Montag, 15. November 2021

Fragment 1/2021 - Aristoteles über das geistige Forschen

Auf Aristoteles geht die Peripatetik, zumindest in der stringenten Anwendung derselben zurück, das Denken und Sprechen im Schreiten, das Denken und Sprechen in und aus der Bewegung heraus. Es wird erzählt, dass er bei seinen Vorlesungen in Platons Akademie und später in seiner eigenen Akademie immer mit einem ein wenig geneigten Kopf vor seinen Schülern auf und ab schritt, während er sie „unterrichtete.“ Von was „unterrichtete“ er sie? Er erzählte ihnen von seinem inneren Forschen in eben diesem Augenblick, während er zu ihnen sprach. Er berichtete ihnen von seinem inneren Grenzgang entlang des Nichtwissens, mit den Worten des Sokrates, wie sie von Platon übermittelt wurden, ausgedrückt, von seinem „ich weiss, dass ich nicht weiss.“ Aristoteles schritt, wenn er sprach immer entlang des Ursprungs im Denken, vermittelte die Ursprünglichkeit der Bewegung im Denken und was von daher in Erscheinung trat.

Er erzählte ihnen, dass „er“ sie nichts lehren könne, er könne ihnen alleine aufzeigen, was zu finden sei, wenn sie sich ihrerseits wie er an die Grenzen des ich weiss, dass ich nicht weiss vorwagten und im Zusammenschluss mit der stetig fliessenden Bewegung des Denkens Einblick erhielten, was in diesem ihren ureigenen forschenden biographischen Augenblick zu erfahren möglich sei. Er könne ihnen nur die von ihm weiter entwickelte Fragetechnik des Sokrates ans Herz legen und sie ermuntern in Selbstversuchen niemals nachzulassen. Ergebnisse seien eine Frage des Reifens, erwüchsen mithin aus dem stillen Erwarten im Inneren.

Aristoteles, der Meister des inneren Dialogs … mit dem Geist. Mithin: Die seelische Beobachtung, eine Methode um Denken und Wille wiederum miteinander neu zu verbinden und damit gegenüber dem Geistigen die jeweils Geist gemässe Plattform für sein aktuelles sich Ausdrücken aus dem tatsächlichen Nichtwissen zu ermöglichen. Das bedeutet, dass von heute her ein Erforschen der geistigen Welt nur aus gleichermassen nach innen, wie nach aussen unverstellten Dialogen entstehen kann.

Ohne tief innerliches Lauschen lässt sich keine zeitgemässe Brücke zum Geiste hin erbauen … und Freiheit über alle heute gewohnheitsmässigen Abstraktionen in landläufigen Kommunikationsprozessen hinweg in seiner ursprünglichen Essenz nicht lebendig verwirklichen.


© baH, 15.11.2021

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