Samstag, 2. September 2023

„… und vor allem diese Ruhe im schwarzen Loch - ein Gedicht" (1)

Je länger ich die Titel-Aussage seelisch beobachtend mir vor Augen stelle, um sie sachlich zu inneren Anschauung zu bringen, desto mehr stosse ich an einer leisen Empfindungsqualität an, die in dieser Aussage hintergründig wie begleitend mitzuschwingen scheint. Es ist die Faszination. Die Faszination als Begleiterscheinung im meditativen Erleben. Etwas, das mir in verschiedenen anderen Zusammenhängen anlässlich des Umgangs mit eigenen meditativen Erfahrungen, bzw. Ansätzen zu einem „geistigem Forschen“ und dessen Verständnis wiederholt begegnet ist. Rudolf Steiner setzt in Bezug auf derartige Erscheinungen meinem Verständnis nach unmissverständlich klare Leitlinien. Mit meinen Worten ausgedrückt: Seelische Beobachtungen müssen, um von ihren Aussagen her sich als wissenschaftstauglich ausweisen zu können, bei der Beschreibung ihrer Ergebnisse den fragend naturwissenschaftlichen Duktus durchgehender Sachlichkeit an den Tag legen können. Und der gründet letztendlich in der inneren wachsamen Haltung, „was weis ich und was weis ich nicht“. 

Sogenannte „subjektiv“ beglückende Befindlichkeiten haben in meinen Augen hier keinen Platz. Auch objektive Begriffs-Anleihen wie hier z.B. der Begriff Gravitation aus der Erforschung schwarzer Löcher in der Astrophysik scheint mir ohne nähere Erläuterung sachlich nicht zweckdienlich zu sein. Weil: Die eigene meditative Wegbeschreibung in seelischen Beobachtungen durch diese Gravitationsfelder hindurch in meinen Augen sich hier nicht wirklich darstellt. Schon die Aussage: „Ich aktiviere die sogenannten *schwarzen Löcher*“ ist irreführend, weil sie dem Ernst astrophysikalischer Forschung um die schwarzen Löcher nicht Rechnung trägt und die Meditation in die Nähe (?) eines Jumping Ereignis rückt und damit in Misskredit bringt. Wer auch nur einmal in einem physikalischen Versuchslabor sorgfältig abgeschirmte Gravitationsfelder beobachten konnte, der darf sich wohl wundern über eine derartige Ausdrucksweise. Zudem scheint mir mit dieser Vorgehensweise dem ursprünglichen Ansinnen Rudolf Steiners ein geisteswissenschaftliches Forschungsfeld auf naturwissenschaftlicher Grundlage zu entwickeln nicht gerade förderlich begegnet zu werden.

Dennoch will ich um der Sache willen meinerseits versuchen einige hier in meinen Augen zu Tage getretene Lücken etwas aufzuhellen. Ich beginne mit der Frage, ist die „Phänomen“ Beschreibung „schwarzes Loch“ innerhalb der astrophysikalischen Forschung in sich abgeschlossen oder noch weiter offen? Wenn dem so sein sollte, dass sie offen ist, dann muss sich auch eine geisteswissenschaftliche Herangehensweise im Sinne Rudolf Steiners an diesen Phänomen Komplex und den damit verbundenen Begriff als Arbeitsbegriff betrachten. Wird hier vom Aktivieren sogenannter schwarzer Löcher gesprochen, dann ist die eigene Anschauung von dem, was als "schwarzes Loch gesehen wird" und dem was geisteswissenschaftlich hier genau besehen"aktivieren" bedeutet näher zu beschreiben. Der Hinweis auf eigene Schöpfungsprodukte und Schöpfungsobjekte scheint mir sachlich betrachtet nicht ausreichend zu sein.

Seit Emanuel Kant bewegen wir uns hinsichtlich unserer begrifflichen Mittel in einem übergrossen Abstraktionsfeld. Die Begriffe stellen sich uns als reine Formobjekte dar. Eine innere Anschauung von dem, was diesen Abstraktionen als mögliche Erfahrung eigen sein könnte, ist für die sogenannte äussere Wissenschaft nicht geklärt. Eines ist jedenfalls sicher, Emanuel Kant hat in seiner Transzendental-Philosophie dieses Abstraktionsfeld über die Beschreibung des sogenannten Ding an sich hinaus verschlossen gehalten. Die Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Methode der seelischen Beobachtung scheint im Nachgang an Rudolf Steiner immer wieder unterlaufen, bzw. diverse Bemühungen in dieser Richtung ins Abseits der öffentlichen Wahrnehmung abgedrängt worden zu sein. Mit Eckhart Förster (2) stehen wir also sowohl seitens der universitären Hochschul-Wissenschaft wie auch der Hochschule für Geisteswissenschaft vor der beiderseits ernsten Zeitenwende Herausforderung auf eine zu vertiefende praktische wie gleichzeitig wissenschaftstaugliche Anschauung des Denken zurückgreifen zu können, was konkret bedeutet: „Ohne den bereitwilligen Versuch, ein solches sich selbst erzeugendes Denken im Sinne Steiners selbst auszubilden, wird sich über dessen Wirklichkeit nichts entscheiden lassen.“

