Samstag, 5. Dezember 2020

Das leere Bewusstsein und die Herzmitte - 1

Es gehört zu den täglich offenen oder mehr verborgen sich abspielenden schmerzlichen Begebenheiten, dass ein tieferes Verstehen anderer Menschen auch nur ansatzweise einzulösen häufig schon im nahen Oberflächenbereich scheitert. Scheitert, wenn es denn überhaupt noch gewollt wird, weil der Wille von allzu vielen selbst erzeugten Schutz und Abwehrbarrieren, bzw. äusseren Ereignissen immer wieder wie in eine Lähmung versetzt wird oder durch biographische Erlebnisse einfach nur nachhaltig verstört wurde und ein Verstehen von daher überhaupt nicht mehr gesucht wird. Ein Fernsehspot dieser Tage macht es deutlich, wir haben das „Miteinander-Sein“ verloren. 
Miteinander-Sein … wie denn? Die nachhaltige Teilhabe mit offenem Visier. Das bedingungslose Interesse. Bei genauerem Hinsehen eine Übung, die nachgerade hilflos machen kann. 
Denn: Einsamkeit hat sich wie eine zweite Haut unscheinbar um uns gelegt. Jedenfalls ist Begegnung im eigentlichen Sinn des Wortes, im Sinne eines Aug in Auge Bewusstsein nicht ohne tiefer reichende Anstrengung zu erreichen. Das Leben spielt uns hierbei immer wieder Möglichkeiten mehr oder weniger offen zu, die uns auf die eine oder andere Weise anstossen innere Hindernisse aus dem Weg zu schaffen, damit erweiterte Begegnungsräume entstehen, wieder belebt werden können. 
Das Leben ruft uns zu. … Begegnung, begegnen, über mich, meinen gegenwärtigen Horizont hinaussehen, offen sein Vorhänge vor meinen Fenstern zur Welt beiseite zu schieben und auf Fremdartiges zuzugehen - mir tiefer zu begegnen. 
Wann begegne ich mir selbst in Tateinheit wirklich. Wann komme ich wenigstens in eine Nähe zu mir, in eine Nähe, die mich nicht von allem Anfang an in vernebelnde Selbstillusionen verstrickt. Cave Cerberus. Hüte Dich vor dem Hund, der Deine Ego-Burg bewacht. Er ist wachsam, sehr wachsam. 
Selbstillusionen, die hauptsächlichen Bausteine der Ego-Burg, haben sich zumeist über Zeiträume hinweg, die bis in die Kindheit oder noch weiter zurückreichen aus den unterschiedlichsten Geschehnissen heraus wie abgesondert und von dort her Erlebnisse verkapselt, an die sich im Laufe der Zeit Narrative banden, die ihre Träger in der Folge veranlassen können bestimmte Wahrnehmungen von vorne herein auszuschliessen. Warum? Weil sie von heute her gesehen verunsichern, bzw. ein Gefühl zunehmenden Unwohlseins auslösen, das den Boden wie unter den Füssen wegzuziehen scheint. Momente, die genauer besehen vom Grunde der Seele her eigentlich zum …. Aufwachen anregen, ein „Neu-Bewegen“ intendieren wollen, denen sich aber vielerlei individuelle Widerstände entgegenstellen. 
Die eigene Individuations-Geschichte just in dem Augenblick in die Hand zu nehmen, da ein derart fragiles Erleben die Seele unmittelbar oder nicht weniger bedrohlich mehr hintergründig peripher beunruhigend bestürmt, ist kein leicht Ding. Weil: Weil diese seelische Fragilität eine Verletzlichkeit, um nicht zu sagen auch Gefühle einer inneren Nacktheit mit sich bringen, die um jeden Preis von den Menschen, die sie betreffen bedeckt gehalten werden wollen. Und solche Menschen gibt es heute weit mehr als es nach aussen hin in Erscheinung tritt. 
Es ist nur einfach nicht opportun sich mit einer derartigen Verletzlichkeit offen zu zeigen. Unter die Lupe genommen entpuppt sich der phänomenale Umkreis einer derartig gegründeten Verletzlichkeit für den Beobachter als etwas höchst Seltsames. Erblickt er doch hinter den Versuchen diese inneren Geschehnisse zu verbergen, tief ummantelt in der Seele gleichsam die Gebärmutter von Prozessen und in dem, was diesen zu Grunde liegt, was in diesen Prozessen auf den ersten Blick hin sich ausdrückend lebt - „ein Nichts.“ 
Ja ein Nichts, das auf den Bereich des mittleren Brustbeins unscheinbar drückt und dessen Wirkungen auf das Herz ausstrahlen. Doch halt. Wie kann ein Nichts solcherart Wirkungen auslösen? 
Es kann, weil dieses Nichts und die Möglichkeit es vor die eigene Anschauung zu bekommen anscheinend in vollkommener Dunkelheit ruht. Der Mensch dem solches widerfährt weis, dass da im Dunklen ein für ihn nicht Greifbares schlummert, ein „Wie im Nichts“ sich Verbergendes sein Dasein hat. Nur reicht die Kraft der eigenen Wahrnehmungsfähigkeit für das Gewahren der damit einher gehenden Phänomene nicht aus. Zumal diese Phänomene in ein beständiges Fliessgeschehen eingebunden in Erscheinung treten. Ein gleichsam tastend sich Einfinden in diesen dunklen Bereich der Mitte über dem Brustbein lässt einander gegenläufige Bewegungen erspüren, Willensbewegungen, die recht virulent agieren. 
Die still sich anbahnende Geburt des Ich im Tod des Ego, eine Lichtgeburt im stetigen Loslassen der in Vorstellungen gebannten Selbstillusionen. Die soziale Herausforderung heute im Begegnen von Mensch zu Mensch. 
 
Bernhard Albrecht

Montag, 2. November 2020

Die noch offene Frage Karl Ballmers Teil 2

Was heisst das nun ein hervorbringendes Denken in Vielfarbigkeit zum Ausdruck zu bringen? Wie kann so etwas von Statten gehen ohne dabei dem Subjektiven zu verfallen? Ist es möglich dieser Gefahrenquelle zu entgehen? Um hier auch nur ein wenig Klarheit zu schaffen sind individuell jeweils nicht gerade wenige Fragen tiefer zu erwägen und in inneren Anschauungsprozessen einer schrittweisen Klärung zuzuführen. Sprechen wir also, wie hier mehrfach betont, von einem hervorbringenden Denken, d.h. von einem Wirklichkeit schaffenden Denken, so blicken wir dabei auf die Bewegung im Denken.

Bewegung im Denken: Bewegung ist wiederum an den Willen gebunden. Über den Willen jedoch nicht nur abstrakt zu reflektieren, sondern seiner im beobachtenden Erfahren inne zu werden, das ist eine Sache für sich und alles andere als einfach. Im Zuge eher allgemeiner Gepflogenheiten zu denken bedeutet das, dass sich bildhaft gesprochen, die Begriffe zumeist wie beiläufig in ihrer jeweiligen Ordnung auf einer gleichsam inneren Leine aneinander reihen und damit ihre Aussage dokumentieren. Das Bewusstsein für ihre Ordnung orientiert sich dabei grösstenteils an unterschwelligen Vorstellungsstrukturen, die gleichsam wie unscheinbare Schleier über das geworfen werden, was unbewusst als die Wirklichkeit angesehen wird.

So gesehen geht der gängige Begriff von Wirklichkeit auf eingeübte und von daher tradierte Vorstellungskonstrukte zurück. Vorstellungskonstrukte oder auch Standpunkte eines Verstandes der, wie es das Wort „Verstand“ nahe legt, primär aus dem Stand, bzw. aus der Gebundenheit an Gewohntes, an das, was als gesichert angesehen wird oder bündig gesagt aus einer beliebigen Ego Haltung heraus urteilt.

Den Verstand so eng an das Ego zu koppeln wird nicht allen Lesern hier gefallen. Und doch ist es sinnvoll dies einmal unter Einbindung der Klarheit des Verstandes versuchsweise zuzulassen. Sich also die Grundfähigkeit des Verstandes nutzend, im Beobachten wie über die Schulter zu schauen und dabei zu bemerken, dass das Ego sich wie ein Bremsklotz verhalten kann, um auf diese Weise zu verhindern in eine fragende Offenheit hinaus zu schreiten. Oder anders ausgesprochen Sokrates in seinem „ich weis, dass ich nicht weis“ im eigenen inneren Erfahren das Erkunden auf mögliche Neulande für ein vertieftes eigenes Erfahren eigentätiger Wirklichkeitsbildungen mutig zu gewähren. Mithin denkend im je einzelnen Falle die jeweils sich gerne verborgen haltenden Bezugspunkte des Ego zu identifizieren, um so in eine echte vorwärts schreitende Bewegung zu gelangen, bzw. noch tiefer gegriffen das Denken wenigstens in einem ersten Ansatz als hervorbringende Kraft in Tateinheit zu erfahren.

Bewegung im Denken: Eine zweite Annäherung. Ich kann es nicht verschweigen, dass ein jeder Versuch sich Aufschluss über die Bewegung im Denken zu verschaffen von einer Vielheit Ego geleiteter Kräfte sogleich unterwandert wird, um dieses Bemühen auf jede nur denkbare Weise zu torpedieren. Nicht umsonst hat Rudolf Steiner so nachdrücklich darauf hingewiesen, dass alle Vorstellungen verbrannt werden müssten. Denn Vorstellungen wirken wie Sperrriegel gegenüber der Realität des Geistes, wie sie über die Bewegung des Denkens schrittweise erfahren werden kann. Die Bewegung schafft die dynamische Basis, dass sich tiefere Schichten eines geistigen Erfahren enthüllen können.

Die Strenge mit der ich das nunmehr zu sagende ausdrücken muss, erschüttert mich im Augenblick, da ich diesem Sagen innerlich voraus greife, selbst. Wer sich nicht bewegt von Augenblick zu Augenblick, der ist schon tot bevor er stirbt.
 
Die Möglichkeiten zu neuen Horizonten, was ein geistiges Anschauen über abstrakte (nicht nur wissenschaftliche, sondern auch spirituelle Positionen hinaus) betrifft stehen geradezu stürmisch allerorten vor den Türen. Ein Strukturwandel im Wirklichkeit Verstehen bezogen auf sich selbst, wie im gesellschaftlichen Umgang untereinander mit seinen gesamthaft so differenziert vielfarbigen sozialen Lebensäusserungen ist mit grossem Ernst an die Hand zu nehmen. Warten auf Anweisungen von wem auch immer verstärkt nur die allseitig schwärenden Angsttriften um mich herum. Ich, ein jeder kann hier nur seinen ganz eigenen Neubeginn starten. Tätige Offenheit im Kleinen und nicht angstvolles sich Verkriechen unter Schutzschirmen welcher Art auch immer sind gefragt.

Corona ist als ein Schuss unmittelbar vor den Bug zu sehen. Und das bedeutet? Wie weit bin ich bereit mein Denken grundlegend neu zu konfigurieren, was heisst auf eigene Füsse zu stellen. Ich sagte es ja schon, die Wirklichkeit schaffende Dimension in meinem eigenen Denken zu verankern und tätig zu entwickeln. Wie kann das aber gehen ohne von allem Anfang an in die oben bereits angedeutete Ego Falle wie blind hineinzulaufen? Tun wir das nicht alle öfter ohne uns das einzugestehen? Das Ego stellt sich nämlich nicht nur als verborgen gehaltene Dimension eigenen Machtwillens, sondern auch als willkommenes Ruhekissen dar. Es ist kurz zusammengefasst gesagt eine für Niemanden zu umgehende Grösse in der heutigen Zeit und kann nicht vermieden, sondern nur aufgelöst werden. Und zwar durch Fragen, Fragen bis an die Ebene des „ich weis, dass ich nicht weis“ heran. Erst an diesem Punkt inneren Bewegens im Denken verwandelt sich die Aufmerksamkeit in ein Fischernetz. 

