Sonntag, 7. Februar 2021

Aufrecht stehen ... im N ich ts Teil 1

Kann über das was das Nichts ist etwas ausgesagt werden? Wie das? Locker vom Hocker geantwortet ist das doch Blödsinn. Denn: In einer Welt, in der die Wirklichkeit per se  aus einer Sicht von aussen und gegenständlich gedacht wird, gibt es keinen Raum für das Nichts, da das Nichts nicht räumlich vermessen werden kann. Das Nichts ist und bleibt von daher etwas nicht zu Fassendes, eben ein Nichts.  …  Auf den ersten Blick. 

Ihm dennoch Wirklichkeit zusprechen zu wollen, es in einem inneren Raum für eigenes Erfahren wenigstens anfänglich zugänglich zu beschreiben bedeutet einen schmerzlichen Weg bereit sein zu gehen. Denn das Nichts (auf den zweiten Blick) ist nicht irgendwo, es ruht und lebt, ja es lebt tief verborgen in mir. Und von dort her mahnt es heute immer dringlicher seine Befreiung an. Begeben wir uns also auf Spurensuche.

Eine erste Annäherung: Wo, wenn nicht räumlich zu fassen, könnte das Nichts sich verorten lassen? In welche Richtung wäre mein Blick auszurichten, zu lenken, um auf das Nichts zu stossen, ihm in kreisenden Annäherungen am Ende zu begegnen? In kreisenden Annäherungen? hmm. Also bewegt in Bewegung. Könnte das eine Perspektive, eine wachsend dynamische Annäherung an ein anschauend noch nicht gegriffenes Phänomen ermöglichen. Denn mit Annahme von so etwas wie einem Nichts umkreise ich in mir damit, bildhaft gesprochen, nicht so etwas wie ein „schwarzes Loch?“ Doch halt, schwarzes Loch. … in mir. Wer will mir da noch folgen? Will ich da ernsthaft selber forschend weitergehen? In ein Loch … von welchem Rand aus? Denn ein Loch, noch dazu ein schwarzes, bedarf es dazu nicht einer Umrandung, um es als solches innerhalb seiner Umgebung überhaupt als Loch identifizieren zu können?

Und weil wir hier nun schon mitten im Fragen begriffen sind, verwickle ich mit diesem meinem Fragen mich nicht in immer tiefere Widersprüche hinein? Dass das Nichts nicht räumlich vermessen werden könne, das habe ich ja schon gesagt. Was tue ich dann aber, wenn ich in meinen Innenbetrachtungen von einer „Umrandung“ spreche, die zur abgrenzenden Identifizierung dessen was das Nichts vielleicht am Ende dann ist notwendig sei. Habe ich damit  nicht quasi unbemerkt ein räumliches Vorstellen nach innen übernommen? Dürfen innerhalb der Betrachtung von inneren Phänomenen, zu denen wir das Nichts hier vorläufig einmal zählen wollen, können wir bei zu unterscheidenden Prozess-Sequenzen in der Betrachtung derselben räumliche Parameter überhaupt anwenden? Kann ich also von einem „da oder dort“ in Bezug auf ein zu identifizierendes Nichts hinweisend überhaupt sprechen?

Wie ist also mit Phänomenen auf diesem Felde umzugehen, um schrittweise zu immer differenzierteren und damit verlässlicheren Beschreibungen derselben zu kommen, dort wo alles fortlaufend in Bewegung sich befindet? Ich muss mich innerlich selber in Bewegung versetzen und bewegt in dieser Bewegung auch halten können. Das wiederum ist nicht so ganz einfach. Denn: Die grosse, wohl eher selten wirklich ausreichend überprüfte Hürde sind unsere eigenen Vorstellungen und ihr Tatsachen Fundament auf dem sie ruhen, die wir mit einem Sachzusammenhang verbinden. Und eben diese Vorstellungen tun bei einem tiefer greifenden Hinsehen alles, um uns nicht aus ihren Fangarmen entlassen zu müssen. Sie sind eine so tiefe Verbindung mit uns eingegangen, dass wir nicht bemerken wie wir unversehens über unser gegenwärtiges Wirklichkeitserfahren mitgebrachte eigene Vorstellungen „als Etiketten“ kleben und so verhindern, dass die tatsächlich augenblicklich eigene Wirklichkeitsgegenwärtigkeit an die Oberfläche unseres Bewusstseins treten kann.

Bedeutet das nicht, dass die individuellen Ankerketten, an die wir Vorstellungen aus unserer Vergangenheit, d.h. gewisse Erlebnis- und Erfahrungswelten gebunden haben, zu überprüfen sind, um das innere Sichtfeld darauf hin zu öffnen im Dialog vermehrt in die Betrachtungsweise unseres jeweiligen Gegenüber eintreten zu können und von dort her zu denken? Denn gründet Verständigung nicht über die eigene Argumentation hinaus darauf die Gedanken unseres Dialogpartners teilen, d.h. vorurteilslos mitdenken zu können, was am Ende nicht heisst, dass ich sie unwidersprochen hinnehmen muss? Ein solches Vorgehen wirkt in meinen Augen Stil bildend und wahrt darüber hinaus die Würde des anderen Menschen, kann diesen möglicherweise sogar still beflügeln eigene Festlegungen in der Argumentation verstärkt neu zu überdenken. Der „freie Geist“ kann wirksam werden. Emaus …

