Dienstag, 21. November 2023

Aus den Erlebnissen eines alten Mannes an der Schwelle seines Todes

Ich hatte in den letzten Monaten in meiner Wohnumgebung immer wieder Begegnungen mit einem alten Mann, der zu Ostern vor 2 1/2 Jahren ohne irgendwelche gesundheitliche Vorwarnungen von einer Krebsdiagnose im weit fortgeschrittenen metastasierenden Stadium überrascht wurde. Die medizinischen Befunde legten nahe, dass seine Erkrankung so ernst sei, dass er mit dem Tod wohl noch vor Ende selbigen Jahres rechnen müsse. Trotz dieser Aussicht und entgegen einiger Bedenken aus seinem persönlichen Umkreis entschloss er sich, wie er mir vor einiger Zeit einmal erzählte, zu einer Chemotherapie. Er fuhr also unscheinbar zielstrebig wie er war alle drei Wochen mit dem Zug nach Zürich und unterzog sich am dortigen Universitätsspital ambulant seiner spezifischen Chemotherapie. Vier Monate später dann, nach einer erneuten gründlichen Untersuchung, der ärztliche Bescheid: Es seien keinerlei Symptome seiner ursprünglichen Erkrankung mehr nachzuweisen. Wie konnte das sein?

Wie er mir erzählte sei er in dem Bewusstsein in die Chemotherapie hineingegangen, dass das Leben noch etwas mit ihm vor hätte und habe in dieser inneren Haltung die Beschwernisse, die überwiegend erst nach der Chemotherapie sich einstellten, innerlich durchgetragen. Der bestürzend erlebte Vitalitätsverlust nach der Chemotherapie sei riesig gewesen und er hätte die letzten zwei Jahre durchweg stark damit ringen müssen sich wieder in seine Beine hinein zu finden. Am Morgen wie neben sich stehend war ein Sinn gebender Tagesablauf beinahe durchgehend mit dem Ringen um seine körperlich innere Aufrichte verbunden. Doch er hätte trotz der Beschwernisse, die im verminderten Umfang bis heute anhielten zu keinem Zeitpunkt auch nur daran gedacht aufzugeben.

Und seine Kraft sei nach und nach immer deutlicher wahrnehmbar wieder angewachsen. Wie er an dieser Stelle betonte sei aber nicht die alte Vitalität zurückgekehrt, sondern er hätte auf die letzten beiden Jahre zurückblickend eine neue Lebenskraftquelle in sich erschlossen. Er erlebe nämlich einen deutlichen Unterschied zwischen seinem alten Vitalitätsempfinden und seinem gegenwärtigen Kraftzustand. Die Kraft, die er an jedem Tag oft für die einfachsten Verrichtungen brauche, müsse er willentlich von Mal zu Mal aus sich hervorbringen. Nichts sei mehr so wie es war und das löse über die wortwörtlich fortlaufend neu zu initialisierenden Anstrengungen hinaus von Tag zu Tag am Ende eine wachsende Dankbarkeit aus. Er erlebe, dass das alte Leben ihm tatsächlich genommen worden sei damit ein neues Leben, vom Grund her immer mehr in seinem Willen stehend, an dessen Stelle treten könne. Mit diesem Neustart ins Leben hinein sei nämlich, wie er nachdenklich anmerkte, sehr viel mehr verbunden als die Folgen eines bedrohlichen Krankheitszustandes zu überwinden. Kurz und bündig gesagt. Arbeit am und mit dem Leib. … Arbeit am Leib als Instrument des Geistes … was wissen sie darüber wirklich? … fügte er lächelnd hinzu. Und nachdenklich … Sokrates sei, wenn ich es recht bedenke der erste Mensch gewesen, der Bewusstseinsarbeit im modernen Sinne angestossen habe.