Was soll das nun wieder? Aufmerksamkeit und Fischernetz? Ja Fischernetz, denn erst wen ich meine Aufmerksamkeit wie ein Fischernetz still und leise in Wartestellung auswerfen kann und das in innerem Loslassen immer wieder, entfaltet mein Bewegen im Denken eine solchermassen dynamische Willenskraft aus sich heraus, dass sich diese Kraft gleichsam wie ein zarter silberner Faden um die Begriffe legt und diese so empfänglich werden für das Gewahren und Ausdrücken Können von höheren Geisteserkenntnissen. Die Aufmerksamkeit gestaltet sich um in ein inneres Fliessgeschehen und im Hinschauen auf dieses Fliessgeschehen erfahre ich bewegt in Bewegung den Willen als Kraftpotenz zunehmend umfassender in mir. Das ganze Spektrum eigener Willensverfestigungen wie bisher nicht ausgeschöpfter Willensmöglichkeiten wird sichtbar und befördert das Erwachen auf mein “Erkenne Dich Selbst“ hin, auf das was der Mensch im tiefsten Sinne ist. Ein Ich-Repräsentant des Geistes.

Damit komme ich auf Karl Ballmer und seinen Verweis auf „das historische Auftreten des wirklichen Ich“ zurück. Ich- Repräsentanz in individueller Vielfarbigkeit ist - blicke ich dabei auf das dadurch zu Tage tretende erwachende Bewusstsein für den je eigenen Willen hin, wie ich es oben skizzenhaft, in der Weise wie es mir heute möglich erschien, in wenigen Sätzen zu beschreiben versuchte - eine Herausforderung von historischem Ausmass. Sie kann nichts anderes als eine Sturmfront auslösen mit Blitzeinschlägen auf das jeweils individuelle „Erkenne Dich Selbst.“ Wo Freiheit aus individuellen Seelen heraus zum Wachsen kommen will kann dies nicht anders geschehen als über Sturmböen des Scheitern hinweg. Also über ein Scheitern, das in seiner schmerzvollen Tiefe den Humus bildet für zukünftiges Gelingen.

Nicht vernebelnd über das Scheitern hinweg zu gehen, sondern, anstatt Gift weiter nach aussen zu versprühen und Illusionen im eigenen Inneren zu pflegen, auf das eigene „Erkenne Dich Selbst“ mit allen daraus hervorgehenden Konsequenzen hinzublicken, dazu wollte Karl Ballmer zu seiner Zeit hinweisen. Den historischen Moment nicht zu verschlafen. Denn in die Tiefe reichende Veränderungen innerhalb grösserer oder kleinerer sozialer Kontexte lassen sich nur über Wandlungen, bezogen auf das eigene „Erkenne Dich Selbst“ auf den Weg bringen. Gestern wie heute und morgen.

© Bernhard Albrecht Hartmann 02.11.2020


Donnerstag, 22. Oktober 2020

Die noch offene Frage Karl Ballmers Teil 1

Die noch offene Frage … drückt sich in der Sprache von Karl Ballmer eher wie das Poltern einer herannahenden Sturmfront aus, wenn er davon spricht, dass „das historische Auftreten des wirklichen Ich für die „Wissenschaft“ die Notwendigkeit (bedeute) das System der Begriffe zu verwandeln in ein System der Iche.“(1) Hierin ist er ganz der Zen-Meister, der seine Schüler herausfordert sich in diesem Zusammenhang endlich die notwendigen tiefer reichenden Fragen zu stellen. Für Ballmer ist das was er sagt eine Notwendigkeit (er setzt das Wort Wissenschaft sogar in Anführungszeichen), deshalb sein so vehementes Anschieben dieser Frage. 

Für die Wissenschaft schien diese Frage dazumal anscheinend aber nicht wirklich virulent zu sein. Manche Fragen schlummern eben im Gang der Geschichte so lange im Hintergrund vor sich hin bis die Zeit dafür reif ist sich ihnen stellen zu können. Das was Ballmer hier anspricht ist nämlich schon einigermassen herausfordernd und konnte demgemäss durchaus Anlass geben sich fragend auf diesen Ast lieber nicht hinaus zu begeben. Die Gefahr bei einem derartigen Unterfangen sogleich rüde abgesägt zu werden war durchaus gegeben. Und … ganz nüchtern betrachtet … ist diese Gefahr auch heute nicht von der Hand zu weisen, denn nichts wurde und wird von je her mit härteren Bandagen verteidigt als zu Paradigmen ausgewachsene Vorstellungskonvolute. Und die gängige Vorstellung von Wirklichkeit auch nur leise in Frage zu stellen, das rüttelt am Existenzverständnis eines jeden Menschen.

Wie sehr dieses Wirklichkeitsverständnis erschüttert werden kann, das zeigt aktuell die Corona-Krise. Es kann nicht so weitergehen wie bisher, das wird von Tag zu Tag deutlicher. „Du musst Dein leben ändern“ klopft, wenn auch von nicht Wenigen gegenwärtig nur widerwillig zur Kenntnis genommen, in nicht mehr so einfach wegzuweisender Art und Weise an die Tür. Die Wirklichkeit fordert einen aktiveren Umgang mit ihr heraus. Was morgen geschieht, das wird durch mein, durch unser aller Tun … heute mit erwirkt.

Sehr direkt gesagt ist also Wirklichkeit, wie dieses aktuelle Beispiel zeigt mit einem Male nicht mehr per se ein fester Bestand unseres Lebens? Weil, wie schon das in dem Wort Wirklichkeit verborgene Wort „wirken“ auf einen tätigen Prozess des Erwirken deutet, Wirklichkeit demnach das Ergebnis eines Hervorbringen und nicht eine Gegebenheit schlechthin ist?

Wird etwa durch die Corona Pandemie der näher rückende Horizont dessen sichtbar, was Karl Ballmer das historische Auftreten des wirklichen Ich nennt? Wird mit diesem Ereignis die treibende Kraft zukünftiger Wirklichkeitsbildungen durch dieses Ich als „die“ entscheidende Herausforderung nunmehr deutlicher sichtbar? Tritt damit das Ich, das die wirklichkeitsbildende Kraft in sich entdeckt vor aller Augen?

Untersuchen wir den anscheinend zu Grunde liegenden Sachverhalt noch etwas genauer. In der Verständnisbildung dessen was Wirklichkeit in Tat und Wahrheit ist geht es um die Wirklichkeit bildende Kraft im Denken. Diese sich zur inneren Anschauung zu bringen ist der tiefere Kern dessen, was Rudolf Steiner in der Aussage zusammenfasst, die er seinem philosophischen Grundlagenwerk: „Die Philosophie der Freiheit“ als innere Arbeitsanweisung im Untertitel hinzufügt - „Seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode.“

Bis heute ist diese Arbeitsanweisung dem äusseren Anschein nach weder von Seiten der offiziellen Wissenschaft, noch von der Mehrheit anthroposophisch arbeitender Menschen ihrer tieferen Essenz nach verstanden worden. Eckhart Förster benennt das in seinem Vorwort zum SKA Band 2 so: „Ohne den bereitwilligen Versuch, ein solches sich selbst erzeugendes Denken im Sinne Steiners selbst auszubilden, wird sich über dessen Wirklichkeit nichts entscheiden lassen (1, 2).“

Das Besondere der Wirklichkeit des Denkens von Rudolf Steiner ist nämlich dies, dass er den Willen im Denken wieder zum Bewusstsein erweckte, der in der Wissenschaftsentwicklung seit Aristoteles verloren gegangen war. Mit der Folge, dass das Verstandesdenken für ein eher allgemeines Bewusstsein sich mehr und mehr in immer schwerer zugänglichen Abstraktionen verlieren und verschliessen, dass es bis in weite Teile des gesellschaftlichen Lebens zu einer mehr oder weniger grossen Spaltung zwischen Denken und Handeln kommen konnte.

Im Grunde ist in dem Untertitel zur Philosophie der Freiheit - Seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode der Keim einer neuen Dialogkultur verankert, ist die Veranlagung zu einer inneren Unterscheidungskraft für das Denken, das eben durch Unterscheidungsbereitschaft ganz auf das eigene „Erkenne Dich Selbst“ seinen Willen in Bewusstheit hinein entwickelt, gegeben.

Die Tragik ist, dass eben diese inneren (seelisch beobachteten) dialogischen Prozesse wechselseitig mit Bewusstsein (nach naturwissenschaftlicher Methode) zu durchdringen innerhalb anthroposophischer Zusammenhänge dem Anschein nach zu wenig ausgebildet und von wissenschaftlicher Seite der neue Ansatz im Umgang mit dem Denken bis zu Eckhart Förster nicht wirklich erkannt wurde. Mit Thomas Nagel (4) gesprochen ist hierzu anzumerken. Da die Frage nach dem sich selbst erzeugenden Denken durch einen ausgewiesenen wissenschaftlichen Fachphilosophen nun einmal gestellt ist wird diese Fachdisziplin in angemessenem Zeitraum nicht umhin kommen sich mit diesem Problemzusammenhang näher zu beschäftigen. Denn: „Philosophie darf keinesfalls zu ermässigten Ansprüchen ihre Zuflucht nehmen (5.1).“ Sie fusst auf der steten Weiterentwicklung „ihrer eigenen unterentwickelten Fähigkeiten (5.2)“ und was not tut, so ich in der unweigerlichen Kollision einander widerstreitender Perspektiven auf das „Absurde“ stosse, „ist der Wille, es mit ihm aufzunehmen (5.3).“

Anthroposophisch arbeitende Menschen können sich hier die Frage stellen, so sie die Weltlage ohne Selbstüberhebung sich tiefer vor Augen rücken, haben wir etwa nicht ernsthaft genug gearbeitet. Bei der heute gesamtgesellschaftlich weiten Verbreitung verschiedener Meditationen ist nicht in jedem Fall die Gewähr damit verbunden, dass damit auch seelische Beobachtungen sozial wirksam werden. Denn nicht selten gehen damit egoistische Ambitionen einher, die seelische Beobachtungen auf das „Erkenne Dich selbst“ hin unterbinden.

© Bernhard Albrecht Hartmann 22.10.2020

(1)https://ich-quelle.blogspot.com/2018/09/die-frage-nach-dem-wirklichen-ich-eine.html
(2)https://ich-quelle.blogspot.com/2017/09/den-willen-dynamisieren_97.html
(3)Steiner Kritische Ausgabe  (SKA) 2, Frommann-Holzboog Verlag Stuttgart-Bad Cannstatt
    2016, daselbst Vorwort von Eckhart Förster S. XVI
(4)https://ich-quelle.blogspot.com/2016/07/einige-anmerkungen-zu-thomas-nagel-der.html
(5.1) S. 22, Abs. 27, Vorrede: Thomas Nagel, „Der Blick von Nirgendwo,“ Suhrkamp TB 2012
(5.2) S. 23, Abs. 28 dito
(5.3) S. 24, Abs. 29 dito





Samstag, 17. Oktober 2020

Aus aktuellem Anlass ...

Nachfolgender Text war ursprünglich als Kommentar auf einen Beitrag von Michael Eggert vor 13 Monaten geschrieben (1). Aus aktuellem Anlass stelle ich diesen Kommentar nun hier ein weiteres Mal ein, versehen mit einem Zusatz.



Kommentar 28.08.2019


Der Selbstgefühligkeit in sich in ihren vielfältigen Schattierungen zu Leibe zu rücken ist wahrlich kein leicht Ding. Wenn Du das, Michael, von Dir her nicht auch da und dort als Erfahrung mit Dir herumtrügest, Du hättest dies in Deinem Beitrag nicht so sensibel ansprechen können. Mit Wilfried Jaensch gesprochen, den Du mit einigen Gedankengängen zur Bedeutung der „Kraft der Unterscheidung“ in diesem Blog-Beitrag zitiertest (2) ist in meinen Augen die zentrale Kraftdynamik benannt, die ein Freies Geistesleben „überhaupt erst“ in seiner tieferen Bedeutung zur Erscheinung verhelfen könnte. 


