Freitag, 26. August 2011

Zwischen Hören und Lauschen

Alles was ich höre oder sonst wie aufnehme, das kann, wenn ich es so will, in mir zu einem Pflänzchen auf einem inneren Saatfeld meines Lebens werden. Behütet in mir und immer wieder einmal von dieser oder jener Seite betrachtet oder auch innerlich umgewendet, darf es zu weiter reichenden Erkenntnissen oder sogar zu Lebensweisheit heran wachsen und reifen.
Alles tiefere Verstehen braucht seine Zeit. Eine Tomate wächst ja auch nicht von heute auf morgen. Das gilt nicht weniger für geistige Belange des Verstehens. Ich habe diesbezüglich gelernt mit mir geduldig zu sein und erwarte deshalb auch nichts mehr von anderen. Die freudige Überraschung, kommt es zu einem tiefer gehenden Gedankenaustausch, ist dann um so grösser.
Der Geist kommt aus den Tiefen des Wortes zu mir, enthüllt sich im Verstehen, wenn ich die Vorstellungen, die ich einem mir begegnenden Wort mitunter allzu rasch über stülpe, im Laufe weiterer Schritte der Betrachtung auch wieder von ihm entfernen kann, um zum Kern der ursprünglichen Aussage vor zu dringen. "Überzeugungen" können hier zu einem grossen Hindernis werden.
Ich kann niemanden beschützen vor einem Missverstehen einer Aussage. Wenn dieser Jemand über eine Interpretation einer Aussage in einem vorüber huschenden Augenblick hinaus zu einem tieferen Verstehen dieser Aussage vordringen will, dann wird er zum Gärtner werden müssen, der einen inneren Pflanzen Garten anlegt, auf dem seine Erkenntnisse reifen und wachsen können. Den er hegt und pflegt und wortwörtlich gemeint, regelmässig begiesst.
Es kann ja im Leben schnell einmal geschehen mit den Hagelkörnern der Wut oder des Zornes eine Aussage, die an mich herantritt zu belegen und daraus vorschnelle Konsequenzen zu ziehen. Nur blockiere ich mich dadurch selbst, vielleicht ganz andere und wesentlichere Schichten in dieser Aussage in mir zum Leben erwecken zu können.
So entstehen Brüche im Leben von Menschen, inwendig nur auf ihn bezogen oder sogar noch weitreichender, durch eine ungezügelte Reaktion, andere Menschen mit dem Malstrom eigener Gefühle in Spaltungen mit hinein reissend.
Nur ein Augenblick der Unachtsamkeit ... das Leben nimmt alles in sein Strömen mit hinein und trägt es auf seinem Rücken fort. Und damit ist auch immer wieder die Möglichkeit offen aus einem In-sich-Kreisen wiederum den Anschluss an den grossen Lebensstrom zu finden.
Die Spiegelungen von Licht und Schatten über dem Wasser zu verschiedenen Tageszeiten, ein Wunder möglicher Bewegungen und stete Ermunterung für den, der sehen will.

Bernhard Albrecht

Donnerstag, 25. August 2011

Für Manroe und andere Selbstdenker

(siehe zum Thema Ausnahmezustand den Beitrag vom 11.07.2011 weiter unten hier auf diesem Blog)