Was mir in den Begegnungen mit diesem „Alten“ mit der Zeit sehr nahe ging war dessen tänzerische Leichtigkeit im Vollzug seines Denken. Um was es in unseren Gesprächen auch ging, er schien ganz aus der Anschauung dessen was ihn von Fall zu Fall bewegte zu sprechen. Einmal als er über Joe Biden und Vladimir Putin im Zusammenhang mit der Ostsee Pipeline 2 sprach riss es mich innerlich wie von den Füssen. Er sagte nämlich dieses: „Natürlich konnten die Amerikaner diese Pipeline sprengen und Joe Biden konnte das anordnen, natürlich kann Putin mit seiner verdeckten Kamikaze Einstellung die Ukraine mit Bomben in Schutt und Asche legen. Ob Joe Biden oder Vladimir Putin aber auch im Angesicht ihres eigenen Todes diese Selbstverständlichkeit zum Ausdruck bringen können, wenn die Sprengbomben der Pipeline, bzw. die Gesamtheit der über der Ukraine von Putin zu verantwortenden Bombenabwürfen mitsamt den Nöten vieler Bürger aus ganz Europa und weltweit, welche durch den daraus hervorgehenden Wirtschaftsabschwung in Not gerieten, … wenn die damit einhergehenden Geist-Seelenzustände wie lebendige Feuerprozesse diese beiden Männer durchdringen werden, ob sie dann immer noch so gerade vor der Welt dastehen wie sie es jetzt noch zu tun scheinen, er wisse es nicht.“ 

„Eines wisse er aber mittlerweile mehr als deutlich, dass die Perspektive der Menschen, die im eigenen Leben Bedeutung hatten, wenn deren Geist Dynamik auf dich angesichts deines plötzlichen nahen Todes Dir verstärkt ins Bewusstsein trete, dass dieses eine Menge schmerzlicher eigener Turbulenzen auslöse, denen nicht so ganz einfach zu begegnen sei.“ 

Nicht umsonst weist Jacob Böhme mit der Aussage: „Wer nicht stirbt bevor er stirbt, der verdirbt“ auf die notwendige Auseinandersetzung mit dem Tod hin. Denn, so sprach er wörtlich weiter, „das Leben ist erst dann wirklich gelebt, wenn es die Blickrichtung des anderen Menschen im Dialog im fragenden Interesse vor dem eigenen Tod mit einschliesst.“  Dieses zu tun könne nämlich erst jene Bewusstseinskraft freisetzten, die heute unbedingt in das Leben eingeflochten vor der Welt leise in Erscheinung treten müsse. Andere Menschen (wiederum wörtlich) „kann ich erst dann wirklich verstehen, wenn ich deren Intention im Angesicht meines Durchgangs durch den inneren Tod (die unverblendete Selbsterkenntnis) mir vor Augen habe treten lassen. … Ich frei geworden sei von der Unbedingtheit meiner eigenen Weltbetrachtungsweise.“

Ich frei geworden sei von der Unbedingtheit … , ich die Blickrichtung im Denken des je anderen Menschen vor dem eigentlichen Tod mit einschliesse. Ihn befragend, was das hiesse schwieg er lange, straffte dabei merklich die eigene Rückenhaltung auf der Bank wo wir Platz genommen hatten und schloss seine Augen, bis er nach mehreren Minuten - mir unmittelbar in die Augen schauend - wieder zu sprechen begann. Leise, so als ob er in weite Fernen gelauscht hätte und das dort Angeschaute nunmehr mühsam in geeignete Worte zu fassen suchte. „Wissen Sie, die Menschen sprechen heute nur noch sehr wenig mit - einander, wenn sie vordergründig zueinander sprechen. Sie tauschen Meinungen aus, aber sie sprechen nicht miteinander, sind wenig oder gar nicht bemüht den anderen Menschen wirklich zu verstehen. Ist es nicht weit verbreitet so, dass sobald der andere Mensch die ersten Worte ausgesprochen habe, diese noch ehe selbige Rede beendet ist im Gegenüber buchstäblich in dessen Meinungshorizont wie verwurstet werden. Verstehen wird viel öfter als wir dies gewahr werden gar nicht mehr gesucht. Endsprechend kurzlebig ist das Erinnern. Worte werden nicht mehr als Worte im eigentlichen Sinn vernommen, sondern sind nur noch Information. Information mit einer Halbwertzeit von oft nur wenigen Minuten.“ 