Dieses Denken hat sich in meinen Augen in seinen Aussen- wie ebenso seinen Innenbezügen als durchgehend sachlich darzustellen. Die Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Anschauung über das Denken und darüber hinaus des praktischen Verständnisses, wie daraus hervorgehend unseres persönlichen Umgangs damit sind gerade angesichts von immer wieder durchbrechenden Hashtag Ereignissen innerhalb vielfältiger sozialer Bezüge dringend geboten. Ausserdem gebietet es die gegenwärtige mehr als polarisierte Weltlage mit dem Medium des Denkens achtsam umzugehen, weil die diesem unserem Umgang tiefer zugrunde liegende Frage, welchen Einfluss unser aller Denken auf die Gesamtweltlage hat sich mir vor dem allgemeinen Bewusstsein bisher als weitreichend ausgeblendet darstellt. Bewusst verkürzt gesagt: Böse Buben Spiele von Ost nach West und umgekehrt zu verschieben und sich im weitesten Sinne des Wortes daran mehr oder weniger aufgeregt zu beteiligen erscheinen mir kein Ausdruck einer wirklich persönlich übernommenen Verantwortungshaltung innerhalb der gegenwärtigen Weltlage zu sein. Denn der Eigenanteil an der unterschwelligen Innwelt Krise neben der sehr sichtbaren Umweltkrise wird damit nur verdeckt. Die intellektuelle Redlichkeit schläft im Parkhaus.

Umweht mein Sagen damit etwas von der Wesensart der Kassandra und ihren Warnungen an die Trojaner … ? Beileibe nicht, denn schon ein auch nur leiser Versuch des „Aufwecken“ in derartiger Weise würde die besondere Bewusstseinshaltung gegenwärtigen Menschseins nicht nur verfehlen sondern darüber hinaus geradezu korrumpieren. Die tiefere Sachlage spricht nämlich dieses unmissverständlich aus, dass sich ein jeder Mensch in der gegenwärtiger Zeitlage nur völlig eigenständig vor „seinen Spiegel der Wahrheit“ stellen kann. Sich diesbezüglich um irgendwelche Galionsfiguren der spirituellen Vergangenheit oder auch einer ungewissen staatspolitischen Zukunft scharen zu wollen und beschützende Anlehnung oder Führung zu finden, halte ich angesichts der  Zeitlage nicht für zielführend. Denn Bewusstseinsseele kann auf diese Weise in keinen Wirklichkeitszustand versetzt werden und Zeitenwende auslösen. Bewusstseinsseele ist ein Seelenzustand dem Du bildhaft gesprochen nicht folgenlos in die Tasche lügen und noch weniger Dir schön reden kannst. Sprich: Mit Verschwörungsdenken im Gepäck katapultierst Du Dich als Zeitgenosse eigenhändig aus der Zeit, weil Du wesentliche Verantwortungen im Aussen suchst anstatt primär bei Dir und Deinem inneren Umgang mit dem Denken anzusetzen. Eben in Ausübung der seelischen Beobachtung Bewusstseinsseele im Denken zu leben, was heisst selbsterkennend Dich auf Deine eigenen Bewusstseinsseelen-Füsse zu stellen und Deinen Augiasstall aufzuräumen.

