Dienstag, 29. März 2022

Der so andere Mensch 1

Der so andere Mensch, berechtigt das die Frage was weis ich wirklich oder eher die, weis ich, dass ich nicht weis? Allein schon die stille, schnell wieder beiseite geschobene Möglichkeit ich könnte etwas über den anderen Menschen nicht wissen, ruft ein leises Rumoren am fernen Horizont meines Inneren hervor, das Zittern eines vorbeigehenden Schwankens auf dunklen Seitenwegen abseits meiner beleuchteten Strasse. Bleibe ich im Augenblick des berührt Werden hier nicht stehen, um mich zu vergewissern was mir da geschah, dann schliesst sich der Schleier des schönen Scheins schnell wieder um mich. Die nicht gestellten und verfolgten Fragen sind es, die mich fern halten von der Wirklichkeit jenseits des schönen Scheins und … wer will es schon genauer wissen, ich gehe stattdessen unbemerkt lieber den Weg der Illusionen weiter, um der Anstrengung zu entgehen über das hinauszusehen was das tatsächliche Erfahren und Durchleben von Wirklichkeit betrifft.

Was ist so angeschaut also die Wirklichkeit jenseits des schönen Scheins und … wer ist demgemäss der andere Mensch, so ich konsequenter in das hinein frage, was er mir anzeigt? Ein Mensch mit seinen ganz eigenen Lebensereignissen, die er auf seine ureigene Weise zu durchleben und umzuwandeln hat? Billige ich ihm das zu, lasse ich ihn im einander Begegnen seinen Weg gehen oder grätsche ich mit diesem oder jenem Ja-Aber dazwischen, eingepackt in eine Ausdrucksweise „ich weiss es besser“? Wie gelange ich vor diesem verborgenen Hintergrund also zu einem je neuen Verständnis seiner Lebensgebärde im Begegnen über meine Vorstellungen hinaus? Wie kann ich die Schleierbildung zurückhalten, sodass sie sich nicht immer und immer wieder „zu unrecht“ über einen anderen Menschen legt, über den Menschen, der mir in diesem Augenblick eigentlich der wichtigste Mensch unter allen anderen Menschen sein sollte?

Aufmerksamkeit: Die Selbstverständlichkeit einer Annahme, wie z.B. der, die Lücke im Verkehrsfluss sei gross genug, dass der PKW vor mir doch endlich die Kreuzung passieren könne. Welche Fehleinschätzung der Situation könnte hier vorliegen? Zum einen, ich kann einfach nicht meine Einschätzung bezüglich der Grösse der Verkehrslücke so ohne weiteres zur Grundlage für das Handeln des Verkehrsteilnehmers vor mir machen. Was sieht er möglicherweise das ich nicht sehe? Und, er muss die Verkehrssituation mit seinen Fähigkeiten der Fahrzeugbeherrschung meistern können. Da steht mir mit meinem Fahrvermögen schlichtweg keine Entscheidungsbefugnis zu. Also Klappe halten … und die Aufmerksamkeit auf die eigene innere Seelische Verfasstheit richten. 

Bin ich hier mit meinem Drängeln auf den Verkehrsteilnehmer vor mir in meiner Mitte verankert? Das sich mehr oder weniger in einem solchen Augenblick ausser sich Erfahren, wie wirkt sich das auf das eigene Fahrvermögen aus? Kann ich von der Bedächtigkeit des Verkehrsteilnehmers vor mir etwas lernen? Steht diese Frage an mich in dieser Situation vielleicht in erster Linie vor mir? Muss „ich“ mehr an meinem inneren zentriert Sein arbeiten, um der Vertiefung eigener Willenskultur willen anstatt mit den Chaos Kräften aus meinem Unbewussten heraus um mich zu ballern?

Was soll das höre ich von innen her mir wie zuflüstern. Es bekommt ja niemand mit welchen aufgebrachten Dialog ich soeben in meinem Inneren führe. Hm, wirklich? Greifen die Kräfte, die mich von innen in meinem Auto bestürmt haben wirklich nicht weiter um sich? Kann ich das wissen?