Demgemäss lösen Worte eher selten noch ein tieferes rückfragendes Interesse aus. Derartige Informationsaustausche geben keine Gewähr, dass sich daran noch Interesse geleitete Dialogbögen anschliessen. Das Interesse versickert im Augenblick und findet aus sich, weil das Denken im Allgemeinen in der Abstraktion gebunden ist“ keine Entwicklung in Richtung eines nachhaltigen fragenden Aufeinander Zugehen. Es bleibt kurzlebig. Rückbesinnung auf ein eigenes vertieftes Selbsterkennen wird so sehr erschwert, „denn Selbsterkennen bedarf des fragenden Du, wie gleicherweise des sich öffnenden Gegenüber Du.“ Wo sich aber Menschen zunehmend in Meinungsnetzen wie einspinnen, bzw. von aussen unversehens vereinnahmt werden breiten sich Einsamkeiten aus. Die Menschen entfremden sich zusehends voneinander. Mit der Gegenbewegung des persönlichen Protestverhaltens oder schlimmer noch manipulativ von aussen angezündeter gewaltsamer Protestaktionen (Israel/Hamas Sympathie Gegensätze auf deutschen Strassen). Die Emotionen kochen über und brechen sich Bahn. Ungehemmt.

Mit einem Lächeln nahm der Alte an dieser Stelle mein unausgesprochenes Fragen mir wie vom Munde weg und sprach wie folgt. „In derart angespannten sozialen Verhältnissen kann nichts, rein gar nichts getan werden, das weitere soziale Unruhe-Ereignisse verhindern könnte. Im Gegenteil solche Geschehnisse werden zunehmen und sich weiter ausbreiten, Spannungen an vielen Orten und aus nicht voraussehbaren Anlässen heraus entzünden. Es sei sinnlos Menschen, die in dergleichen sozialen Umgebungen sich bewegen zu irgendetwas drängen zu wollen. Selbst eine noch so gut aufbereitete politische Bildungsarbeit kann da nur zu kurz greifen. Was Not tut ist eine durchgreifende innere Haltungsumkehr einer grösseren Anzahl von Menschen … gewissermassen als Ferment für eine tatsächliches in die Wege leiten der heute immer wieder so beschworenen Zeitenwende. Das aber bedeutet die heute überwiegend nach aussen gerichtete Perspektive in der Betrachtung der aktuellen politisch-sozialen Geschehnisse notwendig zu ergänzen um deren Innenperspektive. Denn: Ohne in die eigenen Handlungsabläufe permanent das Selbsterkennen einzubauen werden sich die gegenwärtigen Weltverhältnisse nicht nachhaltig verändern lassen.“

Beziehe ich die Erfahrungen meines unmittelbar vor den eigenen Tod gestellt Sein hier ein, so kann ich nur sagen, der Durchgang durch den eigenen inneren Tod zieht eine weitreichende Desillusionierung nach sich, die darüber hinaus in meinem Falle ein Lebensgefühl neuer Art in mir erweckt hat. Mich erinnernd welche Bedeutung nicht selten sehr gegensätzlich zu mir stehende anderen Menschen in meinem Lebenslauf ich angesichts meines zeitnah bevorstehenden Todes für meine eigene Entwicklung innerlich ausmachte, lässt mich von heute her in einer völlig neuen Weise auf den Tod hinblicken, der doch tief verwurzelt so ziemlich die ganze Menschheit in ihren Tiefen auf die eine oder andere Art mehr oder weniger belastet, bzw. vielfach verschleiernd vor sich her geschoben wird. Diese so weit reichenden Verschleierungen mit Bewusstsein zu durchdringen, das ist die eigentliche Aufgabe der gegenwärtig unabweisbar weltweit zu vollziehenden Zeitenwende im Denken. Der Mensch ist in die schöpferische Mitverantwortung gerufen.