Kritik versus Selbsterkenntnis: Ich weis, dass diesem meinem Sagen schnell so dies und das entgegengehalten werden kann. Der heute üblicherweise abstrakte Gebrauch des Denken (nicht  selten auch in spirituellen Zusammenhängen) kann schnell ein Maschinengewehrfeuer der Einwände vom Zaun brechen, um nur ja nicht sich selbsterkennend mit dem eigenen Augiasstall beschäftigen zu müssen. Hierbei genauer da oder dort hinschauen und selbstverantwortlich eigene Illusionsschleier schmerzhaft anheben zu müssen, wer schiebt das nicht immer wieder gerne weiter vor sich her? Nur … ist die Zeitlage heute eine solche, dass das noch „ernsthaft im Modus weiter so“ von statten gehen kann? Muss ich mich nicht vielmehr fragen wohin geht die Substanz meines Denkens, das nicht in erster Linie von Selbsterkenntnis geprägt ist? Setzt ätzende Kritik (selbst in verschleierter Form) „an erster Stelle“ unter Umständen nicht genau jenen Salpeterfunken frei, der im Meer vielschichtiger Gedankenwelten schlussendlich vernetzt einen Supergau (der Spaltung der AAG 1935) auslöst? Weis ich es oder weis ich es nicht? WEIS ICH, DASS ICH NICHT WEIS und bin bereit mir dies ohne wenn und aber einzugestehen? Gewiss ist nur, dass es leichter ist jedwede (Mit-)Verantwortung in einem derartigen Fall mit Redensarten wie z.B. dieser: Das habe ich nicht gewusst beiseite geschoben werden kann. Es sei denn ich lasse alle Ego-Ängste zurück und betrete mit Mut Neulande.

Selbsterkenntnis zu suchen und erlebend auszuhalten ist eine schwere Bürde. Sie hat sehr viel mit innerem Gleichgewicht, aber in meinen Augen ganz und gar nichts mit „Ruhe … ein Gedicht,“ eingebettet in eine Art Nirwana-Blase im Ideenwelten-Schnell(?)-Aufzug zu tun. Und steht wohl eher nicht mit einem möglicherweise vor sich selbst innerlich verborgen gehaltenen dialogisierenden Eremiten Dasein über schwarze Löcher hinweg, ohne diese selbsterkennend zu beschreiben, im Einklang? Dazu mit Ernst und Respekt: Bewusstseinsseele beinhaltet in meinen Augen einen schmerzlichen Ich-Geburts-Durchgang für Menschen, die sich für diesen Weg der Selbsterkenntnis entscheiden. In Anlehnung an Platons Dialog vom „Höhlengleichnis“ eine Lebenswanderschaft des Mysterien-Schülers, der nach dem Austritt aus der Höhle im Angesicht der Sonne sich mutig umwendet und seine Schritte zurück in die Höhle wendet, (3) … um auf diesem Wege selbsterkennend zu erfahren, dass er nie wirklich gefesselt war, sondern dass er allein als Folge seiner eigenen Ego-Einflüsterungen sich fort und fort mit immer neuen selbstgefügten Fesseln umgab. Weil das Ego sich entpuppt als die verborgen innere Verhinderungsinstanz, dass Sysiphus an sein Ziel gelangen kann. Denn: Bei dem jederzeit möglichen Eintritt in die geistige Welt sind Ego-Ziele und rückkoppelnde Ego-Sucht Haltungen das wirkliche Problem für das eigene Fortkommen. Ein Fortkommen im Sinne des existentiell „selbsterkennenden“ ICH WEIS, DASS ICH NICHT WEIS. 

Als innere schwarze Löcher kann darüber hinaus in Betracht genommen werden das anhaltende Anhaften an vom Grunde her aufzulösenden Vorstellungen. Da das Ego gewissermassen in das ICH WEIS, DASS ICH NICHT WEIS solange hineinwirkt bis ich mich dynamisch in diesem aufrecht halten kann hat es auf jede nur denkbare Weise ein Interesse daran das innerlich aus dem Tritt geraten herbeizuführen. Oder: Es erzeugt Bilder nach Art einer Fata Morgana, die im ideellen Kleide eine geistige Welt entstehen lassen, die so nicht ist weil sie nicht zureichend meine aus dem Selbsterkennen heraus erwachsene existentiell basierte Erfahrung zum Ausdruck bringt. Diese „alten Vorstellungen,“ von denen Rudolf Steiner spricht, dass sie im Hinblick auf die neue Zeit aufzulösen seien, um die Geisteswelt im Sinne einer naturwissenschaftlich, also in einer nach und nach immer exakter zu beobachtenden Weise zu beschreiben. Das zeitgemässe Christentum fusst zudem nicht mehr auf Glauben sondern auf einem selbsterkennend sich in die Verantwortung stellen im Durchgang durch das Nichts, DAS ICH WEIS, DASS ICH NICHT WEIS, dem Heimat finden in der Stille. Stille als Endpunkt und Anfang zugleich, jener Erfahrung in der alle Vorstellungen in fliessende Bewegung aufgehen … und die die Begegnung mit dem Meister von Emaus ermöglicht … der auf allen menschlichen Wegen immer präsent ist, wo das erkenne dich selbst geübt wird.