Die nicht gestellten, die nicht erwartungsbereit offen gehaltenen Fragen sind es, die mir ein vertieftes Wirklichkeit Verstehen in der eigenen Anschauung versperren. Ein Verstehen welcher Wirklichkeit? Wie von Ferne spüre ich, dass mich da eine Wirklichkeit leise berührt, die nicht so fest gefügt ist wie die, mit der ich es ansonsten in meinem vertrauten Alltag zu tun habe. Diese Wirklichkeit fordert mich und deshalb wische ich sie von allem Anfang des leisen Berührt Werden durch sie lieber schnell wieder beiseite. Sich was die eigene innere Anschauung betrifft zu weiten und damit vor Entwicklungserfordernisse gestellt zu sehen, die mir eine erhöhte Verantwortung über mein gegenwärtiges Sein hinaus aufbürden könnten … ? Da gehe ich doch jetzt nach Corona lieber wieder einmal in den Club und tanze mit dem Teufel. Koks eröffnet mir neue Wirklichkeitsräume ohne Anstrengung.

Ohne Anstrengung …? Ja, mit Koks kann ich die Clubnacht und manch andere Tage auf den Wogen des Flow scheinbar anstrengungslos durchwandern. Scheinbar. Doch sind die dabei gemachten Erfahrungen, sind diese tatsächlich als Mittel geeignet für die eigene grundständige Lebensbewältigung? Durch den Tag gammeln, verführen oder sich jagen lassen was heisst ohne bewusst gesetzte Initiative im Mainstream abzutauchen, bzw. als Wutbürger ideologisch mehr oder weniger gut gepanzert über die Randsteine desselben sonor zu kotzen, ist das die Haltung mit der sich durch die gegenwärtige „Zeitenwende“ gehen lässt? Ist das Spinnen von Verschwörungsgeschichten wirklich geeignet für einen Reset von innen. Ja von innen, denn „alle“ Erneuerung kann niemals von aussen erwartet werden, sie kann nur bei mir beginnen. Sie liegt also in meiner Selbstverantwortung zur Willenskultur, in unserer aller gemeinsamen Verantwortung den längst überfälligen Reset von innen auf individuell vielfältige Weise wechselseitig zu unterstützen.

Reset als Zeitenwende: Schon das Wortteil Wende im Gesamtwort Zeitenwende impliziert in der anschauenden Rückbesinnung, dass diese Wende nicht anstrengungslos zu bewerkstelligen ist, also nur unter der Einbeziehung eigener Willenskraft überhaupt möglich werden kann. Das Wortteil Zeiten… umfasst darüberhinaus einen grösseren Zeitraum und damit verbunden die Frage, um nicht zu sagen geradezu ein individuell zu differenzierenden Fragen Komplex, der sich daran knüpfen lässt, verbunden mit der Grundfrage was denn Zeit ihrer Essenz nach überhaupt sei. Hand aufs Herz, was ist Zeit für Sie werter Leser dieser Zeilen? 

Zeit: Gestern, heute, morgen … die Minuten unmittelbar vor diesem Jetzt, in denen sie mit so mancherlei Gedankenbruchstücken innerlich Umgang pflegten, der Termin in einer Stunde, der Augenblick da sie hier lesen und aufgefordert werden sich Gedanken darüber zu machen was sie „erleben“ während sie dieses hier lesen. Hören sie hinein in meine Worte? Was spüren, empfinden oder erfahren sie in ihrer Art innerlich eine Verbindung einzugehen mit diesen Worten. Verbindung … sich verbinden: Hat das nicht etwas mit Bewegung zu tun? Bewegung und Wille, denn genauer besehen wird Wille ohne Bewegung für mich nicht erfahrbar. Dynamische Willenserfahrung als Folge der tieferen Einlassung auf das lesend erhörte Wort hin? Im Urbeginn war das Wort …

Kommen wir zur Sache oder tasten wir uns zumindest für einen kleinen Augenblick an den Rand dessen heran, wo es beginnen könnte in eigene tatsächlich so zu benennende dynamische Willenserfahrungen einzutreten. Im Urbeginn war das Wort: Urbeginn … eine Zeitdimension weit vor meinem gegenwärtigen Erfahrungshorizont, ein durch mich nicht erfassbarer Zeitaugenblick, und von daher ein mit dem Hauch von Unwägbarkeit verhüllter Verweis auf eine ferne Zeit „schöpferischen“ Urbeginns. Urbeginn verlegt in einen transzendenten Zeitenraum? Oder möglicher Urbeginn dort wo ich mich tatsächlich einlasse auf das Wort, beginne meditativ Umgang mit dem Wort zu pflegen unter Ausschluss aller Vorstellungen im Hier und Jetzt.. 