© Bernhard Albrecht Hartmann, 21.11.2023



Montag, 20. November 2023

Neutralität … die zur Geburt zu bringende Zeitenwende Kunst (Ein Versuch hier Neulande zu betreten)

„Die Digitalisierung der Welt, die einer totalen Vermenschlichung und Subjektivieren gleichkommt, bringt die Erde ganz zum Verschwinden. Wir überziehen sie mit unserer eigenen Netzhaut. Dadurch werden wir blind gegenüber dem anderen. … sie (die Menschen haben) das Staunen über jenes andere sich abgewöhnt, mit steigernder Vertrautheit ums Fremde sich betrogen (1).“ 

Dieses Zitat habe ich bewusst von dem hier nicht zum Thema schreibenden Autor Byung-Chul Han übernommen um damit von Anfang an jenseits unserer eigenen Denkansätze bezüglich des Themas „Neutralität“ und von daher grundsätzlicher politischer Perspektiven zum Problemkomplex politischen Handelns leise drauf aufmerksam zu machen, dass Neutralität heute weltweit grundsätzlich neu zu denken und in seiner Eigenheit neu zu fassen ist. Mithin eine Kehrtwende von in eigener subjektiver Befangenheit erblindetem Verständnis gegenüber der Wirklichkeit zu vollziehen ist. Denn: Die Wirklichkeit zeigt uns allenthalben, von einer Waffenstillstandsabsprache zwischen verschiedenen Rebellengruppen, einem Übereinkommen in einem wirtschaftlichen Fusionsprozess zweier Firmen oder in Gesprächen über die Möglichkeiten wie im Krieg stehende Nationen den Weg an den Verhandlungstisch finden können, dass letztlich alles an der in nachvollziehbaren Tatsachen niedergelegten folgerichtigen Gedankenführung, sprich Glaubwürdigkeit vertrauensbildender Massnahmen, ohne Hintertüren und  verborgene Schlupflöcher hängt, die im Vorfeld zum Austausch gelangen. Und damit weist >die unbegrenzte Offenheit im Denken< dieser in Verhandlungs- bzw. Friedensinterventionen tätigen Männer und Frauen zugleich auf die Essenz der Neutralität hin, die mit der Zeitenwende neu zu belichten ist.

Neutralität im Denken, wie das? Ein Prozess, der taste ich nur einmal meine eigenen Denkwege daraufhin ab alles andere als leicht herbeizuführen und sehr oft noch schwerer zu halten ist. Ein Gleichgewichtsprozess auf dem Hochseil (2) mit unvorhersehbaren Abstürzen in eigenes Vermeinen, ein Zurückfallen also auf in der Vergangenheit bereits gedachte Denkpositionen, sprich Vorstellungsbildungen ohne dieselben vom Jetzt her zu  überprüfen und gegebenenfalls >neu zu denken<. 

Kann es sein, dass Neutralität dem Erleben nach auf Offenheit, auf weiträumig, wie gleicherweise in die Tiefe hinein fragendem Interesse für das Andere, das im anderen Menschen Fremdartige in seiner Ausdrucksweise beruht? Dass wir anstatt uns um eine Anschauung gegenüber mancherlei Fremdartigem, das mit diesem Menschen verbunden ist uns zu bemühen und … von daher schrittweise in vorsichtiger Annäherung auf das Hochseil des Begegnen mit ihm hinaus zu wagen … wir wortreich unsere Subjektivismen über dieses oder jenes Gesagte ausstreuen und Begegnung in der Tiefe so von Anfang an untergraben?

