Freitag, 5. April 2013

Offener Brief

Vorbemerkung: Die Begegnung mit einer Reihe junger Menschen in der letzten Zeit veranlasst mich auf einige Fragen, die in diesem Zusammenhang aufgekommen sind in der Form eines „Offenen Briefes“ zu antworten, da mir die Zeit nach allen Seiten zu antworten gegenwärtig nicht gegeben ist.

Ja „der Körper ist ein Tempel und wir sollten ihn hüten.“ Der Körper will sein ein Tempel für den Geist, wenn aber der Körper nicht kraftvoll durchgebildet ist, dann kann er auf Dauer auch keine wirksame Wohnstatt für den Geist sein. Der Geist braucht einen gesunden Körper, damit er durch ihn in Erscheinung treten kann. Es gibt heute genug Verwirrung und Bewusstlosigkeit auf der Welt und das liegt nicht wenig daran, dass allem Anschein nach eine zu grosse Anzahl von Menschen ihren Körper mehr in ihrem Alltag hinter sich her schleppt, anstatt ihn zu einem echten Werkzeug für den Geist zu formen.
Du musst dazu aber nicht zum Meister in bestimmten sportlichen Disziplinen werden, sondern einfach achtsamer in Deinem Alltag mit ihm umgehen, sportliche Betätigung kann Dir helfen. Übertreibung wirkt aber hier, wie überall sonst, auch wieder kontraproduktiv. Im Grunde kommt es auf mehr Achtsamkeit an in dem, was Du mit Deinem Körper tust. Und Du tust den langen Tag lang sehr viel mehr mit Deinem Körper, als wovon Du ein Bewusstsein hast. Salopp gesagt, Dein Körper läuft eben gerade so mit.
Mal ganz ehrlich betrachtet, möchtest Du, dass in einem Dir lieben Menschen die Empfindung aufkommt, Du liefest ihm/ihr einfach nur so hinter her ohne wirklich dabei zu sein? Aber genau diese Empfindung hat Dein Körper von Dir. Er fühlt sich zu wenig wahrgenommen, es fehlt ihm die Achtsamkeit im Umgang mit ihm.
Du läufst sicher täglich mindestens einmal zur U-Bahn oder einem sonstigen öffentlichen Verkehrsmittel, um Deinem Studium oder einer Arbeit nach zu kommen und benützt auf diesem Wege vermutlich auch eine Treppe. Bist Du dabei schon einmal die Treppe so hinunter gegangen, dass Du gespürt hast, was Du da tust? Vermutlich nein! Deine Gedanken sind irgendwo voraus geeilt und Dein Körper ist hinter her gehoppelt. War/ist es nicht so.
Du hältst Dich für einen Beobachter, der oben in seinem Turmzimmer sitzt und aus einer geweiteten Perspektive vieles sieht. Eines aber sieht er nicht, nimmt er nicht wahr, den Turm unter sich, der fest gegründet auf der Erde stehen sollte. Du kannst den Turm/Körper aber nicht wahrnehmen, weil Dein Blick nur bis zu den wallenden Nebeln reicht, die dicht unter dem Turmzimmer hindurch ziehen. Du bist ein Beobachter mit einer eingeschränkten Perspektive.
Menschliches Beobachten, muss es sich nicht notwendig am Leib brechen? Muss es  gewissermassen nicht wie hindurch gehen durch den Widerstand, den der Körper einer bewusster werdenden Aktivität entgegen setzt, immer? Wo dieser Widerstand nicht gespürt wird, bin ich da Mensch?
Du bist in diese Welt hinein geboren, in diesen Deinen Körper, nimm ihn also gefälligst mit. 
Erwache Du romantischer Tänzer, spür Deine Füsse.


Du findest die Welt, die Menschen in ihr zum Kotzen. Du erlebst die Leere in ihren Worten, das Nichts Sagende in ihren Wort Plänkeleien am Strassenrand und über den Mittagstisch hinweg. Es ekelt Dich an, dieses Lächeln, das nichts als Maske ist und Du möchtest schreiend davon laufen. Da dies aber nicht geht, Schreien und Weinen gilt als Schwäche, Empörung als Frechheit mit der Folge von Sanktionen, die in Dir die Wut nur noch mehr hochkochen lassen, schleppst Du Dich, wann immer es geht heimlich auf die Toilette, um mit der Nahrung all den Gefühls- und Gedanken Müll mit hinaus zu kotzen. Am liebsten möchtest du Dich aus dieser Welt hinaus beamen und Doch hängst Du an ihr, nicht wissend warum noch.
Könnte es nicht sein, dass ein gut Teil dessen, was Du als Müll um Dich und in Dir erlebst, was Dich immer wieder aufschreien lässt, so qualvoll rast dieser Müll über die Datenautobahnen Deiner inneren Welt, so rauschhaft gesucht von Dir türmt er sich hoch in Dir, hoch und höher, bis, ja bis Du ihn wieder heraus kotzt und eine Leere zurückbleibt die noch qualvoller ist, als alles, was Dich bis anhin quälte. Könnte es sein, „dass Du fasziniert“ von der Leere, dem sich selber nicht Spüren, als einer Art umgestülptem Erleben von Freiheit, diesem Erleben alles opferst und ... den Widerspruch spürend, Du für Deine Sucht Freiheit „zu erleben“ Dich nicht selber töten kannst, weil eben dann das von Dir so gesuchte Erleben der Freiheit im Gefühl der Leere hinfällig werden würde.
In einer Endlos Spirale Dich selbst verwickelt habend, kann es folgerichtig nicht anders sein, als dass Du Dich dafür selbst hasst. Deine Art mit dem Tod zu spielen lässt dich ekeln und dennoch kannst Du es nicht lassen, Tänzerin an der Grenze, Dir „das Lied vom Tod“ immer wieder neu durch Deine Adern zu jagen, mit einer raffiniert selber gesetzten psychischen Injektion.
Nicht die Welt um Dich herum macht Dich fertig, Du bist es der maliziös keine Möglichkeit aus lässt Dir selber in den Hintern zu treten. Damit will ich tatsächlich Dich hochgradig Belastendes in Deinem sozialen Umfeld nicht klein reden, was ich sagen will ist, schau „Deinen Anteil“ dabei an, der die Welt so grauenvoll aussehen lässt wie sie dann folgerichtig nur sein kann, weil Du sie innerlich so ausfilterst, dass nichts Schönes mehr übrig bleiben kann. Du willst es nicht anders.
Wie Deine Situation zu wenden ist, das willst Du nicht wirklich wissen. Jeder hier und an anderer Stelle vielleicht immer wieder ausgesprochene Ratschlag ödet Dich an. Ich weiss das und deshalb halte ich meinen Mund und sag nur, Du weisst, was zu tun ist!
Ich schliesse mit einem Erlebnis, das ich heute auf einem Spaziergang mit meinem Golden Retriever am See hatte. Obwohl am frühen Nachmittag geschehen klingt es in mir immer noch so nach, als sei es gerade eben erst geschehen. Zwei Schwäne paarten sich vor mir auf dem Wasser und jede ihrer Bewegungen waren dabei von einer solchen Anmut, einer Schönheit durchpulst, die mich tief berührte. Yin und Yang in vollendeter Harmonie, Freiheit ...
Ich grüsse Euch

Bernhard Albrecht, 05.04.2013