Mittwoch, 30. März 2016

Kommentar Dialog im Nachgang zu meinem vorausgehenden Blog Beitrag

https://egoistenblog.blogspot.ch/2016/03/sich-mit-den-keimenden-kraften.html?showComment=1459269726254#c4057380707929952557

Michael Eggert Montag, 28. März 2016 um 22:26:00 MESZ

„Vielen Dank für die Hinweise! Ich denke, die spezifischen Verschärfungen der Auseinandersetzungen in spirituellen Gemeinschaften hat Steiner in seinen "Briefe an die Mitglieder" umfassend erklärt. Durch Anonymität im Netz, Neo- Guruismus und Rudelbildung bedingt, verstärken sich einerseits diese Probleme. Andererseits gibt es eine Menge Menschen, die an all dem längst gelernt haben, selbständig und konstruktiv arbeiten- vor allem auch uneitel. Solche Begegnungen sind immer sehr erfreulich. Im übrigen denke ich, dass Auseinandersetzungen nicht ausbleiben und auch nicht "aus spirituellen Gründen" vermieden werden sollten. Wie weit man sich hinein verwickeln lässt, ist eine andere Frage. Ein reflexhaftes Reagieren ist meist ebenso dumm wie Friedens- Bullshit- Gerede, das die Konflikte nur vernebelt. Strategisches Fechten aber- warum nicht?“

Bernhard Albrecht Dienstag, 29. März 2016 um 18:42:00 MESZ

Ich schätze Klarheit in der eigenen denkenden Blickweise. Deshalb beginne ich mit meiner Antwort vom Ende Deiner Antwort an mich.
„Strategisches Fechten aber - warum nicht?“
Nun Michael, ich kann wohl schlecht von der Notwendigkeit „einer weitaus grösseren Anstrengung zu sachlichem Umgang untereinander“ sprechen, wenn ich meinerseits mir hier nicht die jeweils grösstmögliche Anstrengung selber abverlange und mich gegen innere seelische Aufwallungen sorgsam abgrenze. Strategisch innerhalb sozialer Entwicklungsprozesse zu taktieren oder zu fechten setzt unterschwellig nur destruktive Kräfte frei, bzw. macht die Wände dünn durch die sie einbrechen können. Auf dem Boden aber einer sachlichen Zurückhaltung kann ich meinerseits dazu beitragen, dass sich ein „lebendiger“ dynamischer Freiraum bilden kann in dem Einander Widerstreitendes von sich aus mit sich in einen inneren Dialog einzutreten vermag, der ein keimhaft selbstkorrigierendes Umorientieren ermöglicht. Zurückhaltung als non-verbaler Ausdruck von Wertschätzung, in „aktiv“ innerer Teilhabe (Zeugenschaft) ohne sich „persönlich“ involvieren zu lassen und ohne eine implantierte eigene Erwartung. Eben durch und durch … seelischer Beobachter.
Natürlich kann und darf ich mich gegebenenfalls auch nicht um Auseinandersetzungen herumschleichen, ein Konvolut spirituell eingefärbter Schleier vor mir her tragend. Die Frage ist nur, ob solche Auseinandersetzungen in einem Begegnungsraum oder in einem dualistisch aufgeheizten Streitraum stattfinden. Von welchem Raum aus hat ein Freies Geistesleben wohl die grössere Chance ins Leben kommen zu können?
Die Toleranz Tänzchen, die bei spirituellen Veranstaltungen um eines übergreifenden Zusammengehörigkeitsgefühls willen nicht selten  geradezu zelebriert werden, entspringen aus meiner Sicht keinem lebendigen Freiheitsverständnis. Das Schwert kann und darf gezogen werden. Nur, muss ein derartiges Unterfangen auch das Köpfen meines Gegenüber zur Folge haben? Das Schwert aus einer nondualen Haltung heraus zu ziehen ist eine hohe Kunst.
Anonymität im Netz und Rudelbildung kannst du nur mit eigener Authentizität begegnen. Diese allerdings fortlaufend immer klarer aus sich heraus zu modellieren ist mit dem Mut zu einer inneren Seefahrt zwischen Skylla und Charibdis hindurch verbunden. Wenn andere Menschen die Durchfahrt durch diese innere Meerenge vermeiden wollen und wie einst Aeneas lieber um Sizilien herum segeln, dann sollen sie das tun. Mein Weg ist das nicht.
Abschliessend noch dies, damit es bezüglich meines Verweises auf Skylla und Charibdis zu keinen Fehlinterpretationen kommt: Skylla und Charibdis sind Prozessgebärden, die sich durch die seelische Beobachtung verifizieren lassen.