Neutralität kann demnach genauer besehen heute konstitutiv nicht mehr auf einer wie auch immer gearteten historischen Empfindungsgrundlage überkommener Anschauungsweisen ihr Fortbestehen gründen. Sie kann vielmehr nur insoweit  glaubwürdige Realität in der inneren Haltung von Menschen zueinander und von Völkern über Grenzen hinweg Wirklichkeit werden, wenn diese bereit sind Neutralität, sprich offenes Interesse für das Fremde, das so Andere von Augenblick zu Augenblick fliessend  neu zu denken und praktisch in Alltagsbegebenheiten entsprechend zu bebildern. Was z.B. heisst: Unbequeme Wirklichkeiten offen zu legen und von daher der Trennung von politischer und militärischer Neutralität (wie gegenwärtig im schweizerischen Diskurs zu diesem Thema nicht länger das Wort zu reden und derartige Konstrukte als das zu bezeichnen was sie sind. Vorsichtig formuliert: Ein Ausdruck von Nicht-Bereitschaft der Doppelbödigkeit vielfach sich überlagernder, verborgener politischer Wahrheitsrealitäten ernsthaft Aug in Auge zu begegnen. … Was sodann bedeutete ohne Interessen-Verschleierung sich zu öffnen für das Fremde, das mit der gegenwärtigen Weltlage dieses Land bestürmt. 

Ein Sturm fegt über Europa hinweg, eine Flüchtlingswelle, die immer weniger tatsächlich integriert werden kann. Integriert, weil es dabei nicht allein um die Einbindung in die bestehenden Sozialsysteme geht, die notwendig an ihre Grenzen gelangen müssen, wenn die Aufgabe der Integration nicht tiefer erfasst und allseitig auch gelebt wird. Heisst es doch vor dem deutschen Grundgesetz die Würde des Menschen ist unantastbar. Würde kann aber spitz formuliert nicht bundesweit in Container Wohneinheiten abgelegt, bzw. europaweit in Flüchtlingslagern (wie z.B. Lesbos und Lampedusa oder Pariser Vorstädte), hinter gegenseitig sich blockierenden Verwaltungsvorschriften verschoben bzw. ausgegrenzt, ohne Perspektive festgehalten und … vergessen werden.

Würde ist etwas das gelebt, also bevor es gelebt werden kann in seinen inneren und äusseren Lebensbezügen erkundet und gefördert sein will. Wenn Würde über gelegentliche politische Proklamationen zu den Menschenrechten hinaus heute eine innerstaatliche Lebensrealität darstellen würde, könnte es dann soviel bundesweites  Cyber- bzw. Schulhof- Mobbing geben? Wer den Umgang mit Würde in der Schule nicht umfassend genug lernen konnte, ist von dem in seinem späteren Leben zu erwarten, dass er sich dem Fremden soweit öffnen kann um an seiner Integration  a k t i v  mitzuwirken?Ist der in der Lage, dass er sich dem Übergriff z.B. von Seiten diverser Clan-Bünde innerhalb seiner Möglichkeiten widersetzen kann und Grenzen zieht, die letztlich zum Schutze des eigenen Gemeinwesens beizutragen vermögen? Wo Migration innerstaatlich zum Problem wird verweist das auch auf weitreichende bildungspolitische und staatspolitische Versäumnisse in der Vergangenheit zurück. 

Stürme erfassen einen Landstrich nicht von ungefähr. Sie sind Folge komplexer Luftdruck-Verhältnisse und mähen zu ihrer Zeit Wälder nieder oder führen zu Überschwemmungen ganzer Landstriche. Sie sind von daher Mahnrufe über die Erneuerung im weitesten Sinne des Wortes ernsthafter nachzudenken, sind Weckrufe dafür was Leben in seiner Tiefe bedeutet. 

Wenn also Flüchtlingsströme Europa  b e s t ü r m e n dann ist das auch ein Aufruf für: „ÄNDERT euren Sinn.“ Sprich für ein tief greifendes Metanoia auf eigene Lebenseinstellungen hin. Neutralität gebiert sich nämlich letztendlich aus der Bereitschaft zu eigener Lebensveränderung. Sie ist von unten her eine Lebensherausforderung auf „das Fremde“ hin und damit eine Aufgabe ein freies Geistesleben in Willenstaten zum Leben zu erwecken. 