Noch ist die Kraft der Unterscheidung im Wesentlichen nach aussen gerichtet. Wenn es denn gelänge diese Dynamik neben dem Aussenbezug im Innenverhältnis jeweils ganz bei sich zur Anwendung zu bringen, ohne irgendwelche direkten oder verdeckten Projektionen, Unterstellungen oder Vermutungen, wenn die bisher mehrheitlich gängige abstrakte Reflexion mit ihrer immanenten Versuchung zum dualen Streit-Diskurs in eine non-duale seelische Beobachtung hinein sich bändigen könnte, dann würden sich noch ganz andere Dimensionen im Verständnis von Rudolf Steiner auftun. So meine Auffassung in Folge einiger Aha-Erlebnisse.


Manchmal kommt es mir so vor, wenn ich so gewisse Diskurse über ihn verfolge, dass da - im Bilde gesprochen - gleichsam fünf Töne aus einer Fuge von J. S. Bach herausgelöst werden, um vollmundig abzuleiten, Bach sei ein kompositorischer Spinner. Ich betrachte das und das ist jetzt bewusst sarkastisch gehalten als „eine wissenschaftlich sachliche Spitzenleistung.“ Ist denn Rudolf Steiner ein Kratzbaum für jede Art von Gefühligkeit, verkleidet in abstrakte Reflexionen?Und damit verteidige ich Rudolf Steiner noch nicht einmal, ich lege lediglich den Finger auf die Art und Weise wie mit seinem Werk immer wieder methodisch umgegangen wird.



Zusatz 17.10.2020


Selbstgefühligkeit ist gemein hin viel weiter verbreitet als auf ein erstes hin angenommen. Nicht nur in privaten Unterredungen, sondern auch innerhalb wissenschaftlicher Diskurse. Vorurteil und Unterstellung sind hintergründig mitunter mehr als der äussere Anschein dies ausweist anwesend und vernebeln von daher unmerklich die Faktenlage, verlagern, weil den Sachzusammenhang nicht tief genug befragt, sich selbst in den eigenen Einstellungen nicht wirklich in Frage gestellt, was eigentlich zur Grund-Haltung des zeitgerechten wissenschaftlichen Forschen gehörte und drängen so die notwendig allseitig gebotene sachliche Unterscheidungskraft durch verschleierte Ideologie Einschübe unversehens aus der Mitte wertschätzender Untersuchung und Befragung über Ränder, die durchgehend sachgeleitet nicht überschritten würden.


Das Nirgendwo abendländischer Wissenschaftlichkeit, d.h. der Erkenntnisgewinnung aus inneren und äusseren Dialogen - im Wortlaut des Sokrates das „ich weiss, dass ich nicht weis“ - wird unversehens einem je unterschiedlichen Belieben geopfert.


Im Diskurs Wissenschaft versus anthroposophische Geisteswissenschaft geht es aber um sehr viel mehr als das Verweisen auf wissenschaftliche Paradigma oder das Beharren auf unterschiedlichen wissenschaftlichen Positionen. Es geht entlang der jeweiligen Diskurs Linien um die Handhabung des Denkens, das sich nicht wie bisher hinter Abstraktionen in seinem begrifflichen Verständnis der jeweiligen Sachverhalte zu verstecken weis, sondern sich allseitig wissenschaftlich forschend auf den Weg begibt. Allseitig, d.h. das „Wie“ des Denkens in die Sachuntersuchung mit einbezieht, also prozessorientiert auf das eigene erkenne Dich selbst hin zu denken.


Auf den Punkt hin gesagt geht es um das Bezeugen der jeweils eigenen lebendig durch individualisierten Geisteshaltungen in achtsam wie gleicherweise stringent geführten Dialogen. Dass dies alles andere als leicht ist versteht sich aus der Sache von selbst. Innere Entwicklung war noch zu keiner Zeit leicht (3). Und schon gar nicht ein eigenständiges Denken zu entfalten und durchgängig aufrecht zu erhalten ohne andere Denkwege dadurch zu diskriminieren, ein Freies Geistesleben nicht nur als ideologische Schildwehr vor sich her zu tragen, sondern in konkreten Lebensereignissen zu manifestieren.


Bewusstseinsseele reift im Realisieren des eigenen erkenne Dich selbst, wie gleicherweise in der Wertschätzung fremder Erfahrungswege des Denkens innerhalb damit einhergehender Dialoggeschehnisse in ihre individuell/überindividuelle Wirklichkeit hinein. Der Widerstand den mir andere Menschen dabei entgegensetzen verhilft mir dazu mein Erkenne Dich selbst mit Bewusstsein zu durchdringen, mithin der eigenen Freiheit gegenwärtig zu werden. Das Vernachlässigen dieses erkenne Dich selbst innerhalb dieser Prozessereignisse bedeutet mehr als einen Rückschritt aus der Zeitgeistigkeit, es zieht, entgegen aller anders lautender Lippenbekenntnisse, das Abkoppeln von dem was Rudolf Steiner inaugurierte nach sich.


Rudolf Steiner in seinen Aussagen unmerklich auf die Ebene von Bank-Wertschriften zu minimieren, deren Kurs mit Haken und Klauen zu verteidigen seien, kommt einem Ausverkauf der je eigenen Entwicklungsfähigkeit zu tatsächlich individueller Freiheit gleich.


Die moderne Jordan Taufe vollzieht sich im eigentätigen Untertauchen in den Fluten des Erkenne Dich Selbst innerhalb der dafür den Rahmen gebenden Dialogereignisse, die das je individuelle Metanoia nach sich ziehen.



© Bernhard Albrecht Hartmann  17.10.2020

https://egoistenblog.blogspot.com/2019/08/artifizielle-anthroposophische.html#more 

https://egoistenblog.blogspot.com/2019/08/die-geistige-currywurst-aus.html 2. und 3.Absatz 

https://ich-quelle.blogspot.com/2017/10/nachtgedanken.html



Dienstag, 29. September 2020

Etwas vom Anschauen des Geistes im Dialog

Vom „Anschauen des Geistes“ sprechen zu wollen ist ein schwieriges Unterfangen. Warum? Weil eine tatsächliche Anschauung dessen was Geist als Erfahrung ist nur aus einer grossen Willensanstrengung immer wieder neu und fortschreitend tiefer hervorgehen kann. Denken und Wille müssen innerlich zu einer Einheit im Erfahren verschmelzen, damit daraus ein Organ für ein echtes Anschauen des Geistes erwachsen kann. 
Solange wissenschaftliches Forschen sich auf ein durch und durch abstraktes Denken stützt, das zudem seine Forschungsgegenstände allein im Aussen meint suchen zu können und das Denken als zentralen Ordner dynamisch forschenden sich Bewegen und aus sich Deuten der Forschungsergebnisse nicht in sein untersuchendes Forschen fragend einbezieht, solange scheint es mir, wird sich diese Wissenschaft aus ihrer gegenwärtigen Krise nicht heraus bewegen können. Die Art und Weise „wie“ ich über wissenschaftlich zu Tage geförderte geistige Forschungsaspekte nachdenke beeinflusst die Ergebnisse, die am Ende herauskommen. Heisst es doch das Was bedenke, mehr jedoch das Wie. Gerade aber Letzterem scheint die Wissenschaft heute in ihrer paradigmatischen Bindung an die objektseitige, bzw. subjektseitige Feldzuordnung ihrer wissenschaftlichen Aussagen immer wieder auszuweichen. 
Anders ausgedrückt, die Wissenschaft konnte bisher - im Sinne einer von heute her notwendig zu konstatierenden entwicklungsgeschichtlichen „Blickfeld-Erweiterung“ - zum Kern ihres eigenen Selbstverständnisses noch nicht gesamthaft vordringen. 
Weil: Seit der Renaissance die Grenzen des Forschen von der Aussenbetrachtung her immer weiter ausgedehnt werden, ohne die Innenseite des fragenden Forschen, nämlich Denken und Wille in adäquater Weise in das forschende Erfahren mit einzubeziehen. Was Denken und Wille in der konkreten individualisierten Anschauung und nicht nur in einer abstrahierenden Abspaltung sind bleibt daher in einem vermeintlichen Wissen verborgen und harrt aus der damit einher gehenden Fremd- Überlagerung durch Vorstellungen noch seiner tatsächlichen verstehenden Enthüllung. Erst wenn Denken und Wille innerlich vor das Bewusstsein eines tatsächlich eigenständigen „Erfahren“ gerückt sind ist die Basis betreten, von der aus im strengen Sinne von einem allseitig wissenschaftlichen Forschen gesprochen werden kann. 
Damit ist „vom Grunde her“ die zeitgemässe Wahrheitsfähigkeit nicht nur der so genannten wissenschaftlichen Elite, sondern die eines jeden Menschen angesprochen. Eine Wahrheitsfähigkeit die jeder Mensch nur in eigener Selbstverantwortung an die Hand nehmen und ausbilden kann. 
Wahrheitsfähigkeit ausbilden - im Dialog, was bedeutet das hier im konkreten Fortgang des bis anhin Gesagten? Und - ist in diesem Zusammenhang nicht auch auf ein Anschauen des Geistes verwiesen? Wie aber soll das möglich sein, da doch gerade in dialogischen Räumen von allzu vielen Seiten sich so Unheilvolles auszubreiten scheint? 
Anschauen des Geistes im Dialog - das Anschauen … : Was steht mir so betrachtet also in den Worten, die ein anderer Mensch dialogisch ausspricht gegenüber? Bin ich hier bemüht mich tastend auf den Kern zu zubewegen, so gerate ich unwillkürlich ins Stocken, denn in allzu vielen Fällen, muss ich genauer besehen im rückblickenden Besinnen feststellen, dass ich die mir zugesprochenen Worte vor meiner Antwort mir nicht wirklich vergegenwärtigt habe, was heisst, ich habe mich nicht so in den Rang eines Gegenüber versetzt, dass sie von daher näher betrachtet und vertieft verstanden, weil weitläufiger überschaut werden konnten. 
Von wegen „gegenüber!“ Mehr auf mich selbst zurückfallend als dem anderen Menschen zugewandt habe ich aus unterschwellig eigenem Vermeinen heraus, demnach aus einer Vorstellung heraus, was in diesen Worten angeblich ausgedrückt sei, meine Antwort gegeben, bzw. auch nur meine stille Auffassung davon gebildet. Ich bin dem „Worten“ des anderen Menschen und damit dem Geist aus dem dieser sprach nicht wirklich begegnet. 
Wenn wir dem Anschauen des Geistes, der Neu-Grundierung der eigenen Wahrheitsfähigkeit hier nur um ein Weniges näher kommen wollen, was ist dann darüber hinaus noch geschehen? Um was geht es in einem Gespräch, wenn es denn ein Gespräch sein soll, bzw. werden will? Es geht um Lauschen und nicht um Selbstbehauptung in einem dualen Schlagabtausch. Es geht darum ein Gespür für den Wind des Geistes zu entwickeln, einen Sinn in sich aufzuschliessen für „Botschaften“ die mich über den anderen Menschen zu erreichen suchen. Der Wind des Geistes weht überall. Die Frage ist allein die, ob ich ein aufgeschlossenes Ohr für sein „Flüstern“ bereit stellen kann und will. 
Dafür ist in mir der Wille aufzurufen der Stille zwischen den Worten, die zu mir gesprochen werden Raum zu geben. Also bereit zu sein Augenhöhe zu dem sagend sich Aussprechenden herzustellen und zwar gerade dann besonders, wenn das Sagend an mich Herantretende fremdartig oder gar unangenehm in mir aufstösst. Es geht also nicht um Wegweisung von diesem oder jenem Aspekt des Gehörten oder auch Gelesenen, ob einseitig oder wechselseitig. Es geht immer um spezifische Botschaften, um Integration, um die Offenlegung des Erkenne Dich selbst innerhalb der nächsten Lebensschritte im Hier und Jetzt. Das heisst - so ich Willens bin die entsprechende Botschaft zu vernehmen - es geht sehr konkret um mich. In den Worten des Dialogpartners bin ich - soweit ich einen Gesprächsbeitrag oder auch einen Streitbeitrag wirklich ernst nehme - über die Sachebene hinaus der unmittelbar Angesprochene. Jeder Teilhaber eines Dialogs in individuell besonderer Weise - denn der Geist spricht facettenreich und kann so die verschiedensten Menschen in je unterschiedlicher Weise erreichen, wenn sie es nur zulassen. 
Auch wenn es erschrecken mag, so weist das Verstehen des hier skizzenhaft Gesagten auf ein je individuelles Metanoia als Tor zu einem „tatsächlich“ Freien Geistesleben. Metanoia … Metanoia und nichts sonst. Denn das „Erkenne Dich Selbst“ allein kann in neuer Weise jene Verbindung zwischen Denken und Wille zeitgemäss wieder herstellen, die im Grunde schon in der Zeit von Sokrates , Platon und Aristoteles auseinanderbrach. Für die Wissenschaft und die durch sie zu erneuernde Wahrheitsfähigkeit bedeutet dies die abstrakte Reflexionsfähigkeit mit einer innseitigen Erforschung von Denken und Wille zu überwinden und mit einem erweiterten Erfahrungsbegriff damit auch Kant auf die Füsse zu stellen. Denn sprach er nicht davon, dass alles, wirklich alles in der Wissenschaft auf Erfahrung gestellt werden müsse. Eine Forderung, die er unvollendet hinterliess, die aber heute umzusetzen nunmehr dringend geboten ist. 
 