Der so andere Mensch und der Umgang mit Worten die durch ihn von aussen wie gleicherweise von innen an mich herantreten. Eine Möglichkeit habe ich dazu oben in meinen Ausführungen skizzenhaft ausgeführt. Sehr viele weitere derartiger Begebenheiten könnten, müssten hier jeden Tag tiefer untersucht werden so ich in meiner Person auch nur anfänglich zu eigenen dynamischen Willenserfahrungen vordringen will. Vorstellungen … wagen Sie dies nur ein klein wenig sich „bildhaft möglichst anschaulich“ vor Augen zu stellen, dass Vorstellungen sich wie Killer Spinnen verhalten können. Killer Spinnen durch deren fein gesponnene Maschen die im konkreten Augenblick nicht neu belebten Vorstellungen als Abstraktionsleichen hindurchfallen. Der schöne Schein weiter im Modus des Nicht Hinterfragens bestehen bleibt.

© Bernhard Albrecht Hartmann 29.03.2022


Donnerstag, 17. März 2022

Wind/Worte 1

Wie viele Perlen trägt doch der Wind des Lebens unversehens unscheinbar an mir vorüber, wieviel Perlengeflüster geht im medialen Kampf um die Meinungshoheit, um das „up to date“ Sein auf Randwegen der Aufmerksamkeit verloren.  Wir leben in einem sozialen Kräfteorganismus. Von daher ist Innehalten um nicht nur zu registrieren, sondern bewusster aufzunehmen eine Zeitnotwendigkeit. Ist Ansichtig-Werden von „WindWorten“ im überbordenden Informationsalltag  so wichtig, heisst in gehaltenen Freiräumen atmend sich inspirieren lassen - um gelebter Freiheit willen. Bedeutet das tiefer hinein Lauschen in so dies und das eines Nebenbei, das der Wind mir von den Rändern des Lebens, ob von innen oder aussen zuträgt geistig am Leben zu bleiben.

Gerade heute ist „offen bleiben für das Licht Friedensarbeit,“ Friedensarbeit, die aus mir und der Umgangsweise mit meinen Gedanken und Gefühlen hervorgeht. Ist Perspektivenwechsel meinen eigenen Gedanken und Gefühlen gegenüber zeitgemässe Friedensarbeit. Denn Tretmienen liegen nicht nur auf den Strassen der Vorstädte von Kiew, sondern auch unter den Mustern meiner Denkgewohnheiten und Gefühlswallungen verborgen, Tretmienen, die von einem Augenblick auf den anderen die Mitglieder einer Familie auseinanderreissen können. Tretmienen weil z.B. meine Angst grösser ist als mein Vertrauen. 

Kinder müssen ihre eigenen Wege gehen dürfen … ohne dass Mütter und Väter sich verleugnen bis zum geht nicht mehr nur um „zusammenzuhalten.“ Da krachen halt dann auch mitunter abrupt berstende Eischalen durch den eben noch einvernehmlich erscheinenden Familien Zusammenhalt. Das  Nesthäkchen findet Worte, die Eigen-Sinn wie auch individuelle Eigenart ausdrücken und führt die Trennung aus dem Familienverbund herbei nicht ohne eine Rauchbombe der Schuldzuweisung zurückzulassen. Schuldzuweisung, die eine Mutter nicht zu sich nehmen muss, weil sie im Grunde nur ein Abwehrfeuer zum Ausdruck bringt um in diesem Augenblick nicht der vollen Konsequenz der eigenen Freiheitsentscheidung begegnen zu müssen. Vegan essen wollen ist das eine, es nicht zu wollen oder zu können das andere. Wenn ich das will muss ich mir die Bedingungen schaffen ohne jedwede Vorwürfe oder gar Forderungen gegenüber anderen. Das ist dann  im Gegensatz zu ideell beanspruchter Freiheit gelebte Freiheit. Die aber tut weh, weil sie auf zumindest partiellem Verlust gründet.

Freiheit leben ist ein Weg in die Einsamkeit. Das aber wissen Jugendliche zu Anfang nicht, müssen es auch nicht wissen, denn sie sollen sich auch unbeschwert erproben dürfen. Das Geheimnis ist, dass still begleitendes Vertrauen sie späterhin gereifter zurückfinden lässt. Vertrauen und zeitgleiche Bemühung die eigene Freiheitsarbeit im Umgang mit persönlichen Gedankenmustern und Gefühlseigenarten einer leisen Wandlung zu unterziehen, das lässt Zusammenhalt auch über einen langen Zeitraum nicht verlorengehen, lässt vielmehr Fähigkeiten reifen sich späterhin über das Eltern- Kind- Verhältnis hinaus auf Augenhöhe neu begegnen zu können. Friedensarbeit bedeutet  hier also loslassen.