Nüchtern betrachtet ist es die aller höchste Zeit das unverhohlene Donnern im gegenwärtigen Weltgeschehen (China) wirklich tiefgreifender zu erfassen, das da lautet: Kümmert euch um euere eigenen Missgeschicke was die Menschenwürde betrifft anstatt uns „Menschenrechts-Mahnplaketten“ bei jeder nur denkbaren Gelegenheit zu überreichen. Unsere Kultur ruht auf Grundlagen, die euch solange fremd bleiben müssen wie ihr dem schleichenden Fremdsein in euch selbst nicht ins Auge sehen wollt. Wandel durch Handel ist das eine, wirklich gelebter Respekt unserem Land, unserer Kultur gegenüber das andere. Von der Notwendigkeit des zu lebenden Respekts dem eigenen Sein gegenüber einmal ganz zu schweigen.

Die Grunderfahrung von Neutralität ist für den, der fragend im Sinne des Sokrates durch das Nichts hindurch - die Stille - sich ihr annähern will die  ERFAHRUNG von FRIEDEN. Frieden ist von daher die Erfahrung von Gegenwärtigkeit im Denken ohne wenn und aber. Verschleierungen im Denken, die nicht zeitgerecht verwandelt werden können sind mithin die Gewähr dafür, dass  Krieg weiter eine Notwendigkeit bleibt. Denn was heute in der Ukraine geschieht ist vom Grunde her nichts anderes als ein Kampf um das Bewusstsein des Menschen. 

© Bernhard Albrecht Hartmann 20.11.2023 

(1)  Lob der Erde - Eine Reise in den Garten 

      Ullstein Buchverlage Berlin, 3. Auflage 2020, Seite 25

(2)  Siehe: https://ich-quelle.blogspot.com/2019/12/der-dialog-als-beburtsstatte-der.html 

(3)  und: https://ich-quelle.blogspot.com/2023/06/vom-geistigen-pfingstfeuer.html 


Freitag, 3. November 2023

Der Racheengel der Verderbnisse

Eine skizzenhafte Bildbetrachtung angesichts der jüngsten Ereignisse in Israel und der daran sich anschliessenden Krawalle europaweit. Ich lese (in die Stille gehend) im Bild, das Jakob Böhme zugeeignet wurde und höre die Worte: Wer nicht stirbt bevor er stirbt, der verdirbt.

https://mystikaktuell.wordpress.com/2023/10/16/racheengel-uber-der-schopfung/?fbclid=IwAR0ZLJRxtxqr4GS2bKI0hKi5R7zuWNcpSAmjceJogr8fPRV5D4LKb2Dej3M  

Hermann Wöhler, Der Racheengel über der Schöpfung aus dem Bildzyklus An Jakob Böhme, 1930, Titelseite, Tinte auf Malkarton

Der Racheengel der Verderbnisse (Im Bild zur Mitte hin zielende Steingeschosse(?)). Doch repräsentiert der Engel in der Mitte den Racheengel? Oder tritt in ihm vielmehr der Erzengel Michael in Erscheinung?  Kopf, Herz und Hände in einzigartiger Ausdrucksgebärde kräftezentriert, das Schwert in seiner flammenden Kraft ganz in Stille haltend, >die Verderbnisse von Innen her bannend und verwandelnd.< Gleichzeitig mahnend, wer sich nicht um die Ich-Herrschaft über die ihm anvertrauten schöpferischen Kräfte müht, den werden die Verderbnisse zu seiner Zeit einholen. Denn sie sind bereits losgetreten (nicht erst wie vor eineinhalb Jahren im Ukrainekrieg und jetzt auch in Palestina und möglicherweise demnächst im Iran, China  … oder im Sozial-Media Hashtag und Mobbing, in Bot Kommentar Angriffen, bzw. diversen anderen Internet-Attacken usw.). Dämonische Kräfte zeigen immer unverhohlener (nicht nur aussen, sondern unmittelbar auch unter unseren eigenen Augen in uns) vermehrt ihr Gesicht.