Bernhard Albrecht Hartmann

Dienstag, 25. August 2020

Fragment 1/2020

Welch ein Widersinn die Grundlegung der modernen Wissenschaft vom Nirgendwo her in einer Suchbewegung neu ins Auge zu nehmen? Das kann doch nicht sein - oder? Oh doch … und gerade jetzt, wo diese Wissenschaft in der vielleicht grössten Krise ihrer ursprünglichen Entwicklung steht.
Denn: Das Nirgendwo weisst auf die Grundfrage der Wissenschaft schlechthin. Das Nirgendwo führt uns in dynamischer innerer Bewegung an den Ausgangspunkt von Wissenschaft. Das Nirgendwo kann uns die Augen öffnen, hin auf die Brücke, die Sokrates seinen Schülern erstmals vom Denken her innerlich versucht hat aufzuzeigen.
Das Nirgendwo wird uns, so wir es wirklich wollen über die Schwelle des „ich weiss, dass ich nichts weiss“ hinaus führen die Wissenschaft jenseits scheinbar nicht zu umgehender Interessenkonflikte und dogmatischer Sicherheitsverpflichtungen allein auf der Grundlage der Würde des Menschen zu erneuern.
Sie, die Würde des Menschen ist der Anker, den es heute vorrangig zu verteidigen gilt. Ihr allen nur denkbaren Mut angedeihen zu lassen, das ist die Verantwortung eines jeden Menschen heute, der nicht länger mehr zu warten gewillt ist, bis ein Jemand den Karren aus dem Dreck zieht, sondern der das Seine still und leise im mutvollen Durchgang durch das „ich weiss, dass ich nichts weiss,“ tut, weil es nur von ihm, im stillen Verbund mit Vielen getan werden kann.

© Bernhard Albrecht 25.08.2020

Freitag, 14. August 2020

Zwischenruf 4/2020 ... oder die Furcht vor ...

Die Maske ist, „ist“ das Zivilisationsprodukt schlechthin. Weil … sich verbergen wenigstens vorübergehend die Illusion von Sicherheit vermittelt. Einer Sicherheit, die „nicht“ ist, denn ansonsten würde nicht soviel offenkundige und verdeckte Hektik unser aller Alltag immer wieder bestimmen. Ohne es „wirklich“ zu bemerken, sind wir nicht in einem viel zu grossen Ausmass unserer Tageszeit allein damit beschäftigt „Sicherheitslücken um uns zu schliessen?
Sie müssen das nicht glauben. Aber vielleicht nehmen „Sie“ doch gelegentlich einmal so etwas wie eine Lupe zur Hand und untersuchen ihr aller nächstes eigenes Bewegungsfeld innerhalb verschiedener Alltagssituationen, innen wie aussen. Je unbefangener Sie das tun können umso besser, denn die Selbst-Verschleierung ist die Mutter der Furcht.
Der Furcht … vor dem Ich.
Vor über 100 Jahren wurde es gesagt: Das Ich „lebe“ in der Aussenwelt (1). In der Aussenwelt? Für wen ist das eine Erfahrungstatsache?
Rudolf Steiner sprach in diesem Vortrag auch über die Bedeutung von Symbolen für die erfahrungsbasierte Erschliessung der „geistigen Welt.“ Nun, Laute wie Wortbildungen, sind sie ihrer Konnotation nach nicht auch so etwas wie Symbole? Mir ist klar, dass sich hier Widerspruch regt. Doch Widerspruch vielleicht nur, weil die Worte heute mit einem so hohen Abstraktionsgehalt gleichsam ummantelt sind, dass ihr verweisender Symbolgehalt auf eine geistige Welt nicht mehr so ohne weiteres erlebnismässig erfahren wird.
Wir haben uns eigentätig in Isolationshaft gegenüber der geistigen Welt versetzt. Und aus dieser Isolationshaft kann uns „niemand“ befreien als wir selbst.  
Das aber bedeutet in je individueller Weise: Willst Du Deine Furcht bemeistern und Dein Leben ändern? Willst Du Dein Welt-Anschauen, Dein Wissenschaftsverständnis erfahrungsbasiert öffnen und erweitern? Willst Du Deinen Willen vom Nirgendwo her dynamisieren? …

© Bernhard Albrecht, 14.08.2020
 

(1) Rudolf Steiner in seinem Vortrag auf dem Philosophen Kongress in Bologna 1911

Freitag, 31. Juli 2020

Zwischenruf 3/2020

„In die Stille des Erinnern hinein“ … will ich diesen Zwischenruf ergänzend betiteln.
Eine weise Frau machte in einer grösseren Runde vor einiger Zeit wie beiläufig diese Bemerkung: „Es ist ein Irrtum, dass Mütter Kindern zur Geburt verhelfen, sie geben ihnen lediglich eine neue Gelegenheit zu sterben.“
Ich bin nicht sicher, ob alle dazumal Anwesenden in dieser Runde die tiefere Bedeutung dieser Bemerkung wirklich verstanden, denn wer erschrickt nicht angesichts der Geburt eines Kindes diese sogleich mit dem Tod in Verbindung gebracht zu sehen. Und doch liegt in diesen Worten grosse Weisheit.
Stelle ich dieser Bemerkung ein Wort von Angelus Silesius an die Seite, mit dem er davon spricht: „Wer nicht stirbt bevor er stirbt, der verdirbt“ dann kann sich das Erschrecken über erstere Bemerkung sogar noch vertiefen. Denn dann spricht Dich dieses an: Verschlafe auf Deinem Weg ins Leben hinein nicht den Augenblick zu Dir zu erwachen. Erinnere Dich, wer Du vom Grunde Deines Wesens her bist. Sieh Dich im Spiegel der Wahrheit, im Spiegel des Du als Dich selbst und ermutige Dich im „Erkenne Dich selbst“ als Todüberwinder in eigener Sache. Bereite der Auferstehung Deines Wesens seinen Weg bevor Du verdirbst.

© Bernhard Albrecht

Sonntag, 26. Juli 2020

Zwischenruf 2/2020

Sturm auf dem See.
Ein Bild … oder eine Wirklichkeit, die ich (mit Verlaub wir) partout nicht sehen wollen, weil wir der Gewohnheit nicht wirklich nachhaltig entsagen können, weiter mit einer Stange versehen am Bug unseres Lebensschiffes stehend, uns durch mehr oder weniger immer gleiche Vorstellungskanäle (spirituelle wie materielle) vermeintlich vorwärts zu staken, ohne zu bemerken, dass wir uns im Kreise unseres eigenen Brackwassers bewegen.
Provokativ? Das will es an dieser Stelle auch sein.
Die Welt brennt. Und wir? Sind wir bereit unseren „vergessenen“ Mut neu zu entdecken und ein jeder auf seine Weise, aus seiner Lebenssituation heraus ins Nirgendwo zu gehen? Sind wir bereit die Basisfrage des Sokrates neu ins Auge zu nehmen und in die eigenen Seelentiefen hinein zu fragen, was weiss ich wirklich und wo hänge ich mich nur an diese oder jene fremden Kreditlinien? Wo verwurste ich mein Nichtwissen und fliehe vor dem Nirgendwo?
Nachhaltig in die Tiefe fragen, würde Sokrates heute sagen - der Mut zum Nirgendwo - ist der Beginn des ureigenen Ich Weges eines jeden Menschen in heutiger Zeit.

© Bernhard Albrecht

Donnerstag, 16. Juli 2020

Dag Hammarskjöld. Ein Ich Weg.

Eine Antwort auf den Beitrag von Michael Eggert:
https://egoistenblog.blogspot.com/2020/06/opfer-dag-hammarskjolds-politische.html#more

„Nur die Hand, die ausstreicht, kann das Rechte schreiben.“     (1) Diese Worte des schwedischen Dichters Bertil Malmberg (1889-1958), die Dag Hammarskjöld seinen Tagebuch Notizen voranstellt stehen mir seit der ersten Begegnung mit seinen „Zeichen am Weg“ 1965 immer wieder einmal still vor Augen. Meinerseits könnte ich dem heute hinzufügen: Nur das Wort, das im Herzen still behütet, kann Keimkraft freisetzen für das Werden des Ich.
Dag Hammarskjöld ist in der Selbstwahrnehmung seines „extrem prüfenden, selbstreflektierenden und Selbständigkeit suchenden Intellekt“ (2) einen Ich-Weg gegangen, einen Weg wie ihn auch Rudolf Steiner zum Beispiel in seiner Einleitung zu: „Die Mystik im Aufgang des neuzeitlichen Geisteslebens und ihr Verhältnis zur modernen Weltanschauung“ aufzeigt. Ihm blieb die Wahrnehmung seiner selbst, unter den Menschen mit denen er in Verbindung stand, kein Äusseres. Er tastete sich bis auf den Willensgrund dessen vor, was ihm seine Wahrnehmung in Selbsterkundungen immer deutlicher zusprach und erfuhr so “das erkenne dich selbst“ in fortschreitend tiefer durchlichteter Gegenwärtigkeit. 
Schonungslos sich selber gegenüber lies er sich auch von den Mächtigen dieser Welt auf der politischen Bühne mit ihrer Interessenpolitik nicht ins Wort reden und tat, was er für richtig hielt. Den Weg des Dialogs über alle scheinbar für unüberwindbar gehaltenen Hürden hinweg zu nehmen und mit Mois Tschombe in Ndola an der Grenze zu Katanga über einen Waffenstillstand zu verhandeln. Dass er damit in ein politisches Wespennest stach, das wusste er. Dennoch: Im Politischen Machtkalkül dem freien Geist nicht das Wort nehmen zu lassen, das war ihm das Risiko wert.
Er nahm den Schierlingsbecher aus der Hand des aufgebrachten seinerzeitigen Staatssekretärs des britischen Foreign Office und trank ihn vor aller Augen aus, indem er völlig überraschend Leopoldville verlies und nach Ndola flog. Wie wir heute wissen, sein Flug in den Tod.
                   
                   
                    Still …

                    Gerufen
                    Ihm Herberge
                    zu geben.

                    Ausgesondert
                    zu erfahren
                    Erden-Dunkel-Nacht.

                    Verlassen
                    frei den Tod
                    zu bestehen
                    ihn zu fliehen.

                    Sah ich -
                    für einen Augenblick
                    das Segel
                    im Sonnensturm
                    zerbrechender Zeit.
               
                    Tanzend
                    auf fliessendem Licht,
                    einsam -
                    seewärts geboren.

                    In -
                    einem Augenblick -
                    der Ich-Schau.

