Dienstag, 27. März 2018

Einige Anmerkungen zur Aussprache der Mitglieder der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft während der Generalversammlung 2018

Ich war lediglich bei der Aussprache über die verschiedenen Anträge zugegen, bei der Abstimmung darüber hingegen nicht mehr. Wundern tut mich das Ergebnis der Einzelabstimmung aber überhaupt nicht. Im Vorlauf dieser Abstimmung haben sich so viele Transparenz Unterschlagungen gezeigt, dass bildlich gesprochen die Balken im Goetheanum nur so knackten. Anspruch und Wirklichkeit, alte Welt und neues keimendes Bewusstsein sind aufeinander geprallt (nicht revoltierend, sondern in einer Haltung, die sich einfach nicht mehr „wegkehren“ liess - das muss hier deutlich angemerkt werden) und bis zuletzt sind die Zeichen der Zeit nicht gesehen worden.
Sich verstecken hinter Empfehlungen der Generalsekretäre der Ländergesellschaften (mit Ausnahme der schweizerischen Generalsekretäre, die keine Empfehlung zur Verlängerung des Vorstandsmandates dieser beiden Herren abgeben wollten) ist einfach kein wirklich moderner Stil. Dazu ein Pseudorechenschaftsbericht, der nicht einmal persönlich, sondern stellvertretend durch den niederländischen Generalsekretär vorgetragen kaum anders als verschleiernd intransparent verstanden werden konnte. Keine wirklich nachvollziehbare Strategie, wie diese prekäre finanzielle Schlagseite der AAG. zu überwinden sei. Bei einem derartigen Vorgehen kann ein ernsthafter Betrachter des Geschehens einfach nur zu dem Schluss gelangen: Sie haben geerntet, was sie gesät.
Geerntet haben sie die Folgen ihrer inneren Einstellung gegenüber der Mitgliedschaft, die unabhängig von diesen beiden Herren als Erbe im Amt schon bis in die endsechziger/Anfang-siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts zurückreicht, wo sie erstmals in Unmutsäusserungen offen zu Tage trat und die untergründig vermutlich noch sehr viel weiter zurückzuverfolgen ist. Wieder bildhaft gesprochen: Du kannst die Mitglieder nicht wie einen Haufen gackernder Hühner nach dem Standpunkt auserwählter Hähne vom „Misthaufen“ her regieren. Das muss irgendwann einmal in die Hose gehen.
Du kannst Mitglieder nicht damit aushebeln, dass behauptet wird über geistige Belange könne nicht abgestimmt werden, wenn genauer hingesehen das Leben eine ganz andere Sprache spricht. Mit einem derartigen Vorgehen wird lediglich Ideologie unversöhnlich gegen Kommunikation in Stellung gebracht.
Das Leben zeigt nämlich, dass über geistige Belange durchaus abgestimmt werden kann und zwar in einem wertschätzenden Wettstreit der Argumente. Jeder Dialog ist im Grunde ein „sich Abstimmen“ im Hinblick auf die sachlich stichhaltigere Argumentationslinie. Natürlich kann niemand in einem solchen Prozess die andere Seite dazu verpflichten der jeweils eigenen Argumentationslinie zu folgen, denn hier setzt die Ich-Verantwortung dafür ein in Folge dann auch einzustehen für das, wofür sich jeweils entschieden wird. Das wäre dann Ausdruck eines lebendigen Freien Geisteslebens.
Ob mit der Entscheidung Bodo von Plato und Paul Mackay nicht für weitere sieben Jahre in ihrem Vorstandsamt zu bestätigen die Situation am Goetheanum besser wird, das bezweifle ich. Intern werden sehr wahrscheinlich die Tore der „AAG.-Burg,“ wie es Schmidt Brabant schon 1975 programmatisch (nur wenige Wochen vor seiner Wahl in den Vorstand) verkündet hatte noch mehr schützend abgeriegelt werden. Im Aussen der Mitgliedschaft aber wird sich neues bilden. Rudolf Steiner hat es schmerzhaft voraus gesehen. Zwei Bewusstseinshaltungen innerhalb der AAG werden sich voneinander trennen und miteinander ringend letztlich die Öffnung für ein neues Mysterien-Bewusstsein heraufführen.