© Bernhard Albrecht


Sonntag, 13. März 2022

Die innere Haltung der leeren Hand

Auf was lasse ich mich mit diesem Titel schreibend wie lesend ein: „Die innere Haltung der leeren Hand?“ Was bedeutet das, mit was habe ich es zu tun, wenn ich hier von der inneren Haltung der leeren Hand zu sprechen versuche?

Haltung … innere Haltung … innere Haltung der leeren Hand: Haltung hat etwas mit Aufrechte zu tun, innere Haltung mit Abgrenzung nach innen wie gleicherweise nach aussen, innere Haltung der leeren Hand bringt Offenheit und Unvoreingenommenheit ohne wenn und aber zum .Ausdruck. Drei grosse und von daher herausfordernde Ausdrucksweisen seelischen Verhaltens also. Aufrechte, Abgrenzung und Offenheit. Mit den beiden ersteren Charakterisierungen der Aufrechte und Abgrenzung kann ich mich rückbesinnend unmittelbar identifizieren, nicht aber mit der dritten, also letzten Charakterisierung. Da scheint mir über die genannte Offenheit im betrachtenden Verstehen hinaus etwas noch nicht erfasst zu sein. 

Gewiss die ausgestreckte Hand kann Offenheit ausdrücken, auf was weist in diesem Zusammenhang jedoch die explizit so benannte „leere“ Hand? Die ausgestreckte Hand, die zugleich leer erscheint, ist dies nicht ein Widerspruch in sich? Die „ausgestreckte“ Hand, die nichts enthält, also von Angesicht zu Angesicht im aufeinander Zugehen leer erscheint … ? Auf was werde ich da gleichsam hingestossen, wenn ich im Hinschauen auf die leere Hand, im Ergründen der Leere, die mich anweht, wenn ich die leere Hand erlebend in mein Betrachten aufnehme, sie also nicht zurückweise weil sie leer ist oder gar an ihr vorübergehe? Sie, die leere Hand mithin als Tatsache ernst nehme und … in ihrem besonderen Ausdruck zu verstehen trachte?

Die leere Hand als untergründige Willens- und Herzgebärde: Die leere Hand als vorurteilsfreie, mithin von berechnend hintergründigen Interessen freibleibende ausgestreckte Hand. … Die Willenshaltung zum Ausdruck bringend, welche weit über das landläufig offenherzige aufeinander Zugehen und Händeschütteln hinausgeht. Eine Willensgeste nicht nur vordergründig diplomatischer Offenheit, sondern die Geste, die gepaart mit dem in die Weite und Tiefe reichenden umfassend menschlichen Interesse … und der „allseitig“ schöpferischer Lösungs- wie Tatbereitschaft einhergeht. 

Die Willensgeste, die zumindest den Menschen in Europa von heute an tagtäglich zunehmend unmissverständlicher eine innerlich selbstverantwortete oder von aussen her angeordnete Haltungsumkehr auf Neulande hin abverlangen wird. Denn anders werden wir die Ansage einer „Zeitenwende,“ die sich untergründig schon mindestens einhundert Jahre anzeigte und die seit wenigen Tagen in der Ukrainekrise nunmehr offen zu Tage tritt weder als einzelne Individuen noch im staatlichen Gemeinwesen Verbund bewältigen können.


Intermezzo. Ich greife auf ein eigenes biographisches Erleben zurück. !985 begegnete ich in einem längeren Gespräch der Witwe des Malers Gerhard Reisch. Sie schlug im Anschluss daran eine Mappe mit verschiedenen Entwürfen ihres Mannes auf, blätterte ein wenig darin und reichte mir daraus als Geschenk einen kleinen unscheinbaren Linoldruck. Dieses Bild brachte in seiner Schlichtheit eine stille Kraft und Entschlossenheit zum Ausdruck, die mich über die Jahre, ohne dass ich das Bild jeweils erneut direkt betrachten musste, auf meinem Lebensweg begleitete. Es prägte von innen her mein weiteres Dasein. Abgebildet war der Erzengel Michael, gestützt auf sein Schwert stehend an der Seite eines felsigen Hügels. Blickend auf ein weites Feld kriegerischer Zerstörungen.