                    Dag Hammarskjöld - „Zeichen am Weg.“
                    Eintrag vom 11.06.1961, drei Monate vor seinem Tod.
                    Aus dem Englischen frei übertragen.
                    © Bernhard Albrecht Hartmann,
                    06.01.1976/09.07.2020

Wie offiziell vermeldet, wurde Dag Hammarskjöld am Tag danach(18.09.1961) ohne sichtbare Verletzungen tot neben dem abgestürzten Flugzeug, mit einem Grasbüschel in der Hand friedlich auf dem Rücken liegend gefunden. Als Einziger ohne Anzeichen von Verbrennungen in Folge des voraus gegangenen Flugzeugabsturzes.
War er gescheitert oder hat er vor aller Welt still bezeugt, was allein wichtig, das ungebrochene Vertrauen in das Rein-Menschliche als durch keine Verhandlungsblockade zerstörbare Entwicklungsferment? Den Eigentlichen Grundstein einer Völkergemeinschaft? Oder  w e i t e r  gedacht eines Freien Geisteslebens? Und damit den nur durch Individuation zu befreienden Geist, der sich im übrigen nur miteinander dialogisch entfalten lässt?
Hat Dag Hammarskjöld also in illusionärer Verblendung gegenüber einer etwaigen eigenen biographischen „Präokkupation, einer Besessenheit wider alle Vernunft den Boden unter den Füssen verloren und ist im doppelten Sinne abgestürzt? Oder hat er in letztlich nicht zu hintergehender Treue zu sich selbst genau diesen freien Geist in seinen Tagebuchaufzeichnungen, wie durch seine Tat vor aller Welt bezeugt - sprich den kurzschlüssigen Interessenkalküls und wohltönend etikettierten Vorstellungsverklebungen divergierender Machteliten „sein Nein“ entgegenzuhalten gewusst?
Vom damaligen Staatssekretär des britischen Foreign Office spricht heute kaum noch jemand, das Tagebuch Dag Hammarskjölds hingegen ist ein spiritueller Weckruf für viele Menschen bis heute.
Wären es demzufolge die stillen Wege auf die es ankommt? Sind sie es, die langsam den Grund pflügen, um Keime für Veränderungen zu umhüllen, die am Ende dem Leben wirklich nachhaltig zu dienen vermögen? Nun, im Kongo sind in Folge der schon von Dag Hammarskjöld aufgezeigten Kurzsichtigkeit gegenüber den Gegebenheiten vor Ort bis in die 2 -tausender Jahre hinein Frauen von gegeneinander operierenden Söldnertruppen vergewaltigt, sind Kinder versklavt in Kamps immer wieder und wieder zusammengetrieben worden, um in den Mienenfeldern gegenläufiger Interessen als Kindersoldaten sodann verstümmelt ihr Leben zu lassen. Wäre das also der nicht mehr zu widerlegende Beweis für das Scheitern von Dag Hammarskjöld? Oder ist da in punkto der Wirkung von Dag Hammarskjölds seinerzeitigen Bemühungen noch tiefer zu graben?
Tiefer graben:
Tiefer graben hiesse auch die Geisteshaltung von Dag Hammarskjöld wirklich verstehen und zu einer inneren Anschauung derselben vorzudringen. Kein leicht Ding Anschauung gegen Vermeinen hier zu profilieren, sprich die eigene Kernung auf den Weg zu bringen. Dag Hammarskjöld hat es auf seine ureigene Weise vorgelebt wie mit dem Fusel-Schnaps eigenen Vermeinens zu verfahren ist. „Nur die Hand, die ausstreicht, kann das rechte schreiben.“ Mit anderen Worten: Nur wer Vermeinen von Anschauung innerlich zu trennen weiss betritt Ich-Wege.
Auch Sokrates ging es in seinen Dialogen mit seinen Schülern schon um die rechte Anschauung dessen, was er mit seinen Schülern fragend zu erkunden suchte. Und ebenso wie von Dag Hammarskjöld kann auch von ihm gesagt werden, er sei wider alle Vernunft in den Tod gegangen, obwohl er die Gelegenheit zur Flucht gehabt hätte. Doch wie Dag Hammarskjöld blieb auch er sich treu und wankte keinen Schritt zurück vor den Mysterien-Wächtern seiner Zeit und bewies Haltung.

© Bernhard Albrecht

(1)  Dag Hammarskjöld Zeichen am Weg, Droemer Knaur München/Zürich 1965 S. 23
(2)  Henrick Berggren, Dag Hammarskjöld, Das Unmögliche möglich machen.       
      Die Biographie, Urachhaus Stuttgart 2017, S. 46
  

Dienstag, 30. Juni 2020

Zwischenruf 1/2020

Das Denken ist gerade dadurch kraftvoll und lebendig, dass es zart, tastend und zerbrechlich entsprechende Sinn-Felder öffnen, den Blick daraufhin richten kann und damit Authentizität zum Ausdruck bringt. Es trägt etwas still mit sich "von mach die Augen auf, halte sie auf und weite sie beständig." Querfront Brecheisen Ideologie, in welcher Weise auch immer, gehört nicht zu seinen gestaltenden Intentionen. 

Kollektive Verwirrung entsteht allein dadurch, dass das Denken seinen eigenen Quellgrund für sich noch nicht hat erschliessen können. Wenn Denken und Wille nicht zusammen geführt werden können, dann öffnen sich Türen für Verwirrungen ohne Ende. Denken ist ein Blickorgan, ein Organ mit dem wachsam umzugehen gelernt sein will. Warum wohl standen über dem Eingangsbereich alter Mysterienstätten die Worte: Erkenne Dich selbst? Das "Erkenne Dich selbst" zu behüten war die grösste Sorge von Aristoteles.

Wo das hinführt, wenn das Denken nicht seinem Wesen gemäss gebraucht, wenn es als Steinschleuder missbraucht wird, das können wir in den Twitter Kommentaren von Donald Trump verfolgen. Cäsarenwahn steigt aus dem Grab, mit allen üblen Nebenwirkungen.

© Bernhard Albrecht

https://egoistenblog.blogspot.com/2020/06/folge-der-wut-und-der-gralsritter-ist.html#more

Samstag, 27. Juni 2020

Den Willen dynamisieren vom "Nirgendwo" her(1) - überarbeitet

Was soll das heissen, vom „Nirgendwo“ her … den Willen? Verrückter kann ein Essay seinen Ausgangspunkt  wohl  nicht  setzen  oder? Doch wenn schon verrückt, dann will ich es genau wissen und dieser V e r - r ü c k - t h e i t  vorgängig mutig einmal tiefer ins Auge schauen. Sachlich. Kann das sein einen Tatbestand im „Nirgendwo“ aufsuchen? Bin ich etwa bekloppt so etwas untersuchen zu wollen? Und dann auch noch den Willen, den eigenen, den Willen (den freien?) dynamisieren, vom „Nirgendwo“?
Nirgendwo, Ja genau darum geht es. Die Herausforderung an die eigene Unbefangenheit sich auf bis anhin Ungewohntes einzulassen, etwas ins Auge zu nehmen, das Dir so heute nicht an jeder beliebigen Strassenecke begegnet. Deinen bisherigen Standpunkt zu hinterfragen oder gar festzustellen, dass Dein Selbstverständnis leise zu wackeln beginnt, dass selbst das scheinbar Absurde eines derartigen Ansinnens ein leises Unbehagen bezüglich des in Frage gestellten nicht beiseite zu schieben vermag. Wer weiss? Wenn ich es wirklich wissen will, dann muss ich mich mit der Frage nach dem Nirgendwo vielleicht doch näher befassen als mir eigentlich lieb ist?
Kann es sein, dass der Wille im Nirgendwo ankert? Hmm. Wenn ich ganz ehrlich sein will, dann weis ich gar nicht so recht was Wille eigentlich ist, habe … streng genommen keine so rechte Anschauung, was hier wirklich Sache ist. Da blicke ich in … eher dumpfe Untergründe.
Blicke ich? Wohl nicht wirklich. Wille hat auf ein Erstes hin betrachtet nämlich eher etwas mit mehr oder weniger gezügelten Trieben zu tun, die nur zu gerne tun wonach ihnen gerade der Sinn steht ohne lange zu überlegen? Triebe wissen ihre eigenen Wege zu gehen oder noch unmittelbarer ausgedrückt, sie wissen mich zu überrumpeln, was natürlich zumeist nicht gerne benannt wird, sondern eher ins Abseits möglichst schnellen Vergessens abgedrängt wird. Das Selbstbild könnte sich ansonsten erkälten. Das mit dem Willen ist also jenseits abstrakter begrifflicher Erwägungen eine höchst sensible Angelegenheit.
Wille in der eigenen Erfahrung sich zur Anschauung zu bringen, gleicherweise in seinen triebhaft geprägten Komponenten, wie seinen mentalen (spirituellen) Manifestationen ist alles andere als ein Unternehmen mit garantiert schnell nachfolgendem Erfolg. Warum: Weil Wille auf sich manifestierender Bewegung fusst. Und diese Bewegung zeigt sich im Bilde wie ein wildes, ungebändigtes Ross, das ich erst einmal zu bezähmen habe, bevor ich auf seinen Sattel aufspringen kann.
Aufspringen:
Es bedarf der Unbefangenheit, um zu einer inneren Erfahrung von dem kommen zu können was Wille seiner Essenz nach ist, einer grossen Offenheit, um vermeintlich Bekanntes mit allen Sinnen neu zu erfahren. Vergleichsweise hat Wille erfahren durchaus etwas mit dem ersten Moment beim Schwimmen Lernen zu tun, jenem Moment des totalen Loslassens „von allem“ bisher Erfahrenem und dem sich Einfinden in ein völlig neues Medium. Und doch ist Wille erfahren mehr als das, denn er wird seiner Konsistenz nach nicht nur wässerig erfahren, sondern ebenso feurig wie luftig und auf noch manch andere sehr fein verwobene Weise. Er ist elementar in seinem Charakter, wie immer wieder auch sehr leise und unscheinbar in seinem Ausdruck, so dass er sich dem Anschauen immer und immer wieder entziehen kann. Er ist ein Flüchtling, der nicht so leicht an die Kette gelegt werden kann und nach auch bestürzenden Erfahrungen genauer besehen wirklich beobachtbar und nicht nur begleitend erlebbar sich einfindet eigentlich nur in Ego befreiten Lebenszonen.
In Ego befreiten Lebenszonen:
Weil über Ego-Bezug und Abstraktion hinaus Wille in der Erfahrung im tieferen Sinne auf die Lebensessenz des Ich hinweist. Auf das Ich als Willensgeber.
Ego und Ich:
In dieser Kräftespannung liegt der Wille für die Beobachtung und daraus hervorgehend die eigenständige innere Erfahrung dessen was Wille ist geborgen. Wirklich zu greifen ist der Wille nämlich nur für Menschen, die den Mut aufbringen ihre je eigene Seins-Befindlichkeit mutig unter die Lupe zu nehmen, was heisst, dass sie über letztlich abstrakt verallgemeinernde Aussagen oder ideelles Flanieren zu diesem Problembereich in der Tat konkret werden wollen und  und von daher dazu bereit sind auch schmerzliche Konsequenzen aus eigenen Beobachtungen zu ziehen. Das heisst, ohne Ablenkungsmanöver in Form von Übertragungsversuchen persönlicher Willens-Ausdrucksweisen auf andere Menschen Verantwortung, basierend allein auf der eigenen Person, also Ich geführt zu übernehmen.
Das aber ist unangenehm. Ist es doch so viel einfacher den eigenen Willens-Triebmüll unversehens auf fremden Deponien klammheimlich zu entsorgen, sprich den jeweils anderen Menschen anzugreifen für eigene unter der Decke gehaltene verdeckt Trieb induzierte Willensschwächen oder Willensaussetzer. Was von anderer Seite zu fehlen scheint ist immer leichter festzustellen, als eigenes Verständnisbemühen langanhaltend zu vertiefen und Nicht-Eintreten oder gar Verschlafen von aus Zeiterfordernissen heraus sich abzeichnenden konkreten Forschungsfragen sich einzugestehen.
Zeiterfordernissen begegnen:
Weiss ich was ich will, stehe ich in einer inneren erfahrungsbasierten Verbindung zu meinem Willen, wenn ich in divergierenden sozialen Auseinandersetzungen „meine“ zu wissen, wo der Weg lang geht? Nicht wenige Leser dieses Essays werden hier im Brustton ihrer Überzeugung erwidern, natürlich weiss ich das.
Sicher? Sicher ist in meinen Augen hier nur dies, dass ich eine Vorstellung von dem habe, was in einer bestimmten sozialen Auseinandersetzung zu tun ist. So sachbezogen hingeschaut die weit verbreitete Realität. Doch habe ich unter der Wegleitung einer Vorstellung tatsächlich den durchgängigen Zugriff auf meinen Willen? Dies wäre über eingehende Beobachtungen vorgängig gegen ein allzu schnellläufiges Vermeinen genau zu prüfen, was ein jeder der dies will sich in längeren Versuchsreihen erschliessen kann. Mein inneres Forschen hat jedenfalls ergeben, dass innerhalb der Vorstellung der Wille gebunden und nicht schöpferisch frei ist. Mit der Konsequenz, dass es sehr schwer ist anderen Menschen gegenüber im eigenen Sprachausdruck durchgängig respektvoll zu begegnen.  