Achtsamkeit ist also gefragt, gerade in vielen scheinbar kleinen Belangen unseres Alltags, wo Gewohnheiten versteckt vieles unbewusst bestimmen dem wir mehr unsere Aufmerksamkeit widmen könnten, um unser Lebensschiff in Folge geradliniger zu steuern. Denn der Mensch ist heute gehalten schöpferische Mitverantwortung zu übernehmen. An einen numinosen Gott sich zu wenden geht immer weniger. Dazu sind die menschlichen Bewusstseinskräfte zu weit entwickelt. Und das bedeutet Mut zu fassen. Und den Erzengel Michael hier versuchsweise einmal als den Repräsentanten für aus eigenen Seelentiefen noch zu befreiende menschliche Bewusstseinskräfte zu sehen.

Das bedeutet den Drachen, der im Zusammenhang mit dem Erzengel Michael immer noch weit verbreitet als das Untier gesehen wird, das es zu besiegen gilt, in unserem Anschauen unter einer erweiterten Perspektive anzuschauen. Betrachte ich nämlich das Bild, so ist das Untier Drache darin nicht wirklich zu sehen. Und dennoch tritt der Erzengel Michael aus einem nach unten hin wie ausgefransten Licht-Hintergrund hervor, der … angedeutet drachenhafte Bildbezüge aufweist. Bildbezüge, die in meinen Augen auf einen mehr energetischen inneren Seelenzustand des Menschen deuten? 

Der Drache also als bildhafte Brücke für im Menschen wirksame Kräfte, die es zu befreien, d.h. unter die Ich-Herrschaft zu stellen gilt? Der Drache als eine Bildkonnotation für zu entwickelnde vertiefte Bewusstseinskräfte? Den Drachen mithin nicht mehr als den grossen Feind, sondern als den Herausforderer und Förderer zur Entwicklung und Befreiung der Ichkraft aus der Ego-Gebärmutterhülle heraus in Betracht zu nehmen. Und still aus der eigenen individuellen Situation heraus Ego-Trigger-Punkte  in sich zu identifizieren und an ihrer Umwandlung und Überwindung zu arbeiten. Die kleinen Schritte und inneren Anläufe über alles Scheitern hinweg wirken hier mittelfristig nachhaltiger als „grosse“ Vorsätze. Die innere Bewegung in dieser Richtung ist viel entscheidender als Ergebnisse. Die menschliche Seele ist keine Wohnung, die ich schnell einmal mit Möbeln von Ikea so einrichten oder umorganisieren kann. Sie ist ein Wachstumsorganismus, welcher der täglichen Pflege bedarf.

Und der Racheengel? Er ist im Bild nicht explizit zu sehen. Und dennoch ist die rächende Kraft indirekt wirksam und wird unter der pflegenden Hand des Menschen für seine Seelenräume immer dort sichtbar wo innere Kräfte ihm aus dem Ruder laufen und dadurch seinen Händen entgleiten. Was Du nicht führen kannst, das bricht von Innen auf die eine oder andere Weise über Dich her. Kurz gesagt, wo ich nicht präsent bin tanzen die Dämonen. Ich könnte auch sagen Seelenkräfte werden in unterschiedlichen Graden entfesselt und treiben ihr Unwesen, sprich können Dich die Gassen buchstäblich auf und ab jagen. Wer solches bei sich noch nicht in Bild und Dynamik beobachten konnte, der hat möglicherweise noch zu wenig tief in sich hineingeschaut,  Die seelische Beobachtung sachlich auszubilden ist nämlich die entscheidende Aufgabe, um Zeitenwende nicht nur verbal zu benennen sondern diese auch explizit in Taten dokumentieren zu können, welche  ganz oben ansteht.