Heute stehen wir in Europa und weltweit nun von einem Tag auf den anderen vor ungeheuerlichen kriegerischen Zerstörungen angesichts einer völkerrechtswidrigen Invasion in die Ukraine durch Vladimir Putin. Was bedeutet das über die umfänglich in Gang gesetzten Hilfsinitiativen für die Ukraine hinaus für unser aller Selbst- und Menschenverständnis? Sind wir bereit uns auch nur ein wenig über den Horizont unseres weltweit Vernetzt-Seins im Internet hinaus zu bewegen? Können wir sehen, dass über viele Facebook Scheinfreundschaften hinweg unser aller Seelenleben einen Einfluss auf das Weltgeschehen hat, dass wir also nicht nur in einem von vielen Zwängen geleiteten Sozialgefüge leben, sondern in einem allseitig gestaltbaren geistig seelischen sozialen Kräfteorganismus? 

Wenn wir das tiefer anfangen zu sehen, dann ergibt sich daraus in der Konsequenz eine viel grössere Verantwortung nicht nur für das politische Establishment, sondern für uns alle. Folgt dem gegenwärtigen Umdenken in der Politik über die anfängliche Hilfsbereitschaft für die Flüchtlinge aus der Ukraine hinaus ein weiter reichender Haltungswandel unter den Bürgern? Wollen wir also zulassen dass am Ende wieder die vergänglichen Informationsfluten, die sich über unsere Fernsehschirme in unterschiedlicher Weise manipulativ entfesselt verbreitet haben eimal mehr uns "einfach so" überrollten? … Oder ist die Wirklichkeit der Zeitenwende, unser aller Entscheidung. Wer bin ich und was will ich von daher nachhaltig beitragen zu Frieden und Menschsein? „Zeitenwende“ wirksam ernstgenommen ist in meinen Augen jedenfalls kein Spaziergang.

An dieser Stelle tritt mir das Bild Johannes des Täufers bei der Jordan Taufe innerlich vor Augen. Nicht aber als ein Bild mit historisch religiösem Hintergrund, sondern vielmehr als ein gegenwärtiges Ereignen, in dem wir alle gleichsam durch ein Bad der Reinigung von vielen Illusionen schreiten. Die kommende Zeit wird uns innerhalb dieses Prozesses aus meiner Sicht noch einiges mehr als uns lieb sein wird abverlangen. Metanoia auf allen Ebenen. Das heisst in Konsequenz erkenne dich selbst im Prozess eigener Willenserweckung. 

Damit komme ich zurück auf die innere Haltung der leeren Hand. Sie ist im Grunde der Ausdruck des sich ins Nirgendwo stellen. Ist von dort her die Herausforderung selbstverantwortete Wegfindung anzunehmen. Ist mit der Angst das Fürchten zu lernen, weil alle Ego Anhaftungen und somit Sicherheiten, sprich Haltestangen hier fallen. Ist Ich-Geburt durch zu gestaltenden ethischen Individualismus im eigenen Willen. Ins Nirgendwo … stellen: Im Sinne des Sokrates heisst das mich denkend hindurch bewegen durch den Frageraum des  „ich weiss dass ich nicht weiss,“ mich schmerzhaft auseinanderzusetzen mit all seinen Aspekten, Angst und Bodenlosigkeit, Furcht und Dunkelheit, um am Ende die Halt gebende Leine durch das Ego preiszugeben und die Erfahrung einer wachsenden Gestaltungskraft im dynamischen Fortgang auf neue Bewusstseinsstrukturen hin annehmen zu lernen. 

Die Ukraine Flüchtlinge werden durch Bomben, die ihre Häuser zerstören ins Nirgendwo geschleudert, von einem Augenblick auf den anderen gefordert in tausend folgenden Augenblicken am Rande des Nichts neue unbekannte Wege zu finden; der aktiv Selbsterkenntnis Suchende lernt auf seinem Weg Dualität nicht länger gegen seine Weggenossen einzusetzen, bzw. auf sein gesellschaftliches Umfeld zu projizieren. Er lernt aus seinen Erfahrungen vielmehr die Spannungen von Sympathie und Antipathie, das unvermittelt herauf drängende Chaos der eigenen seelischen Unterwelt immer mehr allein in sich aufzulösen anstatt in endlosen Streithaltungen weiterzuschleppen. Die Geschichte von einem der auszog das Fürchten zu lernen ist die Geschichte der von innen her leeren Hand, die Geschichte vom leeren Willen angesichts des  N - ich - ts, also der Auflösung meiner Fragen des „weiss ich dass ich nicht weiss.“ Die Geschichte von einem der auszog das Fürchten zu lernen ist die Geschichte von einem jeden von uns in seiner individuellen Einzigartigkeit auf diesem Weg hineinzufinden in das Ich-Erwachen und darin mehr und mehr einzugehen in die zeitgemässe Erfahrung lebendiger Geistesfülle.

© 13. 03. 2022 Bernhard Albrecht Hartmann