                  Ego und Ich - der Wille in sozialen Wirkfeldern.

Eine Zumutung ist das, höre ich hier murmeln. Ja, so erwidere ich, es ist eine grosse Herausforderung mutig wider sich selbst hier sich beobachtend in Stellung zu bringen. Ohne wenn und aber. … Ohne wenn und aber.
Seelische Beobachtung ist kein leicht Ding. Das Ego ist ein grosser Verwandlungskünstler, ein Komödiant, ein Bittsteller voller Selbstmitleid, ein Agitator und noch vieles mehr. Das Ego weis unendlich viel ins Feld zu führen, um das Ich daran zu hindern in den Sattel springen und sich dort auch wider jede Art von Bocksprüngen halten zu können. Und das ist gut so. Denn das Ego hat die Aufgabe den Ich-Keim auf jede nur denkbare Weise rüttelnd und schüttelnd herauszufordern, um dessen Reifung und Erwachen zu befördern. Denn ist das Ego nicht die  Gebärmutter des Ich?
Von daher gesehen ist jegliche soziale Auseinandersetzung wertvoll, wenn sie unter den jeweils Beteiligten zu einem gesteigerten „Erkenne Dich Selbst“ führt, was heisst: Ich bin nach dem intensiven Lesen eines Buches, nach einem Gespräch oder einer konfliktreichen Konfrontation im Nachklang ein Anderer geworden, habe mich durch den anderen Menschen „erinnert“ etwas in mir verwandelt und integriert, was ich so bisher nicht beachtet hatte. Mit anderen Worten, ich bin um ein Mehr zu mir hin erwacht.
Auf diese Weise wird die seelische Beobachtung innerhalb meiner besonderen Lebensumstände zur Fortsetzung meiner vorgeburtlichen Inkarnation. Ganz im Sinne der Aussage von Angelus Silesius: „Wer nicht stirbt bevor er stirbt, der verdirbt.“ Das Ich tritt in den Worten der Menschen, die mir in diesem Leben schicksalsmässig zugeordnet, entgegen. Je mehr ich diese Worte verinnerliche, desto tiefer kann sich mein Ich mit mir verbinden und übernimmt die Lebensführerschaft, wird zum geistesgegenwärtigen Lebensquell des Menschen, der sich auf es einlassen kann und will. Auf den eigenen Seelengrund stirbt der Mensch innerlich zu, der sich um selbstinduzierte Veränderungen innerhalb seines bisherigen Selbstverständnisses bemüht, der sich am Ende also nicht mehr ausweicht und sich etwas vorgaukelt.
Ja höre ich hier einwenden. Wir sagen doch ab dem 3. Lebensjahr alle Ich zu uns. Tun wir, nur tönt dieses Sagen im späteren Leben eher wie ein leises Wispern von innen an unser beobachtendes Herz als ein wirklich kraftvolles Sagen. Wenn wir Ich sagen drücken wir damit zumeist mehrheitlich unsere jeweilige Ego-Befindlichkeit aus. Wir sind eher selten so präsent in unserem Ich wie wir meinen es zu sein. Warum: Weil wir einschneidende Veränderungen vom Grund her fürchten. Fürchten den Boden unter den Füssen zu verlieren, sobald wir uns tatsächlich daran wagen unsere Vorstellungen einer näheren Überprüfung zu unterziehen. Ein mehr oder weniger untereinander verknüpftes kleineres oder grösseres Bündel von Vorstellungen vermittelt uns nämlich unser auf den jeweiligen individuellen Lebensort bezogenes Grund-Lebensgefühl. Und gerade in spirituellen Belangen hat dieses Lebensgefühl nicht selten eine zu meist gut getarnte Hemmschwelle zu überwinden, um den Weg frei zu bekommen, der in die Ich-Verankerung führt.
Autsch, das tut jetzt weh. Gewiss, das muss es auch oder ich weigere mich in eine permanente Wirklichkeitsbildung, sprich fliessende, fort und fort sich umstrukturierende, Veränderung einzutreten. Wirklichkeit ist nämlich nicht per se, sie will tätig hervorgebracht werden. Was ich als so genannte Realität wahrnehme ist das Netzwerk meiner Vorstellungen, die ich mir im Verlauf meines Lebens gebildet habe. Freiheit tatsächlich Schritt um Schritt erlangen zu wollen, heisst sich seinen je individuellen Ängsten zu stellen und Veränderung, sprich Vorstellungsauflösung von dem jeweils individuellen Ort und Zeitaugenblick her zu wagen, den mir das Schicksal anzeigt.
Was wir mitunter gar nicht wahrhaben wollen ist, dass das Schicksal in Zumutungen an die Fenster und Türen unserer inneren Ego-Verschränkungen rüttelt, die wir nicht bereit sind einer näheren Untersuchung zu unterziehen, also auf Veränderung hin zu trimmen. Doch wo keine echten inneren oder äusseren Dialoge stattfinden, keine Gespräche über Gegensätze hinweg mehr gewagt werden, finden aus der Vorgeburt durch unsere Mitmenschen für uns mitgebrachte Karma-Botschaften keine Möglichkeit mehr sich in unser Leben hinein verändernd auswirken zu können. Die individuelle tatsächliche Freiheitsfindung gerät ins Stocken. Mit allen in der heutigen Zeitlage am Horizont aufscheinenden, potenziell gefährdenden Momenten.
Schauen wir darauf hin. Weist uns Corona auf unsere allseitig geschwächten sozialen Atmungsprozesse hin? Will es uns aufrütteln uns wieder vermehrt aufeinander aus- „und“ einatmend zu besinnen und wirklich einzulassen? Haben unsere hartnäckigen Vorstellungsverklebungen möglicherweise mehr Einfluss auf unser Immunsystem, als wir bisher sehen wollten? Wie steht es gesamthaft angeschaut um unsere vielschichtigen leiblichen und psychischen zirkulären Systeme? Können wir weiter in dem Umfang für dieses und jenes Pillen einwerfen oder in Ablenkungen flüchten, wie es sich landauf landab anzeigt? Ist hier vielleicht eine gesamthaft ins Blickfeld zu nehmende erweiterte Verantwortungsbereitschaft ins Auge zu fassen? Die Menschheit an der Schwelle.
An der Schwelle. Doch halt. Was heisst das. Ein Fatum, das gleich einem Damoklesschwert über uns schwebt? Schauen wir genauer hin. Tun wir es unbefangen. Schwelle bildet sich dort wo etwas abbricht. Wo sich also irgendwie ein „Nirgendwo“ auftut, ein „ich weis, dass ich nicht weis,“ wie es einst Sokrates mit seiner Art zu fragen seinen Schülern zumutete. Schwelle. Ein durch die Verweigerung des Vorwärtsgehens entstehende Staubildung. Schwelle, eine entschiedene Aufforderung die weitere Entwicklung vermehrt in die eigenen Hände zu nehmen, mutig. Selbstführung und Selbstermächtigung anstatt Hinterherlaufen wem auch immer, ohne die Selbst-Denkerkraft aus jeder Lebenslage heraus beständig weiter zu entwickeln.
Wille, das grosse Wagnis. Der Drache erhebt sich vielgestaltig aus unseren vielfach von unscheinbaren Triebkräften zusammen gehaltenen Gedankenblöcken, unseren je eigenen Lebensnarrativen, um zwischen unsere Füsse hinein grätschend uns am Vorwärtsgehen zu hindern. Wer oder was ist der Drache? Eine unzeitgemässes mythologisches Bild oder eine auch heute reale Kraftgestalt, die es gilt in der seelischen Beobachtung individuell zu verifizieren. Was ist Wille? Was heisst es ganz real ein Drachenreiter sein? (Könnte es bedeuten mit dem Speer in der Hand in durchgehender Aufmerksamkeit auf dem Drachen zu stehen?) Wie weit ist unser Wille wirklich Ich geführt? Wie weitgehend haben wir ein Bewusstsein von unseren Illusionen im konkreten individuellen Lebensmoment? Im Hier und Jetzt dieses Augenblicks während Sie dieses Essay lesen? Ich will hier für mich kein Blatt vor den Mund nehmen.
Wer ein Bewusstsein von seinen Illusionen hat, der spricht nicht mehr nur von Schwelle, beruft sich auf ein „Meister-Sagen,“ er weis seine Füsse über diese Schwelle zu bewegen, sein Ich durch schmerzliche Lebenswandlungen zu gebären und im Hier und Jetzt fliessend zu verankern. Er taucht aus dem in unserer Zeit dynamischen „Jordan-Fluss“ als ein Neuer auf, um hinfort seiner wachsenden Ich-Auferstehung zuzuwandern. Mutig.

© Bernhard Albrecht Hartmann 27.06.2020

(1) Der hier verwendete Begriff "Nirgendwo" bezieht sich in ganz eigener Anwendung auf Thomas     Nagel und sein Buch. Der Blick von Nirgendwo. Suhrkamp TB 2012.
Siehe auch: https://ich-quelle.blogspot.com/2016/07/einige-anmerkungen-zu-thomas-nagel-der.html











 

Montag, 9. März 2020

Ein Spaziergang mitten durch den Sturmwind der Bewusstseinsseele

„Das Wesentliche ist und bleibt, dass man nicht über die Sache meines Denkens redet und schreibt, sondern sich auf sie einlässt, auf dass das mir Eigene das verwandelte Eigene eines Anderen werde. Was den Schritt zur Freilegung der Wahrheit des Seins selbst betrifft, so muss ich differenzieren. Wesentlich war der Schritt vom Vorstellen des Seienden als solchen zur Andacht des Seins als Sein. Da ich jedoch zunächst und lange hin das Sein gemäss derselben Offenbarkeit gedacht habe, gemäss der die Metaphysik das Seiende als solches  v o r s t e l l t,  (Hervorhebung von mir) blieb ich, wiewohl schon auf dem Wege aus der Metaphysik heraus, ihr dennoch verhaftet. Erst als mir mit der Kehre, die ich die eigentliche nenne, die ursprüngliche Un-Verborgenheit als die dem Sein eigene Offenheit aufging, konnte man wahrhaft von einem Verlassen der Metaphysik und einem Einsprung in eine nicht mehr metaphysische Dimension des Denkens sprechen.“ (Martin Heidegger in einem Gespräch mit Fridolin Wiplinger 1972) (1)