Zum Thema Ausnahmezustand gibt es aus meiner Sicht noch viel sich zu vergegenwärtigen und in Folge zu beschreiben. So will ich das Thema erneut aufgreifen, ohne dabei auf ein Ende zu schielen oder eine Lösung anzupeilen. In diesem Zusammenhang geht es ohnehin nicht, dass einer, auch nur umrisshaft, Abschliessendes dazu sich anmasst auf den Tisch zu legen. Hier kann ich nur bemüht sein mit anderen ernsthaft Forschenden auf Spurensuche zu gehen und vielleicht mitzuwirken, dass, wer immer sich darauf tiefer einlassen kann, nach einer für ihn angemessenen Zeit zu mehr Klarheit und Befähigung mit den Phänomenen umzugehen, hin findet.
Wenn ich noch einmal an Plato anknüpfe, dann spielt sich in den Bildern seines Höhlengleichnises das reproduzierende Denken in den Menschen ab, die gegen die Felsenwand schauen, im durch das Feuer in ihrem Rücken, im gegen die Felsenwand geworfenen Licht ihre eigenen Gedankenbilder(Vorstellungen) an der Felsenwand reproduzierend in sich erblicken.
Das produzierende Denken hingegen bedarf eines aktivierten inneren Willens. Und zwar nach zwei Seiten hin, die von einem gewissen Augenblick der beobachtenden Auseinandersetzung mit den Phänomenen auf diesem Felde in eins fliessend beobachtet werden können (siehe diesbezüglich Grundlinien einer Erkenntnistheorie von Rudolf Steiner), dann nämlich wenn der Wille in mir gleichsam feurig werden konnte und die dualen Bezüge zwischen Denken und Wahrnehmen innerlich aus den Angeln hebend, einer mehr und mehr um sich greifenden Verbrennung zuführt.
Verbrennung: Das Denken, sein blickender Charakter und sein in Einklang mit den Geschehnissen sich vollziehender Willenscharakter, beide Anteile schwingen in eins, werden von dem Proteus, dem schaffenden Auge im Denken gebündelt und gleichsam an Zügel gelegt. Das so geschaffene Gefährt wird seine Fahrt auf den Wogen des Ausnahmezustandes aber nur aufnehmen können, wenn das rechte Mass im Fühlen vom Herzen her damit verbunden werden kann.
Das klingt jetzt fasst ein wenig poetisch, scheint sich einer „wissenschaftlichen“ Beurteilung zu entziehen, ist aber nichts desto trotz exakt. Um Erfahrungsaussagen hier machen zu können ist der Thron „beurteilender“ Vergleichsanalyse zu räumen. In die Dynamik eines real erfahrenden Ausnahmezustandes innerhalb des Denkens kommst Du nicht hinein, wenn Du in Deiner inneren Betrachtung der dualen Beurteilung verhaftet bleibst. Entweder öffnest Du Dich hier einer fliessenden Dynamik oder Du scheiterst mit Deinen innerlich krampfenden Bewegungen um scheinbare Sicherheiten, mit der Angst um Deine abstrakten Gewissheiten an Scilla und Charyptis.
Denken mit Kurs auf das Erfahren des Ausnahmezustandes ist ein Einhand-Segelunternehmen durch zahllose innere Stürme und Kenter-Erfahrungen.
Soviel für heute.

Bernhard Albrecht

Begeisterung

                Sänger bin ich -
                im Chor der Engel -
                Lichtjubel,
                in der Gebärde meiner Arme!

                So rüttle ich am Gebälk dieser Welt,
                auf dass alle Schutzschilder -
                zerbrechen
                und ein grosses Werde
                die Herzen der Menschen
                in gemeinsamem Tun verbindet.

                Hier und jetzt will aus Deinem Tun,
                durch die Kraft der Güte,
                auferstehen das neue Jerusalem.

                © Bernhard Albrecht, 1995/2011
                (In Erinnerung an einen grossen Menschen,
                der das Wort führt durch die Schleier
                einer geistigen Behinderung)
   
                Aus aktuellem Anlass heute sieben Jahre nach seiner ersten Veröffentlichung
                erneut eingestellt.

