lösung vieler unterschiedlich und gleichwohl wieder ähnlicher Dilemmas auf diesem Weg nur einen Augenaufschlag von Dir, in Dir selber begründet liegt, das will Mensch so, wenn überhaupt, dann nur sehr widerwillig hinnehmen. Denn Blindheit für etwas derart Nahe Liegendes, dagegen laufen alle Helfer Affen des Ego Sturm.
Und dennoch die Ich - Tat belebt und weitet sich in ihren Möglichkeiten genau aus dieser Art von Bereitschaft ganz in den Augenblick zu gehen und das Wagnis einzugehen zu springen. Siehe, Ich mache alles neu.

Bernhard Albrecht

Montag, 11. Juli 2011

Ausnahmezustand


Was ist gemeint mit der Aussage Rudolf Steiners, dass eine gegenwärtige Beobachtung des Denkens nicht möglich sei (Philosophie der Freiheit, 3. Kapitel). Von welchem Denken schreibt da Rudolf Steiner. Es ist das Denken vor Erreichen des Ausnahmezustandes, das Denken in Vorstellungsbildern oder Abbildern des eigentlichen Denkens, das im Sinne von Platons Höhlengleichnis als eine Illusion von Denken durch die innere Umwendung und den nachfolgenden Sprung über das Feuer (alle Vorstellungen müssen innerlich verbrannt werden) vorgängig als dem eigentlichen Denken realitätsfern durchschaut werden muss. Erst im Durchgang gewissermassen durch die Desillusionierung in Bezug auf die so genannte Wirklichkeit des eigenen Denkens, kann eine allmähliche Annäherung an den so benannten „Ausnahmezustand“ erfolgen.
Dass dies nicht ganz einfach ist, das soll nicht bestritten werden, denn wer zieht sich schon ohne Absicherung durch einen Fallschirm selber den Boden unter den Füssen weg und lässt sich ins Bodenlose fallen. Wer löscht schon eigentätig von einer Leinwand alle Schriftzeichen und die damit verbundenen Vorstellungsbilder, kann sich ganz mit dem Weiss der  blossen Leinwand verbinden, ohne von Bewusstseinsturbulenzen aufgescheucht innerlich mit seiner anfangs instabilen Aufmerksamkeit weg zu dämmern oder sogar einzuschlafen.
An derartige Grenzerfahrungen eigener Bewusstseinstätigkeit im Umgang mit dem eigenen Denken auch nur peripher heran zu treten, ruft unterschwellig die denkbar heftigsten Abwehrreaktionen des Ego auf den Plan. Denn was im Bereich dieser Grenzerfahrungen geschieht, kommt bildhaft gesprochen einer Wildwasser Fahrt mit dem Kajak in schwierigen Gewässern gleich, bei der einem das Paddel bricht oder kenternd aus den Händen gerissen wird und bei der zu lernen ist einen hoch aktiven Ruhepunkt innerhalb extremer Bewegungen in sich zu finden. Gelingt dies, verzieht sich der Sturm, der einem bis an hin zwischen Scylla und Caryptis auf dem eigenen inneren Bewusstseinsfeld denkerlebend hin und her geworfen hat.
Dem Sturm folgt sodann die Herausforderung auf dem Feld innerer Beobachtung hoch aktiv ganz in diesem Ruhepunkt der Stille, dem Auge des Hurrikans, also ohne eine irgendwie geartete „duale“ Abstützung, allein im Bewegungsfeld dynamischen Denkerfahrens eine wenigstens vorübergehende Wachheit zu erlangen. Es beginnt das Krafttraining für den eigentlichen Ausnahmezustand des Denkens im Alltag.
Der Ausnahmezustand ist nämlich in einem durch verschiedene Stufungen hindurch entwickelten fortgeschritteneren Ereignen ganz und gar kein Zustand, der in der meditativen Zurückgezogenheit eines Arbeitszimmers  zu erlangen ist (Rudolf Steiner auf die Frage wie er zu seinen Fähigkeiten gelangt sei: „Ich habe mir mein ganzes Leben hindurch die Schuhe immer selber geputzt“).
Mit anderen Worten, erst wenn sich innerhalb der Lebenswelt des Alltags das Denken in einen Ausnahmezustand immer wieder und wieder umstülpen lässt, bekommt Geisteswissenschaft aus meiner Sicht eine Basis, auf der ein Forschen beginnen kann.
Das Reden von und über das reine Denken scheint mir in allzu vielen Fällen auf dem Hintergrund  nicht durchschauter Anhaftung an Abstraktionen geführt zu werden, welche von den Kreisel Bewegungen des Ego - Mahlstrom umnebelt wird. Wobei gegen die Abstraktion im Denken nichts zu sagen ist, wenn denn die in ihr äusserst fein verwobenen Vorstellungsbilder einer Auflösung zugeführt werden können. Die Abstraktion kann als janusköpfig beschrieben werden, mit zwei Toren: Einem das in die All - Leere führt und einem anderen, das den Wanderer im Erfahren des Ausnahmezustandes im Denken in die All - Fülle geleitet. Ego - Verhaftung oder Ich - Erkraften ist hier die Entscheidung!
Wenn Mieke Mosmuller eine ureigene Erfahrung des Ausnahmezustandes im eigenen Denken abgesprochen werden soll, dann wäre für diverse Opponenten vorweg zu klären inwieweit sie ihrerseits über eine Erfahrung des Ausnahmezustandes im Denken verfügen. Denn nur auf der Grundlage eigener Erfahrung dieses Zustandes kann die Erfahrung des Ausnahmezustandes eines anderen Menschen überhaupt ins Auge genommen werden. Eine Abstützung auf Aussagen Rudolf Steiners zu diesem Ausnahmezustand taugt  für die eigene Argumentation „wissenschaftlich“ in keiner Weise irgendetwas, solange nicht eigene Erfahrung hier ergänzend Klärung gebracht hat.
Und mit der eigenen Erfahrung im Hintergrund kann wechselseitig individuelle Erfahrung dieses Ausnahmezustandes nur zu einer Bereicherung im Forschen von verschiedenen Seiten her führen, zu Respekt vor dem Bemühen eines anderen Menschen auf einem Forschungsfeld, das erst ganz im Anfang seiner Erforschung steht.

Bernhard Albrecht