Was in diesen Worten dem Leser in einem selten so transparenten seelischen Beobachten eigenen philosophischen Denkens formvollendet vor Augen tritt, kann als eine Sternstunde zwischen Lehrer und vormaligem Schüler auf Augenhöhe gesehen werden. Das Denken wird zur Andacht und weitet sich zwischen den miteinander Sprechenden unversehens über den reinen Intellekt hinaus still zu einem Herzdenken. Die Hoheit vorschneller Deutung tritt, zurückgehalten in den Hintergrund und erschlossen wird im inneren Mitgehen Seins-Offenheit.
Un-Verborgenheit kehrt sich bewegt in Bewegung in gemeinsames inneres Erfahren von Seins-Offenheit … Geist-Berührung mit der stillen Möglichkeit fortschreitender Geist-Erfahrung. Zwei Individualitäten reichen in einem Über-Individuellen Raum einander verstehend die Hände.
Emaus 1972. Aletheia als  S e i n s - E r f a h r e n  (Hervorhebung von mir) von Nicht-Verborgenheit (2), Aletheia als Kraft-Ferment zu einer der Möglichkeit nach in jedem Augenblick sich fortlaufend erneuern könnenden sozialen Offenheit. Der Dialog als Spielfeld, auf dem im umeinander Bemühen Inspirationsfelder eröffnet werden, wenn mitgebrachte Vorstellungen in den Hintergrund treten dürfen.
Gelingt dies, so lässt sich von hier aus innerlich anschauend nach und nach näher erschliessen warum Rudolf Steiner über sein gesamtes Werkschaffen hin immer und immer wieder, wie er es zu charakterisieren pflegte, auf das Verbrennen der eigenen Vorstellungen hinwies. Diese mitgebrachten Vorstellungen sind es nämlich, die verhindern in die Gegenwärtigkeit der Geist Berührung und Geist Erfahrung eintreten zu können. Die Vorstellung als abstraktes Bild von „Seins-Wirklichkeit,“ von dem, was unter subjektiver Perspektive gemeinhin als  d i e  Wirklichkeit oder Wahrheit angesehen wird, sie ist vorgängig zu löschen, wenn in Seins-Erfahrung bewegt in Bewegung eingetreten werden will.
Seins-Erfahren erwächst aus der Bereitschaft mit dem Fremdartigen im dialogischen Raum erst einmal bereit sein mitzugehen. Es kommt demnach darauf an in den Worten der Dialog Teilnehmer mit aktiv beobachtendem Interesse das ganzheitliche Umfassen und Anschauen des fremd Anmutenden versuchsweise aktiv zuzulassen (und wie Heidegger sagt, das Denken überhaupt einmal erst zu lernen (2)), damit sich im Sinne des Ereignisses von Emaus der Möglichkeit nach eine „Lichtung“ (3) im Geschehnis-Raum der Dialogbemühungen bilden kann. - Die Wolken subjektiven Vermeinens sich lichten könnten, um auf diese Weise, was in geblendeter Selbsttäuschung nicht hinterfragt das eigene Erleben gleichsam besetzte, unverborgen in Seins-Offenheit erblühen zu lassen.
Das aber hebt den Dialog gegenüber der Diskussion gewissermassen auf eine höhere Stufe der Bemühung um ein Miteinander. Der Dialog trennt streng zwischen dem was Sache ist und dem Menschen, der etwas zu einem bestimmten Sachzusammenhang in den Dialog einbringt. Der Dialog ist selbst dann von Respekt geprägt, wenn in der Sache die Auffassungen weit auseinander liegen.
In einem echten Dialog wissen die Teilhaber untereinander eine Atmosphäre wechselseitigen Zugewandt-Seins über alle sachlichen Differenzen hinweg durch ihr menschliches Interesse aneinander aufrecht zu erhalten. Der Dialogverlauf wird auf diese Weise von einer Achtsamkeit gestaltet, unter deren Schirm sich jeder Dialogteilhaber auf seine ihm eigene unnachahmliche Weise an dem im Mittelpunkt stehenden Sachzusammenhang beteiligen kann, ohne wegen seiner besonderen Auffassung als Mensch ausgegrenzt zu werden. Der Dialog ist Herausforderung für den eigenen Willen, in welche Tiefe hinein seine Teilhaber bereit sind Freiheit tatsächlich zu leben, inwieweit sie die ihnen jeweils angemessene Kehrtwende aus eigenen Vorstellungskonstrukten heraus zur Seins-Offenheit im Erwachen am anderen Menschen für sich konkret an die Hand nehmen können und wollen. Von daher  kann die Wirklichkeit eines freien Geisteslebens an der Qualität seiner Dialoge abgelesen werden.

Der einleitende Dialog-Ausschnitt zwischen Martin Heidegger und Fridolin Wiplinger zeigt beispielhaft auf, wo wir heute in der Entwicklung auf ein sich erneuerndes Geist-Erfahren in der so genannten Aussenwelt stehen, eine Entwicklung, die seit 1972 weiter fortgeschritten ist, während in anthroposophischen Zusammenhängen nach aussen hin selbstvergessen zunehmend Deutungshoheiten den Ton anzugeben scheinen und das Begehen wirklich authentischer Neuland-Wege sich in kaum zur Kenntnis genommenen Randzonen abspielt.
Die beiden Jünger von Emaus haben zu ihrer Zeit unmittelbar und doch nahezu unbemerkt den Keim eines ersten Erfahren von Bewusstseinsseele gelegt, einen Keim, der heute mitten in der Gesellschaft angekommen ist, von Eiferern jedoch nicht wahrgenommen, bzw. in gemeinsamen Erfahren als Kraftquelle verantwortungsvoll gestaltet und behütet werden kann. Es geht nämlich innerhalb sozialer Prozessherausforderungen nicht mehr darum von anderen Teilhabern des jeweiligen gesellschaftlichen Umfeldes vermeintlich etwas einfordern, ein so oder so geartetes Anliegen auf diesem Weg zu mehr Aufmerksamkeit auf seine innewohnende Problemlage hin performen zu können.
Angesagt ist vielmehr eine andere Qualität von eigenem Seelenverhalten in das gesellschaftliche Umfeld einzuspeisen, was heisst ein stärkeres Auge auf die eigenen inneren Prozessqualitäten, die eigenen ätherischen und astralen Prozess-Dynamiken zu richten, um auf diesem Weg am sich Bilden einer „erhöhten Seins-Offenheit“ mitwirken zu können, der die entsprechende Erkenntnishaltung und stringente Handlungsreife sodann folgen kann. Mit anderen Worten:„Seelisches Beobachten nach naturwissenschaftlicher Methode“ ist zu vertiefen, damit auf den sozialen Feldern das zu Entscheidende aus allzu vielen Sackgassen heraus auf Neuland-Wege geleitet werden kann.
Die tagtäglichen Verkehrsstaus auf unseren Strassen sind nur Bilder für die vielen Staulagen innerhalb unserer sozialen Verhältnisse. Die gestaffelten Barrieren, die wir hier täglich durchlaufen, damit wir uns durch Stop and Go Gassen mühsam unseren Zielen annähern können, sind, aus einem gewissen inneren Abstand betrachtet, nichts anderes als Hürden für die Schulung unseres Willens. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit wirklich darauf richten wollten, uns in Tateinheit daran erinnerten, was Rudolf Steiner vor beinahe einhundert Jahren, weit voraus schauend für die neu zu begründende soziale Gemeinschaft selbstverantwortlich veranlagt sehen wollte, welche Konsequenzen müssten genau von diesen Bildern ausgehen? Ein resigniertes weiter so? Oder: Ich präge dem Geist Erinnern und Geist Besinnen, von dem Rudolf Steiner so eindringlich sprach, über eigene Beschämungen hinaus meine individuelle Signatur ein, löse mich mutig aus rückwärts gewandten ideell verklärenden Erinnerungen und belichte aus dieser Quelle selbsterinnernd eigene Alltagssituationen. Ich setze meine S e l b s t v e r w a n d l u n g e n  im Jetzt um. Was in seelischen Obertonlagen vieler Menschen sich heute mehr und mehr bemerkbar macht, könnte so in individuellen Wirklichkeiten Fuss fassen und von dort her, der Dringlichkeit der Stunde Rechnung tragend, in weitere soziale Räume fruchtbar ausstrahlen.
Was heisst das? Das Geist Erinnern, das uns in Alltagsbegegnungen da und dort weit mehr  berührt als wir schon wahrhaben können oder wollen wird zum leise anklopfenden Schicksalsboten für von uns aufzulösendes Karma. Wir sind also gefragt sorgsam zu ergründen, was es mit unseren Seelenregungen denn so auf sich habe, die in Begegnungen mit dem Du mitunter sehr impulsiv nach oben schwappen und für die wir oft allzu schnell unser Gegenüber verantwortlich machen, indem wir z.B. auf etwas, das uns scheinbar auf ein erstes hin völlig abwegig zu sein scheint, zurückweisend reagieren. Selbstbehauptung also anstatt über tieferes Erinnern und stilles Besinnen eine andere Sicht zu erwägen und in Folge ein Metanoia Bewusstsein zu entwickeln.
Denn: Metanoia Bewusstsein führt zu Bewusstseinserweiterung. Von daher ist also zu fragen: Sind wir irgendwann schon einmal dem Umstand denkend und empfindend näher getreten, dass es sich bei den mantrisch gehaltenen Wortverbindungen von Geist Erinnern und Geist Besinnen Rudolf Steiners um die am weitesten in die Zukunft reichende und doch zugleich die unmittelbar praktisch ganz das Hier und Jetzt berührende Bewusstseinsformel, den Code für ein an die Wurzel reichendes modernes Karma Verständnis und sein peripathetisches Verwirklichen durch unser aller guten Willen handeln könnte? Was könnte das konkret für die gegenwärtig neu aufgeflammten Auseinandersetzungen um die SKA bedeuten, was für unser aller still zu erlauschenden und selbstverantwortlich anzunehmenden Auftrag innerhalb unserer jeweiligen sozialen Alltagssituationen? (4) (5)
Geist-Erinnern und Geist-Besinnen beinhaltet also den Weckruf an den eigenen individuellen Willen schlechthin, ist die Herausforderung individuelle Selbstermächtigung zu wagen und mit ihr den stürmischen Winden wider die Selbst-Denkerschaft nicht auszuweichen. Das war das Ansinnen Rudolf Steiners, das in dem Michael-Spruch seiner letzten Ansprache kulminierte und nicht Anhänger diesen oder jenen Couleurs um sich zu scharen, die in Folge um die Vorherrschaft untereinander stritten. Wenn er sprach, dann sprach er in einer schöpferischen Art und Weise, die nicht nachzuahmen war. Als Selbstdenker, der sich sprechend an unabhängige Selbstdenker wandte.