Doch vertiefen wir die begonnene Spurensuche weiter und wenden uns dazu einem heute im Social-Media Raum weit verbreiteten „Argument“ zu, nämlich dem, dass die Mainstream Presse lügt. Schon der weit gespannte Bogen, der sich in dieser Aussage abzeichnet deutet auf eine Kette verdeckter weiterer Vorstellungen hin, welche die Grundbehauptung, dass die Mainstream Presse lügt unterschwellig begleitet und von daher auf ihren Grund hin untersucht sein will. Damit wir uns hier jedoch nicht von Anfang an missverstehen, will ich sogleich kundtun, dass ich in Folgendem nicht die Absicht habe das Argument, dass die Mainstream Presse lüge zu widerlegen. Es geht einzig und allein darum den Sachfaktor der „eigenen Vorstellungen“ in der Auseinandersetzung mit Presseorganen um ein weniges mehr transparenter vor die eigene Selbsterkenntnis rücken zu können, d.h. die Wirkmechanismen sichtbar zu machen, die „eigene Vorstellungen“ zu vorschnellen Entscheidungsgeschossen in der Auseinandersetzung um das augenblickliche Weltverstehen mutieren lassen.

Um es kurz zu sagen, die Presse ist nicht dazu da die je eigene mitgebrachte Meinung zu stützen. Sie stellt lediglich ein mehr oder weniger tief und breit gefächertes Angebot von denkender Auseinandersetzung zu spezifischen Sachzusammenhängen zur Verfügung. Der qualitative Standart der darin zum Ausdruck kommenden denkenden Auseinandersetzung mit dem Thema beinhaltet nicht die Gewährleistung der Irrtumsfreiheit und die der durchgehenden Sachlichkeit und Folgerichtigkeit in der Argumentation. Werden vor meinen Augen vermeintlich wichtige Sachzusammenhänge nicht ausgewiesen, so lässt sich daraus „sachlich“ nicht ableiten, dass der Verfasser dieser Aussagen lügt oder „Tatschen“ verschleiert. Vor seinem Erkenntnishorizont werden diese Sachzusammenhänge einfach nicht sichtbar, weil er aus einer gänzlich anderen Perspektive schreibt, als ich seine Ausführungen lese. Aus einer sowohl im Aussenbezug anderen Perspektive, wie auch einem notwendig anderen Verhältnis zu den Möglichkeiten seines eigenen Selbsterkennens.

Und er darf das ohne dass er mit Unterstellungen oder gar mit dem General -„Verdacht“ als sogenannter teilhabender Journalist der Mainstream Presse (blinder) Mitwirkender einer Verschwörung zu sein behaftet wird. Er darf das auch dann, wenn er sich von Interessen aus seinem Umkreis manipulieren liess. Ich kann von ihm nicht einfordern, was seine Perspektive auf die Sachbelange über die er schreibt einfach nicht hergibt oder vermeintlich nicht erlaubt.

Vielmehr bin ich gefordert statt ihm etwas zu unterstellen mein Denken sachlich zu vertiefen, … zu vertiefen bis auf den sehr schmerzlichen Grund „eigenen“ Selbsterkennens hin, bis an die Pforte, dass ich weis, dass ich nicht weis. Die Pforte zum Nichts, die Pforte zum Handhaben-Können reinen schöpferischen Willens. Durch diese Pforte aber schreitet nur, wer Wertschätzung des anderen Menschen auch in denkbar schwierigen Gegensätzen zu leben weis. Und dies beinhaltet keineswegs eine apodiktische Aussage sondern ist allein Teil einer fortschreitenden Erkenntnis auf den eigenen Grund hin, ist Ausdruck der stets neu zu stellenden Frage nach der eigenen Redlichkeit im Dialog - nach aussen wie nach innen. Ist gelebte Freiheit und nicht nur Ausübung von vermeintlich verfassungsmässigen zu beanspruchenden Freiheitsrechten - ein riesengrosse Unterschied für den der wirklich denken will. Freiheit kannst Du nicht haben, Du bist vielmehr gefordert sie existentiell zu leben.

Das wusste schon Sokrates und deshalb floh er nicht vor den Mysterien-Wächtern seiner Zeit, sondern nahm den Giftbecher. Er stellte sich den Vorstellungen dieser Männer, die das Recht beanspruchten ihn verurteilen zu dürfen. So leerte er äusserlich den Giftbecher, den man ihm reichte, innerlich aber verbrannte er das Gift, das in den Vorstellungen schwärte, die ihn verurteilten und überwand damit den Tod unscheinbar vor aller Augen. - Die Antwort an Sokrates über die Zeiten hinweg von unserer Seite heute? Sie ist und bleibt offen, solange wir noch Vorstellungen als Faustkeile benutzen, um andere Menschen durch sie zu verurteilen und mit Verdächtigungen zuzuschütten. Wir haben einfach nicht verstanden, was es heisst Freiheit zu leben. Wir haben nicht verstanden, was es heisst zu sterben bevor wir sterben. Wir haben Angst vor dem Nichts. Den Mutlosen bleibt auf diese Weise das Tor des Nichts verschlossen. Diejenigen aber die aufrecht stehen lernen im Angesicht des Nichts, denen öffnet es sich zu seiner Zeit.

© Bernhard Albrecht Hartmann, 07.02.2021