Bernhard Albrecht

Michael Eggert Dienstag, 29. März 2016 um 22:36:00 MESZ

Sehr schön, auch das Bild der Meerenge- Danke!


Anonym Dienstag, 29. März 2016 um 23:17:00 MESZ

..auch von mir..
Danke!
m.butty

Montag, 28. März 2016

Sich mit keimenden Kräften anfreunden ...

Anmerkungen zu einem Beitrag von Michael Eggert auf:

http://egoistenblog.blogspot.ch/2016/03/sich-mit-den-keimenden-kraften.html

Die Passage, die Michael Butty in seinem Kommentar zu Deinem Beitrag hervorhebt … Ich will sie der Anknüpfung halber noch um die unmittelbar nachfolgende Passage ergänzen.
„Die Keimkräfte gedeihen nicht, ohne dass im schlichten Schweigen die selbstbezogenen Schalen beiseite gelegt sind, die bislang Identität, innere seelische Strukturen und biografischen Kontext fixierten. Die Selbsterfahrung in reiner keimender Bewusstheit ist derart kraftvoll,“
(von hier ab erlaube ich mir Deinen Text in einer mir wesentlich erscheinenden Nuance ergänzend zu verändern)
dass ich sie in mir zwar beobachten kann, dass ich diese Kräfte aber nicht so einfach in der Lage bin sie nach dieser oder jener Seite hin auszuloten; ich kann sie in ihrer … Kraft - als Licht, als Dynamik oder in einer grossen Imagination - zwar erfahren, aber als dieser Mensch, der ich bin, nur in kleinen Dosen ertragen und gestaltend umsetzen.
Warum ist ein derartiges Unterfangen so schwierig? Weil es aus meiner Erfahrung heraus einfach „alleine“ nicht geht. Ich sehe mich gefordert zu lernen gerade die Menschen um mich herum wertzuschätzen, als meine Helfer anzuschauen, mit denen ich, salopp gesagt, es auf ein Erstes hin gar nicht kann, bzw. ich es sehr schwer habe einen Umgang auch nur ansatzweise zu finden. Diese Menschen sind nämlich, wie ansonsten wenige andere Menschen, in der Lage mein Unbewusstes im Spiegel ihres Denkens in einer Weise aufzubrechen, dass ich von daher meinerseits in seelischen Beobachtungen in die Gänge komme und festgefahrene eigene seelische Strukturen im stillen Anschauen umgestalte. Wer mir auf die Füsse tritt, der verdient aus meiner Sicht Beachtung nicht nur nebenbei, weil er mir Merkzeichen setzt, wie ich Karma zum Wahrhaftigen hin umgestalten kann. …
Ein fremdes Denken bekämpfen, es von oben herab abschätzig zu betrachten oder gar widerlegen zu wollen ist also in sich widersinnig, weil kontraproduktiv zu jeder sich entwickelnd wollenden Freiheitsbestrebung. Abgrenzung macht nur Sinn eigenen inneren Aufwallungen gegenüber. Alles andere wirkt genauer besehen nicht selten kränkend in Bezug auf den anderen Menschen oder provoziert den Dissens und kann demgemäss aus einer Gefühlslage heraus nicht verstanden worden zu sein diesen nur anstacheln zu weiteren, immer mehr ausufernden Attacken.
In menschlichen Zusammenhängen, innerhalb derer „Geisteswissenschaft“ aus den verschiedensten Zusammenhängen und Hintergründen heraus zu einem Interesse wird, bedarf es aus meiner mittlerweile langjährigen Erfahrung einer weitaus grösseren Anstrengung zu sachlichem Umgang untereinander, als in sozusagen klassischen wissenschaftlichen Diskurs Abläufen.  Hier kann das abstrakte Denken eine gewisse abfedernde Schutzfunktion ausüben, wo andererseits keimende Bewusstseinskräfte viel stärker sich der Gefahr aussetzen unmittelbar in die Abgründe chaotischer Kräftewirkungen hinein gezogen zu werden.
Sobald ich es wage das Visier meines Gedankenhelms auch nur leicht anzuheben, also meine Vorstellungsschablonen hintenanstelle und in meiner inneren Ausrichtung von meinem jeweiligen Gegenüber her keimhaft versuche zu denken, mache ich mich verletzlich. Ich öffne damit aber zugleich den Weg zu einer Freiheit, die mehr als ein Wortspiel ist. Ich eröffne für den anderen Menschen, wie gleicherweise für mich, die Möglichkeit eine innere Wesensumkehr von der Ego-Perspektive hinein in eine nonduale Ich-Dynamik langsam vollziehen zu können.