Ein guter Freund von mir hat in diesem Zusammenhang gesprächsweise angemerkt, dass es schon bemerkenswert sei, wie der Ausschluss von Ita Wegmann und Elisabeth Vreede 1935 und deren Rehabilitierung heute mit der Verweigerung der Neubestätigung im Vorstandsamt von Bodo von Plato und Paul Mackay bei dieser Generalversammlung synchron gelaufen seien (ein in Stellvertretung Einstehen dieser beiden Herren für damaliges Unrecht). Er sah es wie eine Umkehrung der Verhältnisse. 1935 den Beginn einer Abschottung der AAG. durch eine wie er meinte „klerikale“ Bewegung und 2018 mit der Rehabilitierung von Elisabeth Vreede und Ita Wegmann eine nicht mehr zu unterdrückende Bewegung zu Aufbruch und Erneuerung.
Ich erwiderte ihm darauf ja, das kannst Du so sehen. Nur das mit „klerikal“ passt für 1934/35 noch nicht wirklich, wenn es auch im Hintergrund schon (empfindungshaft) an die Pforten pochte. Wirklich klerikal wurde es erst mit Rudolf Grosse (positiv, wenn auch zur Vergangenheit hin gepolt) und Hagen Biesantz (negativ, magisch und zwingend gepolt). Mit Paul Mackay kommt dann eine Individualität mit starkem Willen nach aussen, aber nach innen verborgen ängstlich sich anpassend zum Zuge, während von Plato mehr den Typus des offen für gegenwärtige Tendenzen eintretenden Menschen repräsentiert, der aber die Ich-Kontur dafür nicht so recht zur Reife zu bringen wusste. Er schleicht durch die Lande mit einiger Anerkennung ohne individuelle geistige Führungskraft entwickeln zu können.
So sind die beiden am Ende über ihre eigene ursprüngliche Initiative, die bis anhin lebenslängliche Vorstandsberufung alle sieben Jahre erneut bestätigen lassen zu müssen gestolpert. Sie hätten sich zwar gegenseitig gut in die Hände gearbeitet und schienen von daher für die Mehrheit der Generalsekretäre für weitere sieben Jahre unverzichtbar zu sein, nur - fehlte beiden die jeweils individuell verankerte dynamische Mitte, die vor dem seit dem Ableben Rudolf Steiners hintergründig gewachsenen Bewusstsein in der Mitgliedschaft und welthaft überhaupt, sich glaubhaft für eine weitere Amtsperiode vertreten zu können.
Geradezu tragisch ist die Haltung der Generalsekretäre, die in ihrer Empfehlung für das Verlängern des Vorstandsmandats wiederholt auf den tragenden Teamgeist dieser beiden Männer innerhalb der gemeinsamen Vorstandsarbeit meinten hinweisen zu müssen. Nur lässt sich bildhaft eine Gemeinschaft mit spirituellem Vermächtnis heute nicht mehr aus einem „seelischen Team-Suppen-Bewusstsein“ heraus führen.
Dazu braucht es sehr viel individuellen Mut und innere Standfestigkeit in der Argumentation nach innen gegenüber den eigenen Vorstandskollegen, sowie den Generalsekretären, wie auch nach aussen nach der Seite der Mitglieder hin. Wer zu spät kommt den bestraft das Leben, das „Leben“ und nicht , wie aus subjektiven Entsetzen heraus durchaus als Stimmung entstehen könnte, dass eine unsachlich agierende Minderheit innerhalb der Mitgliedschaft revoltierend die Gunst der Stunde zu einem Umsturz wider den Willen einer grossen nicht anwesenden Mehrheit der Mitglieder genutzt habe.
Das Gegenteil war nämlich der Fall. Initiative zu wirklicher Kommunikation hat sich gezeigt. Und diese hat während der Aussprache der Generalversammlung im Wesentlichen konstruktiv wirken können und dürfen, wenn ich kleinere Verdrängungsversuche seitens der Versammlungsleitung nicht hoch hängen will. Fairerweise muss nämlich hier gesagt werden, dass der Versammlungsleiter sich am Ende der Aussprache für einige seiner Missgeschicke entschuldigt hat. Die Aufgabe war wirklich nicht leicht. Für den weiteren Fortgang der Auseinandersetzung ist von daher nicht gefragt ein aus eventueller Bestürzung Mauern, sondern im Gegenteil ein aufeinander Zugehen. Nicht gefragt ist ein die jeweilige andere Seite auf diese oder jene Weise Verdächtigen oder mit Unterstellungen Bombardieren. Notwendig scheint mir vielmehr ein inneres Ausforschen und Bearbeiten eigener Trigger Punkte, welche mich innerlich dahingehend abdrängen wollen unreflektiert und unsachlich dieses oder jenes Argument zu zerfleddern, bzw. in Gegenübertragungen von mir zu stossen. Also Bewusstheit und noch einmal Bewusstheit.

Bernhard Albrecht Hartmann

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