Montag, 21. Februar 2011

Dialog im Blog

Dass das Führen eines echten Dialogs auf einem Blog mitunter sehr beschwerlich sein kann, diese Erfahrung macht wohl jeder Blogger immer wieder einmal. Unterschiedliche Aufmerksamkeiten auf ein Gesagtes hin lassen dialogische Linien zerfransen oder auch gar nicht erst entstehen.
Aus aktuellem Anlass stelle ich, nur geringfügig verändert, zwei Beiträge hier auf meinem Blog erneut ein, die ich an anderer Stelle veröffentlichte. Es sind Momentaufnahmen und keineswegs eine umfassendere Aufarbeitung zu diesem Problem.

Erster Beitrag:
„Ja, mit dem Klingen müssen wir noch ein bisschen üben.“
Ob das so ist? Klingen tut hier ja sehr viel. Es tönt ja mitunter geradezu orchestral kreuz und quer und übereinander. Da stimmt einer ein Violinsolo an und sogleich deckt es ein Paukenschlag zu, um kurz darauf in einem Klarinette/Oboen Part aus zu klingen, der aber nicht wirklich ausklingend zu Ende kommen kann, weil diesem Ausklingen ein Schellen Gerassel dazwischen geht.
So oder so ähnlich tönt es hier, bildhaft gesprochen.
Was, wie mir scheint, zu wenig geschieht, das ist: Dem „Lauschen“ einen Raum geben. Manche schnelle Widerrede könnte sich aus meiner Sicht erübrigen, wenn dem Lauschen in die Zwischenräume der Intervalle eines Gesagten hinein ein grösserer innerer Kredit der Bedachtsamkeit für das Wesentliche da und dort eingeräumt würde, oder irre ich mich da? Die sachliche Linie hätte eine grössere Chance vor den Plaudereien diverser Selbstansichten. mit sich selbst.
Trete ich damit irgend jemanden hier auf die Füsse? Nein! Denn dies ist, streng beobachtet bereits durch diejenigen innerhalb der obigen Diskussionen schon geschehen, die sich hier von mir auf die Füsse getreten fühlen könnten. Sie sind sich, innerlich zurück schreckend vor dem eigenen Schattenbild, bereits selbst auf die Füsse getreten.
Der Doppelgänger lässt grüssen.
Klangräume bedürfen aus meiner Sicht der inneren Stille, des Lauschens, um jene Obertöne zu erfassen aus denen sich ein Gespräch entfalten kann, sich eine Erkenntnis Wertschöpfung in einem Aha-Erleben erwirken lässt.

Zweiter Beitrag
Ist körperliche Präsenz wirklich notwendig, um das Lauschen unter Menschen zu aktivieren?
Hilfreich, sicherlich.
Wichtiger erscheint mir aber der durchgängig konsequente Respekt vor dem Sagen des anderen Menschen, auch und gerade dann, wenn er andere Wege geht, die meinem, mir begründet erscheinenden Denken, Fühlen und Handeln zuwider laufen. Das schliesst eine kritische Haltung nicht aus. Die Frage ist nur, kann ich in einer solchen Lage auf Augenhöhe einen sachlichen Dialog führen, selbst dann wenn die andere Seite, aus welchen Gründen auch immer, diesen umgeht oder unterläuft? Bin ich bemüht darauf zu achten mich in meinem inneren Gleichgewicht nicht aus dem Tritt werfen zu lassen, also Ich - Aufrechte zu repräsentieren, im Spiegel des anderen Menschen um innere Selbstbeherrschung ringend, diese Kraft in mir weiter zu entwickeln? Gerade der quer zu mir anders Denkende kann mir reichliche Gelegenheit geben mich in seinem Spiegel hier innerlich weiter entwickeln zu können.
Nicht den anderen Menschen zu dämonisieren, sondern in seinem Spiegel bereit sein meinem Doppelgänger zu begegnen und ihn als Helfer zu begreifen für die weitere Entfaltung gerade jener Ich - Kraft.
Respekt vor der Würde des anderen Menschen, auch dann, wenn gewisse Gedanken von ihm bei mir so etwas wie Bauchweh auslösen mögen.
Ein jeder Mensch kann nur seinen ureigenen Weg der Erfahrung gehen und auf diesem Wege wird er sich "zu seiner Zeit" über das innerlich aufklären, was jetzt für ihn wichtig ist, was gereift ist.
Ich kann darauf von aussen keinen Einfluss nehmen. Was wirkt, früher oder später, ist, innerhalb meiner eigenen inneren Baustellen ordnend voran zu kommen, also das eigene Ich, frei von selbstbezogenen Gedankenkonstrukten zu manifestieren. Das ist Arbeit genug und demgemäss ist es aus meiner Sicht unproduktiv, was verdeckt nur allzu leicht geschehen kann, "von oben herab" auf einen anderen Menschen herunter zu hämmern.
Erwachen "am" anderen Menschen.
Wenn ich meinerseits das Erwachen des anderen Menschen an mir fördern will, dann sicher nicht dadurch, dass ich von oben herab ihm "meine Wahrheit" über zu stülpen suche, ihn innerlich (einmal Hand auf`s Herz) vor mir als borniert, dumm oder denkfaulen Chaoten, usw. dastehen lasse. Lauschen, gerade hier, wo unangemessen zu reagieren leichter ist, als an sich zu halten und sich zu fragen, Bruder im Geiste, welche Botschaft trägst Du mir eben hier zu, an der mein Ich erwachen kann!
Der innere Durchgang zum Lauschen ist nicht leicht, da wird mir an Selbstbeherrschung mitunter einiges abverlangt, aber er birgt in sich auch das Potential hohen Erkenntnisgewinns.

Bernhard Albrecht