Dienstag, 11. November 2014

"... Im Elemente des Ursprungs ..."

„Im Denken steht der Mensch im Elemente des Ursprungs der Welt, hinter dem etwas anderes zu suchen als sich - den Denker - selbst, für den Menschen keine Veranlassung besteht.“ Carl Ballmer

Was ist aber dann dieses Element des Ursprungs und was heisst es in der konkreten Erfahrung in diesem Elemente zu stehen, sich im Stehen in der inneren Aufrichte halten zu können? Ist das Denken wirklich das Element mit dem ich im Ursprung stehe, stehen kann? Und wenn dem so sein sollte, in welcher Weise und wann kann ich dann von einem Denken, in dem der Mensch zeitgleich im Ursprung der Welt steht, sprechen?
Stehen ist eine Kraftbewegung gegen die Schwerkraft und eingebunden in diese gegen die Müdigkeit und eigene Schläfrigkeit. Weil ich schläfrig in der seelischen Beobachtung meines Denkens bin, weil ich denke, ohne im tieferen Sinne zu wissen, mit was ich da innerlich eigentlich umgehe, wird mein Körper im Wortsinn zu einem Schwerkraft Element, der das Erfahren der Kraftbewegung im Augenblick möglicher Erfahrung des Denkens und damit des Elementes des Ursprungs sofort wieder verschleiert.
Das klingt nach hartem Tobak und demzufolge heftigem Gegenwind in möglichen Antwort- Argumentationen. Dennoch will ich mein Fragen noch mehr auf die Spitze treiben. 
Wie weit haben wir wirklich ein „echtes Erfahrungswissen“ über das Denken oder bewegen wir uns mit ihm unter dem Feigenblatt angeblicher seelischer Beobachtung mehrheitlich nach wie vor in abstrakten Räumen ohne echten Erfahrungsbezug? Vielleicht sollte ich hier sogar besser und damit gleichzeitig unumkehrbar  noch provokativer sagen, bewegen wir uns nicht in „tendenziell stark abgehobenen Sphären,“ wenn wir vermeintlich denken?
Damit mich hier niemand missversteht, ich unterstelle keinem Leser dieser Zeilen, dass er das Denken gänzlich unbewusst gebraucht. Ich räume nur auf meinem Schreibtisch auf, auf dem sich im Laufe vieler Jahre so allerlei Utensilien über ein so oder anders geartetes Verständnis des Denkens angesammelt haben und lasse für mich dabei keinerlei Tabus in der Herangehensweise auf das Denken mehr gelten.
So frage ich also weiter: Welchen Stellenwert hat der Hinweis Rudolf Steiners in seiner Philosophie der Freiheit auf die „Zurückdrängung des Leibes“ als inneres Erfahrungsfeld in Bezug auf das Denken? Ein aus meiner Sicht viel zu wenig beachteter Zusammenhang in den Auseinandersetzungen über das Denken und die Art und Weise wie dieses dabei in einer inneren „wachsamen“ Weise zur Anwendung kommt. Komme ich durch den Leib zur Erfahrung des Ursprungselementes im Denken? Muss ich etwa, um das Denken wirklich tiefer zu verstehen und anwenden zu können, lernen mit dem ganzen Körper zu denken?
Eine wenig schmeichelhafte Herausforderung für den Denker, der sich sein Leben auf dem Himalaja Plateau seines Kopfdenkens wohlfeil eingerichtet hat?! Es wird ihm grauen vor dem Absturz in die Schluchten des Nichts. Und dennoch führt aus meiner Sicht kein Weg daran vorbei, will ich das Denken und seine Ursprungsqualität auf das Leben hin verstehen, dass ich vorausgehend alle Vorstellungen über das Denken in mir zuerst „löschen“ muss.
Ist Denken in Anlehnung an Sokrates ein Tanz auf dem Felde des „ich weiss, dass ich nichts weiss?“ Ist ein Erfahrungsausblick auf das Denken, ein Erfahren der Kraftgestalt des Denkens letztlich nur über das Aufrecht Stehen Lernen im Nichts zu gewinnen?
Über Nondualität zu reden ist eines, das Wagnis einzugehen  Denken nondual auch erfahren zu wollen ein ganz anderes.
Aus meiner Sicht lässt sich das Lebenswerk Rudolf Steiners auf einen einzigen Satz hin verdichten: Lerne nondual denken!

© Bernhard Albrecht Hartmann, 09.11.2014