Postskript:
Der Geist weht, wo er weht, er stürmt mitunter oft geradezu durch ein Wort, das auf den ersten Blick die innere Sicht auf seinen tieferen Gehalt nicht frei zu geben scheint!
Der Gedanke ist des Gedanken grösster Feind, dort wo ich  allzu schnell in ein Vermeinen abgleite, ich hätte mit einem Gedanken bereits dessen geistige Wirklichkeit erfasst. Das Vorurteil (eine wie auch immer geartete Befangenheit durch Erfahrungen der eigenen Vergangenheit) ist jene geschlossene Tür, an der ich mir den Kopf anschlagen muss, solange bis ich lerne mir ein Gespür für „die Bewegung“ hinter einem Wort bereit bin mir anzueignen, bis ich vordringe zu einer rundum Offenheit gegenüber dem Wort-Sagen anderer Menschen, in der das Wort aus sich selber in seiner tieferen Bedeutung bereit ist sich zu enthüllen.
Ich kann viel zur Umschreibung eines scheinbar nicht mehr so ganz gebräuchlichen Wortes sagen. Wenn nicht innere Beweglichkeit, fragendes Lauschen einem Wort von "tatsächlich interessierten" Menschen zur Verfügung gestellt wird, dann wird auch ein ganzer Roman zur Verdeutlichung desselben nicht wesentlich weiter helfen. Neben dem fragenden Lauschen ist nicht zuletzt die Authentizität dessen ausschlaggebend durch den ein Wort vermittelt wurde. Und die Authentizität des Menschen, der durch dieses Gedicht spricht, gehört zu einer von den ganz grossen Erfahrungen, die ich in meinem Leben machen durfte.
Ich habe keine Sorge, das junge Menschen die Aussage dieses Gedichtes nicht verstehen können, weil sie am Ende über ein Wort stolpern, das ihnen vielleicht nicht so ganz geläufig ist. Im Gegenteil, wer hier stolpert, der bekommt die Chance vertiefter zu erwachen für das, was diesem Wort vorausgehend in dem Gedicht „entscheidend“ zum Ausdruck kommt.
Im Übrigen war dieses Wort vom „neuen Jerusalem“ immer ein Synonym für „the wind of change“ in den jeweiligen gesellschaftlich kulturellen Verhältnissen. War dieses Wort ein Trompetenschall zum Aufbruch aus festgefahrenen Verhältnissen in eine neue, Geist transparentere Welt, als die gegenwärtige. Und dieser Trompetenschall ging zu keiner Zeit von den etablierten Religionen oder politischen Parteien aus. Er war immer ein Aufbruch Signal von der Peripherie her, ein Signal aus dem Kreis von Menschen, die lauschend die Quelle des Geistes in einem neuen Brunnen zu fassen suchten.
Dort, wo das Wort vom „neuen Jerusalem“ authentisch, also von seinem tieferen Geist durchdrungen laut wurde, dort hat es die Menschen über die eigene Trägheit hinaus stets zu neuen Horizonten geführt.
Die etablierten Religionen und Parteien sind an den Versuchen sich diesen Geist der Veränderung für irgendwelche Machtinteressen dienstbar zu machen letztendlich immer gescheitert. Denn dieser Geist kann nicht instrumentalisiert werden, er kann nur dann wirken, wenn der Mensch individuell für sich „Veränderung“ zulässt, lauschend in sich hinein die Stimme seines Ich vernimmt.
Wie sehr „the wind of change“ verwehen kann, wenn er nicht durch Authentizität initiiert wird, wenn Fake-News Gehabe das politische Geschehen bestimmen, kann aus den jüngeren Geschehnissen in Amerika von dem der will abgelesen werden.
Auf welch Messers Schneide "the wind of change" entlang läuft, das zeigen auch die gegnwärtigen Geschnisse in Chemnitz. Kleinkariertes Worte Gerangel um die Meinungshoheit unter den Parteien jenseits eines ernsthaften Gespürs für ein inneres Aufstehen in eine "individuelle Kehrtwende" hinein zeichnen das gegenwärtige Bild sozialen mit- und gegeneinander.
Der Geist aber weht dort, wo ich ihn an meinem Vorurteil vorbei Einlass gewähre.
Ich halte die Mehrheit der heutigen Jugend innerlich für unterscheidungsfähig genug dem „lebendigen Geist“ auf die Spur kommen zu können!

Bernhard Albrecht