Mittwoch, 28. März 2012

Der Pfad der Bestimmungslosigkeit


 In Weiterführung der beiden nachfolgend zitierten Texte von Burghard Schild vom 25.3.12
(www.Blog B.blogspot.com).
„Noch einmal. Wenn Freiheit schön wird. Wenn? Wie ist sie denn, bevor sie schön wird? Die Frage hinkt? So, wie sie auf einem Bein daher kommt? Das zweite Bein ist weiteres Fragen?
Die Kunst ist eine Tochter der Freiheit.*? Eine jegliche Geburt bedarf der Empfängnis? Freifrau von Bestimmungslosigkeit empfängt im Zwischenraum das sündenfällig Gegebene? Sie erteilt Absolution? Aus absoluter Freiheit? In wessen Namen? In Namenslosigkeit? Also vor der Taufe? So wie neu geboren?
Du Schöne!“
*Schiller im 2. Brief seiner Brieffolge: „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“

                                                                 Zueignung

                                                           Welche Glut freit;
                                            Ins Kreuz geschmiedeten Rosenduft?
                                                   Kein Königssohn nirgends!
                                                             Ich, wo bist Du?
                                           Noch namenslose Königin aus Nacht;
                                                               In Dir gebier
                                                         Den Sonnenwender.

                                                                        B.


Lieber Burghard

Dein Eintrag auf Deinem, Blog regt mich zu einigen Gedankengängen an, die den Umfang eines blossen Kommentars überschreiten. Nimm also die nachfolgenden Gedanken als eine Art Fortführung der Deinen unter erweiternden Gesichtspunkten.
„Freifrau von Bestimmungslosigkeit!“ Die Bedeutung und Bestimmung auf ein Gesagtes hin fügst Du aus Deiner keimenden Erinnerungskraft, im Angesicht des im Spiegel meiner Worte bestimmunglos Aufscheinenden, also aus Deiner inneren Tätigkeit hinzu. Du bist es, was Du im Spiegel meiner Worte siehst. Wenn in Dir möglicherweise also ein „Ja Aber“ aufsteht, wenn auch noch so fein gestimmt ein wie auch immer Dagegen, „wogegen!“ vermeint aufzustehen zu müssen, dann stehst Du gegen Dich selbst auf, bist unmerklich im Begriff Dir selbst den Weg zum Ich hin abzuschneiden.
Die Tücke im Erwachen am anderen Menschen: Die unmerklich klammheimliche Flucht vor dem Eingehen in den „Grund,“ die Stille, die gleicherweise lichte, wie dunkle Stille, das sokratische Ich weiss, dass Ich nicht weiss.
Mal ganz ehrlich - und ich beziehe mich in diesen frei lassenden Prozess selber mit ein - so leicht ist das nicht, was ein jeder eventuell weitere wagemutige Leser dieser Zeilen für sich herausfinden kann, so er will, so er dem „Willen in selbst erhellender Tateinheit begegnen“ will. Der „fühlend“ zu erlebenden Demut. Der aus immer wieder neuer Selbstüberwindung hervorgehenden Ergebenheit dem „grossen Willen“ gegenüber.
Mache ich es mir in meinen Schritten selbsterhellend mir selber gegenüber zu treten nicht zu leicht, ist die hier beständig auf ein Neues hin zu prüfende Frage. Selbst auf einen einmal getanen Schritt hin, immer und immer wieder. Schon die zaghaft erlebend voraus tastend erahnte Nähe zum „Grund“ hin ist gewissermassen porös, ist unter meinen Füssen mit schwindelerregender Unsicherheit behaftet. Und damit verweise ich nicht auf ein Bildhaftes, sondern auf etwas real Erfahrbares hin.
Die Taschenspieler Tricks möglichen Erfahrungen dieser Art sich zu entziehen gehören zu den Schwellenerlebnissen vor dem tatsächlichen Eintritt in den „Grund.“ Was das Denken ist, weisst  Du es? ist, so sehe ich es aus meinem Erfahren heraus, vor einer tieferen Berührung mit dem Grund nicht zu sagen.
Hältst du Dich für aufgeklärt, was das Denken betrifft? Wirklich? Die wunderbaren, wenn auch schmerzhaft immer wieder neu zu erringenden Freiheitserlebnisse im Durchschreiten des weissen Formates für ein werdendes Bild, sie bieten noch keine Gewähr dafür im eigenen Denken nicht einem Mythos zu verfallen! Ich/Du wissen, dass Ich/Du nichts wissen. Mal ehrlich, ist das gerade „Jetzt“ so?! Dem leidenschaftlich, dem mit viel Herzblut ringenden Künstler steht nicht selten in eigener Person ein Denker im Glashaus, gefangen in selbst erzeugten Formalisierungen, gegenüber.
Siehst Du den Boxsack, der jetzt auf Dich zu taumelt? Kafkas Prügler, beschrieben in seinem Roman: „Der Prozess,“ ist keine Schimäre!
Bevor Du nicht durch derartige Prügel Erfahrungen  hindurch bist, bis zu dem Punkt, da in Dir keine Gegenwehr mehr aufsteht, kannst Du nicht erfahren, was Denken ist. Das haut Dich jetzt um. Hoffentlich! Denn Demut als durch und durch geklärte Erfahrung blüht in dir erst dann wirklich auf, wenn Du ohne Gegenwehr durch eine totale K.O. Erfahrung gehen konntest.
Du widersprichst?! Pass auf und siehe oben! Mein Sagen ist bestimmungslos, bis Du im „Spiegel“ meines Sagen aus Deinem Denken heraus ihm Bedeutung gibst. Wie soll ich ihm Bedeutung geben, wenn ich nicht weiss, was Denken ist?  Wunderbar! Die Demut eröffnet Dir das Tor zur realen Erfahrung des Grundes und ... aus dem Grund geht auf Dich zu Dein Ich, das Dir im lebendigen Denken Absolution erteilt. Das sündenfällig Gegebene zerfällt in sich und aus dem Namenlosen erblüht die Antwort des Geistes aus dem Urgrund des Ich.
„Welche Glut freit ins Kreuz geschmiedeten Rosenduft?“ Die schöpferische Glut Deines Ich. Du selbst bist der Königssohn, den Du erwartest und der nur aus Dir geboren werden kann. Die namenlose Königin aus der Nacht heisst: Erinnerung. Erinnere Dich Deiner selbst im Sagen des Du und Du gebierst den Sonnenwender aus Dir selbst.
Zum Grundstock einer Zeitenwende werden die Menschen, die am Du erwachend, auferstehen in die Kraft ihres eigenen Ich.
Bewegt in Bewegung!

Bernhard Albrecht