http://egoistenblog.blogspot.ch/2016/03/guru-steiner-das-kuckucksheim-fur.html

Dieser Link hier bedarf vor dem oben Gesagten eigentlich keiner weiteren Erläuterung im Einzelnen. Er enthält viel, viele denkbare Ansätze und auch innere Herausforderungen, um knospend Keimendes in seelischen Beobachtungen in sich zu veranlagen und Prozesse dieser Art still zu pflegen, hin zu mehr innerem Wachstum von in die Tiefe gehender Überschau. Zeugenschaft erscheint mir wirkkräftig erst dort präsent zu werden, wo die Konsequenz eigener Umwandlung in inter-subjektiven Prozessen ohne wenn und aber schmerzlich angenommen und fortlaufend neu erfahren wird. Verdikte offen oder verdeckt, in der einen oder anderen Weise über wen auch immer auszuschütten sind letztlich nicht zielführend.
Um einen Begriff von Michael Butty aufzugreifen, der „Eiter“ der Strasse kann mich selbst aus unscheinbaren Ritzen in kommunikativen Interaktionen anfallen. Und wenn er mich anfällt, dann verweist dieser Umstand aus meiner Sicht nur auf schwärende Wunden, die ich, bisher vielleicht unerkannt, mit mir herum getragen habe.

Abschliessend noch einige Anmerkungen zu der mir sehr bedeutsam erscheinenden Frage, ob einem Eingeweihten widersprochen werden dürfe.
Ich kann einem Nobelpreisträger der Physik widersprechen, wenn ich mir das wissenschaftsmethodische Instrumentarium für eine durchgehend sachliche Argumentation  innerhalb eines allfälligen Widerspruchs erarbeitet und darüber hinaus dieses auch verinnerlicht habe. Ich kann einem Eingeweihten widersprechen, wenn ich mich über ein sich Anfreunden mit einem keimenden Bewusstsein hinaus, wie es Michael Eggert in seinem Blog Beitrag in schöner Weise ausgebreitet hat, zu einem forschenden Bewusstsein auf dieser Grundlage aufrichten habe können. Da es meiner Kenntnis nach heute keinen Personenkreis gibt, der beratende Hilfe und Begleitung für Menschen gewährt, die einen inneren Entwicklungsweg zu geistigem Forschen gehen wollen, fällt die Selbstverantwortung nur um so schwerer ins Gewicht.
Für die Diskursfähigkeit einer „Geisteswissenschaft“ mit der klassischen Wissenschaft ist in meinen Augen hier Bewegung dringend geboten.
Frohe Ostern,

Bernhard Albrecht