Das bedeutet den züngelnden Einflüsterungen und Übergriffen des Ego (Schlange im Bild oben die Weltkugel allseitig umwindend) Einhalt gebieten zu wollen, andernfalls ich fremdbestimmt die innere Führung über den Drachen (die schöpferischen Urkräfte in mir)preisgebe, ich nicht unter dem Auge der allumfassenden Aufmerksamkeit (Auge im Dreieck ganz oben im Bild) diese Kräfte bändigen und befreien kann. 

Was auf den Strassen gegenwärtig antisemitisch in Wort und Tat in Erscheinung tritt, politisch und militärisch in Israel eine Gratwanderung in Entscheidungen am Abgrund durchläuft, das versperrt oder öffnet die Möglichkeiten eines notwendig gleicherweise zu erweiternden wie zu vertiefenden Umgangs mit Grenzen übergreifender Menschlichkeit, die in unserer aller Verantwortung steht. Wo auch immer wir heute auf der Welt leben und arbeiten, unser Tun nimmt Einfluss auf das gegenwärtige Weltgeschehen, denn alles ist mit Allem untereinander verbunden … und ruft unsere wache Teilhabe und Mitverantwortung auf. Wenn am Ende des Tages mir also diese oder jene dramatischen Weltereignisse vor Augen treten, dann kann ich nicht mehr sagen: Das habe ich mir in seinen vorausgehenden Vorgängen so nicht vor Augen geführt und mich damit aus der Verantwortung herausziehen. Wie es ist … daran haben auch ich meinen Anteil.  D e n n:  

A l l e s   i s t   m i t   A l l e m   i n   s e i n e m   K r ä f t e w i r k e n   v e r b u n d e n. 

Das Wort ist Klang und lichte Schwingung wenn ich es tätig über seinen heute meist allseitig verklebten Zustand des Vermeinen hinaus von Innen in seiner ihm eigenen Kraftgestalt zu befreien vermag. Das Wort entfaltet dann eine freie Dynamik des bewegt in Bewegung-Sein und öffnet  dadurch den Weg auf den eigenen Urgrund hin. Denn: Der Urgrund liegt von heute her tiefer angeschaut nicht mehr in einem numinosen Aussen. Ich finde Anschluss an diesen Urgrund durch den Meister von Emaus, der mich durch den Erzengel Michael in beständiger Präsenz anschaut und begleitet, wenn ich ganz und gar in der Stille Wohnung nehmen kann. Dann kann mir dieses zur Erfahrung werden was sich in den Worten Jesu ausdrückt: „Und ich versichere euch: Ich bin immer bei euch bis ans Ende der Zeit.“ (Matthäus 28,20) Der Meister von Emaus tritt in mein Leben ein und erweckt die individuelle Willenskraft. 

Er tritt heilend ein  i n  d i e  S t i l l e,  in der  i c h  m i c h  n i c h t  länger meiner  Mitverantwortung  entziehe … und aktive innere Friedensarbeit leiste. Friedensarbeit entscheidet sich heute nämlich daran wie ich mit meinem Denken umgehe. Ich meinen Seelenraum immer tiefer auf den konkret wacheren Umgang mit ihm zu reinigen bemüht bin. Denken ist keine Privatsache. Vor dem heutigen Weltgeschehen „muss“ ich mich vielmehr entschieden fragen, wohin gehen die Energien meiner allzu vielen immer wieder leichtfertig hingeblätterten Gedankengebilde? Verduften sie im Augenblick oder vernetzen sie sich weltweit und stürzen vielfach aufgeladen z.B. über die Köpfe der Menschen in Palestina wieder in die unterschiedlichsten Seelenwirklichkeiten von Menschen herein und bewirken dort Schreckliches, weil ich nicht bereit war disziplinierter mit diesem meinem Denken umzugehen? Mitten im Weltgeschehen stehend bin ich  m i t v e r a n t w o r t l i c h  für das was geschieht. 

© Bernhard Albrecht Hartmann, 03.11. 2023      

Siehe unter anderem: 

https://ich-quelle.blogspot.com/2018/10/das-wirksame-ich.html  

https://ich-quelle.blogspot.com/2014/06/ich.html