ERKENNE DICH SELBST stand in alten Zeiten am Eingang der Mysterienstätten. Für die neue Zeit hat Rudolf Steiner im Zuge der Neubegründung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft zu Weinachten 1923 diese Aussage im Hinblick auf ein zu erneuerndes Mysterienwesen neu gefasst. Er hat darüber hinaus mit dieser Neufassung gleichzeitig ein völlig neues Karma-Verständnis den Herzen der Anwesenden zur verantwortungsvoll selbsterkennenden Arbeit untereinander anvertraut. ÜBE  GEISTERINNERN  … GEISTERINNERN durch jedes Wort, das ein DU fortan von den Rändern Deines Schicksalsweges DIR zuspricht. Lerne GEISTERINNERN als Wegöffner begreifen. Lerne durch besonnen freigelegte Selbsterkenntnisse im GEISTERINNERN die eigene Ich durchwirkte Denk-Blick-Kraft erfahren, die ihrerseits neue Mysterien-Wege im Durchgang durch das Nichts öffnet. Was heisst den Weg der Geisteswillenschaft (4) erschliesst, einen Weg, der Gegensätze begreift als wechselseitige Wachstumsfermente, die Herausforderungen in den eigenen Lebensweg implementieren um  Bewusstseinsreifung im Sinne der Geisteswillenschaft herbeizuführen.

100 Jahre sind eine lange Zeit. Wer in dieser Zeit auch nur einmal ein Buch von Rudolf Steiner in Händen gehalten und darin gelesen hat, dem sind Beschreibungen von Ätherleib und Astralleib entgegengetreten. Beschreibungen, die eine Vielzahl von Fragen auslösen können. Fragen wie z.B. diese, kann ich den Ätherleib und den Astralleib bei mir beobachten, bzw. wenn ich mich in einem Gespräch mit einem anderen Menschen befinde, wie interagieren hier unser beider Äther-und Astral- Leiber. Welche Faktoren im Laufe des Gespräches verändern die Befindlichkeit meines und seines Äther- und Astral-Leibes. Wie sind Äther- und Astralleib in Vorstellungen, die wir miteinander teilen, bzw. nicht teilen präsent und wie wirken sie in Streitauseinandersetzungen. Fragen über Fragen. Fragen, die mich dann vielleicht schon einmal behutsamer mit meinem Gegenüber Umgang pflegen lassen. Fragen, die mich nachdenklich stimmen bezüglich meiner eigenen Umgangsweisen. Wenn ich so wenig über eigene Wirkverhältnisse im Umgang mit diesen Aspekten meiner Seele weis, wie kann ich da mein Gegenüber wegen  Aussagen verurteilen, die mir nicht sogleich verständlich sind. Ist er doch einen ganz anderen Lebensweg gegangen, in dessen Verlauf er seinen Äther - und Astral-Leib in einer gänzlich anderen Weise prägte als ich den meinen. Welche sozialen Verwicklungen können wir hier demnach herbeiführen, wenn wir uns zur rechten Zeit innerlich nicht an die Zügel nehmen können, bzw. wenn uns das Ruder aus den Händen läuft und wir uns dennoch an Abstimmungen beteiligen. Milde ausgesprochen, kann uns da nicht ein Schauer über den Rücken hinunterlaufen? Mitverantwortung an sozialen Brüchen werden nicht kleiner, wenn wir wenig über die Wirkverhältnisse unserer eigenen Seele wissen. Denn mehr zu wissen ist, nehmen wir Sokrates nur genügend ernst immer möglich. Wer viele Fragen bewegt, dem reifen diese seine Fragen auch zu ihrer Zeit in Antworten hinein (5) und gebären Geisteswillenschaft im Umgang mit seinen Seelengliedern. Am Ende bleibt nur Bescheidenheit und Mut für einen jeden von uns, mich eingeschlossen. … Ohne Metanoia keine Willensumkehr, keine Bewusstseinsvertiefung und damit Zeitenwende.

© Bernhard Albrecht Hartmann, 02.09.2023

(1)  https://www.facebook.com/profile.php?id=100005333865250 

(2)  SKA 2, frommann-holzboog Verlag Stuttgart-Bad Cannstatt 2016, Vorwort Eckhart Förster XVI

(3)  https://ich-quelle.blogspot.com/2013/12/unter-der-platane-ein-dialog-uber-die_28.html 

(4)  https://ich-quelle.blogspot.com/2022/02/im-gedenken-wilfrid-jaensch-1.html 

(5)  https://ich-quelle.blogspot.com/2015/07/von-der-inneren-umkehr.html, 

      siehe darin eingebettet unter anderem das Gedicht von Rainer Maria Rilke „Was mich bewegt“