Sonntag, 4. Dezember 2022

WindWorte 2

Wenn Sinnesoffenheit in Achtsamkeit tiefer hineinwächst gehst Du auf einer inneren Ebene irgendwann durch das Tor des Schweigens. Was nicht heisst, dass Du damit für das alltägliche Leben verstummen musst. Nein. Du wirst ganz bei Dir immer wacher für das was Du jeweils tust, was heissen kann, dass auch das Wort merklich immer bedeutsamer für Dich und Deinen Umgang mit ihm wird. Kommunikation bekommt eine neue und tiefere Bedeutung und das kann auch eine zeitweise Hemmung im persönlichen Umgang mit Worten zur Folge haben. 

Die bisherige meist eher gegen aussen agierende seelische Empfindsamkeit weitet sich mit Aufmerksamkeit-Übungen. Du rückst mehr ins Zentrum, wirst zum immer unmittelbar erfahrenden Kreuzungspunkt allseitig in Dir und um Dich herum sich begegnender Empfindungen. Sie verflüssigen sich gewissermassen. Verletzungen treten schneller in Erscheinung. Du spürst allenthalben, dass Du selbst alltägliche Willensstrebungen gehalten bist mehr geführt in Deine Hände zu nehmen, damit Du nicht unversehens aus dem Gleis gerätst. Der Wille ist immer weniger das was Dich selbstverständlich trägt. Du musst die Führung übernehmen.

Schuldige im Aussen zu suchen wird obsolet und bisher verlässliche Schutzmechanismen brechen weg. Du erfasst von Mal zu Mal tiefer die Herausforderung, die darin sich zeigt, dass vermeintlich andere es sind, die Dich da oder dort scheinbar verletzen und im schlimmsten Fall sogar vorübergehend erschöpft einknicken lassen und Dein Seelenerleben abdunkeln. Der Anschein trügt. Sie treffen durch ihr Tun nur eine Wunde in Dir, die vordem schon da war und möglicherweise schon eine lange Zeit dort vor sich hin schwärte. Ihre vermeintliche Untat beinhaltet in Wirklichkeit also nur eine Briefbotschaft mit einer Aufmerksamkeit-Übung. Widme diesem oder jenem bestimmten seelischen Erlebnisbereich in Dir mehr Achtsamkeit … 

„Bewusstseinsseele“ fällt Dir nicht in den Schoss, sie will in Respekt vor jedwedem anderen Menschen erarbeitet sein. Freiheit ist kein zu beanspruchendes Gut. Sie will individuell aktiv hervorgebracht und gestaltet sein.

© Bernhard Albrecht Hartmann 04.12.2022

Der Ukraine Krieg - eine ungewöhnliche Anmerkung

Und immer noch ist Heraklit höchst aktuell … denn das Denken ist trotz aller Dialektik und Reflexion vor der eigenen, individuell „tatsächlich inneren Anschauung“ her bis heute das am wenigsten Durchdrungene (1). Es ist abstrakt und damit tendenziell tot und in sich leer, was in meinen Augen bedeutet in seinem je tieferen Gehalt deswegen zu wenig authentisch. Es fliesst eben nicht, weil ich zu seinen verborgenen Gestalt gebenden Bewegungen innerlich nicht vordringe. Ich halte mich zumeist eher hinter Vorstellungsbarrieren bedeckt zurück, als konkret Räume oder wohl besser gesagt Dimensionen des Nichts anschauend zu erkunden. 

Wie es so schön im Märchen benannt wird, das Fürchten will gelernt sein oder mit Thomas Nagel das Denken will vom Nirgendwo (2) her erkundet sein. Mit anderen Worten, der Wille im Denken darf als Erfahrung nicht länger mehr verborgen bleiben.

Grundständig ist aber bei derlei Bemühungen der Satz des Sokrates nicht zu umgehen. Jener Satz nämlich der bis heute durch vielerlei philosophische Bemühungen und Coach Beratungen geistert, jenes die Zeiten übergreifende hintergründig sich zu erschliessende Selbsterkenntnis Eingeständnis, das Sokrates seinen Schülern immer wieder bei vielerlei Gelegenheiten wie leise ermunternd zusprach und für das er selber mit aller Konsequenz einstand nachdem er vor das Mysterien Gericht gestellt worden war: „Ich weis, dass ich nicht weis.“ 

Ich wage es hier einmal ganz offen so auszusprechen, dieser Satz ist bis heute in seiner Essenz nicht wirklich breitere innere Erfahrung geworden. Und von daher ist der je eigene individuelle Giftbecher nicht einmal im Ansatz ausgetrunken.

Der Krieg bleibt also in meinen Augen so lange der Vater aller Dinge bis das Denken sich in heutiger Zeit bis auf die „Erfahrungsebene“ des Heraklit (alles fliest) in eigenen individuellen Erfahrungen vertieft hat.   

© Bernhard Albrecht Hartmann

Siehe dazu auch: https://ich-quelle.blogspot.com/2022/01/mit-den-augen-des-falken-3.html   

https://ich-quelle.blogspot.com/2016/07/einige-anmerkungen-zu-thomas-nagel-der.html