Aus dieser Grundhaltung ergibt sich streng genommen, dass Rudolf Steiner als Person auch nicht verteidigt werden kann (⭐︎). Geisteswissenschaft kann sich nur durch Selbstdenker weiter entwickeln, durch Denker also, die Eigenständiges zu sagen haben, die Keimgedanken Rudolf Steiners schöpferisch über ein Interpretieren hinaus mutig weiter denken. Der Geist steht nicht still, ist nicht stehengeblieben bei Rudolf Steiner. Und weil da seinerzeit durch die gesamte Biographie Rudolf Steiners kein Stillstand zu verzeichnen war, kann er jeweils auch wie Rudolf Steiner das tat nur immer wieder neu individuell bezeugt, d.h. sich entwickelnd transparent gemacht werden. „Das Wesentliche ist und bleibt, dass man nicht über die Sache meines Denkens redet und schreibt, sondern sich auf sie einlässt, auf dass das mir Eigene das verwandelte Eigene eines Anderen werde (⭐︎⭐︎).“ Das könnte der Essenz seiner Aussage nach auch Rudolf Steiner ausgesprochen haben.
Geisteswissenschaft zu repräsentieren bedeutet also schöpferisch denken und handeln zu wollen und keinesfalls festzukleben am Status Quo von Rudolf Steiner. Geisteswissenschaft wie sie Rudolf Steiner vor Augen stand ist in meinen Augen eine Wissenschaft mit dem Mut sein eigenes Menschsein durch sie zu entwickeln und zu weiten. Sie lebt aus dem Geiste der Freiheit und meidet von daher jedwede Art der Brandmarkung. In der Sachargumentation klar und eindeutig, in der Auseinandersetzung von Mensch zu Mensch in der inneren Haltung respektvoll und wertschätzend.
Dass dies alles andere als leicht ist, das hat heute wohl ein jeder Mensch, der strebend sich bemüht in seiner Rückschau immer wieder auf seinem Bildschirm der seelischen Beobachtung. Wenn es hier nicht weiter zu gehen scheint, dann ist zu fragen, scheue ich davor zurück in den Wetterwidrigkeiten meiner Lebenswanderschaft ernsthaft nass zu werden oder gar unsanft im eigenen Dreck zu landen. Karma-Arbeit ist eine Herkules Aufgabe und kein das eigene Selbst beflügelnder Sirenen-Reigen durch vergangene Inkarnationen. Karma-Arbeit bedeutet den eigenen Augiasstall aufzuräumen und diese Arbeit nicht ruhen zu lassen, dazu werde ich tagtäglich mit jeder sozialen Begegnung erneut aufgefordert. Einmal mehr still, das andere Mal unverhohlen deutlich. Dabei geht es in erster Linie nicht um jene Begegnungen und Beziehungen, die von mir favorisiert in mein Bewusstsein gelangen, sondern um die ganz alltäglichen Begegnungen, wie z.B. im Supermarkt an der Kasse. Gelingt diese Arbeit dort nicht, dann kann sich Karma auch rundum den „Dornacher Hügel“ nicht wirklich klären, bleibt in idealisierten Absichtserklärungen hängen. Karma-Arbeit ist also die meinerseits fort und fort neu zu aktualisierende Auseinandersetzung um den eigenen Ich-Ausdruck und …  Karma-Arbeit ist ohne Respekt vor dem Du und zwar jedwedem Du eine Illusion.
Neige ich also im hier gegebenen Zusammenhang zu der Auffassung Christian Clement, den Herausgeber der SKA wegen bestimmter Aussagen als Feind meiner grundständigen spirituellen Ausrichtung zu bezeichnen oder sind mir nach meinem Verständnis gewisse „Tatsachen“ scheinbar unabweisbar  ihn als vermeintlichen Gegner Rudolf Steiners auf den Pranger zu stellen (6), so habe ich unter Wahrung der vollen Sachlichkeit seiner Person gegenüber, in heutiger Zeit, also in einer Bewusstseinsseelen-Zeit, den Grund für diese Auffassung in erster Linie innerhalb ungeklärter Empfindungen meinerseits zu suchen. Duale Übertragungen von eigenen seelischen Befindlichkeiten unter Ego zentrierter Vorspiegelung von Sachlichkeit sind nicht zeitgerecht. Was Christian Clement über Rudolf Steiner zu sagen hat fällt insoweit in seine Verantwortung als auch er seinen ureigenen Weg zu gehen hat Freiheit individuell für sich zu verwirklichen. Ich kann und darf ihm nicht ins Stammbuch schreiben, was er zu sagen hat, damit es aus meiner Sicht mit Rudolf Steiners Werkschaffen konform geht. Ich kann nur stets auf ein Neues bemüht sein, dass meinen sprachlichen Verlautbarungen ein Seelenleben zu Grunde liegt das Bewusstseinseele, also Ich-Wirksamkeit zum Ausdruck zu bringen weis. Die gegenwärtige Auseinandersetzung um die SKA ist für einen jeden Teilhaber insofern als Herausforderung anzuschauen Ichwirksamkeit sichtbar werden zu lassen und dem Gemischten König die Türe zu weisen, indem irrlichternde Vorstellungen über das Sagen Rudolf Steiners allseitig „verbrannt“ werden.
Von daher steht die grosse Frage im Raum:
Kann heute noch mit Aussagen Rudolf Steiners argumentiert werden, die keine zeitgerecht selbständige Signatur, sprich gedankliche Weiterentwicklung erfahren haben? Ist Geisteswissenschaft im Sinne Rudolf Steiners nicht von allem Anfang an von einem schöpferischen Duktus geprägt und muss von daher in der Argumentation mehr ausweisen als lautlos ins Abstrakte abgedrängte geisteswissenschaftliche Begriffe Rudolf Steiners oder versteckt subjektive seelische Befindlichkeiten? Ist doch der Bewusstseinsseelen-Sturm bereits voll über uns und rast durch unsere Seelen. Eine in sich ruhende Urteilskraft ist das Gebot der Stunde, denn Scylla und Charybdis sind in unseren Tagen allgegenwärtig, prüfen unsere Standfestigkeit innerhalb einer vielfältig wirksamen Dynamik des Willens in unserer aller Alltag. Wer dies als solches nicht in sich erlebt, bzw. dem derartiges nicht in seinem Umfeld unter die Augen tritt, der scheint einfach immer noch zu sehr in Vorstellungsillusionen befangen zu sein. Doch unbefangen angeschaut gilt auch hier: Eines jeden Menschen Geist Erinnern wird diesen zu seiner Zeit darüber aufklären, was für seine Person „Tatsache“ (7) ist.
Dies lässt erschrecken, macht es doch offenbar, dass, wer wegschaut schon tot ist bevor er stirbt; mithin eine Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft sich ihr Grab schaufelt, wenn sie zulässt dass durch Repräsentanten aus ihren Reihen „geisteswissenschaftlich“ ins Abstrakte abgedrängte, in der individualisierten Anschauung vorschnell, weil nicht genügend vertiefte Argumente auf ein Gegenüber übertragen werden, um damit die Gegnerschaft dieses Menschen zu Rudolf Steiner zu begründen. Ist es klar, dass ich mit einem so gearteten Denken auf einer sehr dünnen Kreditnehmer Beziehung im Verhältnis zu Rudolf Steiner argumentiere, wenn ich ein Du auf der Grundlage meines Vorstellens zum Gegner mutiert darstelle, anstatt mich mit ihm in einem von unverstelltem Interesse geleiteten Beobachten, sowie  innerem Gleichgewichtsbestreben sachlich auseinander zu setzen? Unterbricht ein derartiges Verhalten nicht den von Rudolf Steiner grundständig für die Geisteswissenschaft veranlagten Freiheitsgeist? Kann lebensmässig von einem Freien Geistesleben gesprochen werden, wenn bestimmte Vertreter genau diese Freiheit anscheinend in Wort und Schrift nicht allseitig zu gewähren bereit sind? „Offenheit“ jedoch ist der Quellort von Freiheit, wie der Mut Freiheit zu leben bewirkt, dass das Ich sich innerhalb der ihm zugeordneten Berührungsereignisse verschiedener Du-Akteure sich immer mehr in seine Präsenz (8) erhebt. Denn: In und aus dem Ich kommt der Mensch erst voll in der Wirklichkeit des Lebens an, weil Leben Tätigkeit aus dem Ich ist.

Bernhard Albrecht


(1)  Von der Un-Verborgenheit. Fridolin Wiplingers Bericht von einem Gespräch mit
       Martin Heidegger, (Seite 52). Centaurus-Verlagsgesellschaft Pfaffenweiler 1987
       siehe unter anderem:
(2)  https://egoistenblog.blogspot.com/2020/01/aletheia-die-nicht-verborgenheit.html
       und weiter reichend: Martin Heidegger: "Was heisst Denken? Reclam Verlag 2015
       (nur noch als e-book erhältlich)
 (3) Eine Wortbildung von Martin Heidegger in seinem Gespräch mit Fridolin Wiplinger.
       Siehe unter (1) Seite 36/37
       Wiplinger:
       „Sie wollen also sagen: Die Lichtung ist nur dann ihrem Wesen gemäss gedacht,
       wenn sie als Lichtung des bergenden Sichverbergens gedacht ist.“
       Heidegger:
       „Das Wesentliche der Verbergung liegt nicht in der Verhüllung der Entborgenheit,
       sondern liegt in der Bergung bzw. im Sichbergen.
       Wiplinger:
       „Wenn Sie der Auffassung sind, die Lichtung sei noch nicht in der rechten Weise
       gedacht, dürften Sie auch das Wesen des Menschen, die Ek-sistenz, inzwischen anders
       denken als früher; Ek-sistenz und Lichtung gehören ja wesenhaft zusammen."
       Heidegger:                        
       „Die Er-fahrung der ursprünglichen Aletheia nötigt zu einem gewandelten             
       Verständnis alles bisher von mir Gedachten, vor allem des Wesentlichsten und dazu
       gehört ohne Zweifel das, was ich die Ek-sistenz nenne.“
       Wiplinger:
       „Dass die Bestimmung des Wesens des Menschen im Sinne der Ek-sistenz mit der  
       Exsistenzphilosophie nichts zu tun hat, versteht sich und sei nur nebenbei erwähnt.
       Wichtiger ist das Phänomen, dass Sie in Hinsicht auf die Ex-istenz im Blick haben -
       nämlich, dass einzig unter allem Seienden der Mensch offen steht für die Offenheit
       des Ganzen der Wirklichkeit, welches einheitliche Ganze das Sein ist.“
       Heidegger:
       „Und diese Offenheit habe ich in meinen früheren Schriften - man mag das etwa in    
       der Einleitung zu Was ist Metaphysik? nachlesen - als Un-Verborgenheit ausgelegt.
       Ebenso ist es mir mit der Lichtung widerfahren. was ich im Zusammenhang der
       Erörterung der Ek-sistenz - man denke an den Brief über den Humanismus -
       gedacht habe, als ich sie dachte, war nichts anderes als die Un-Verborgenheit.
       Von ihr kann jedoch, wie ich inzwischen erfahren habe,
       die Ek-sistenz nicht gedacht werden.“
       Wiplinger:
       „In welchem Sinne hat sich denn Ihr Denken über die Ek-sistenz  in den letzten
       Jahren gewandelt?“
       Worauf Heidegger nach Wiplingers Versicherung folgendes geantwortet haben soll:
       „Das tragende Phänomen einer jeden Erörterung der Ek-sistenz haben Sie schon
       in der rechten Weise benannt:
       Die Offenständigkeit des Menschen für die Offenheit des Seins.
       Die Sistenz der Ek-sistenz beruht in der Insistenz.
       Ex-sistenz besagt dann Inständigkeit in der Offenheit des Seins.
       Diese Offenheit dürfen wir jedoch nicht mehr im Sinne der Un-verborgenheit denken.
       Wir können an Stelle von Offenheit auch Lichtung sagen, müssen sie dann jedoch       
       in ihrem äussersten Wesen denken: als Freigabe
       des bergenden Sichverbergens des Seins.
       Die Inständigkeit des Menschen in der sogenannten Lichtung
       ist ekstatischen Wesens, welche Ekstasis das Ausstehen meint.
       Die hier massgebliche Weise des Ausstehens vermag ich heute
       nicht mehr als Sorge, Hut oder Wächterschaft zu begreifen, wie ich das früher tat.“
       Wiplinger:
       „Weshalb denn nicht? Wenn die Ek-sistenz die Insistenz der Lichtung des sich
       verbergenden und bergenden Seins ist, anders gesagt die Lichtung des Geheimnisses,
       als welches das Sein west, dann ist das Hüten des Geheimnisses,
       zu dem sich ja der Mensch nicht selbst ermächtigt,
       sondern in das er gerufen ist, doch das einzig angemessene Verhalten des Menschen.“
(4)  siehe:
       https://egoistenblog.blogspot.com/2020/01/aletheia-die-nicht-verborgenheit.html
(4)  siehe https://ich-quelle.blogspot.com/2019/12/der-dialog-als-beburtsstatte-der.html
(5)  und https://egoistenblog.blogspot.com/2020/01/denunzianten-und-gralsritter.html
       (⭐︎)     siehe oben unter (4)
       (⭐︎⭐︎)  siehe oben unter (1)
(6)  siehe: Ludwig Wittgenstein, tractatus-logico-philosophicus Traktate 1 -  2.013
(7)  und einige Anmerkungen zum Tatsachenbegriff gegen Ende des Essays hier: 
      https://ich-quelle.blogspot.com/2017/09/den-willen-dynamisieren_97.html
(8)  siehe unter anderem dies in:
      https://ich-quelle.blogspot.com/2018/09/ich-karl-balmer-die-frage-geht-weiter.html
„Das Ich als die sich selbst greifende, sich fliessend beständig wandelnde Entität des Seins       schlechthin zu verstehen, als den Gestaltfaktor der das sogenannte Übersinnliche in fortlaufender Vertiefung zur Seinserfahrung werden lassen könnte, das wäre „die“ erweiterte Aufgabe, die ein sich selbst zu gegenwärtigen Erfahrung bringendes Ich in die eigene Seinserfahrung zu implementieren hätte. Ein Denken, welches das Übersinnliche nicht praktisch konkrete Seinserfahrung werden lassen kann ist in meinen Augen nämlich eine Verzerrung dessen was es sein kann.“